KölnDas OLG Köln (Urteil v. 3.8.2007, 6 U 60/07) hat sich als wohl erstes Gericht ausführlich mit den bislang vertretenen Auffassungen zu den Themen Textform, Widerrufsfrist, Informationen und Belehrung sowie dem amtlichen Widerrufsmuster auseinander gesetzt und ein wohl begründetes, differenzierteres Urteil gesprochen.

Ebenso wie das OLG Hamburg und das KG Berlin sind die rheinischen Richter der Ansicht, dass Angaben auf einer eBay Angebotsseite das Textformerfordernis nicht erfüllen, so dass die Frist hier einen Monat beträgt. Anderer Auffassung ist das OLG Köln allerdings zur Verwendung der amtlichen Musterwiderrufsbelehrung: diese könne sowohl zur Information auf der Internetseite als auch zur Belehrung in Textform eingesetzt werden, auch wenn kleinere Korrekturen vorgenommen werden.

Sind nun keine Abmahnungen des Musters mehr zu befürchten?

Im zu entscheidenden Fall stritten sich zwei Konkurrenten, die auf der Plattform eBay gewerblich mit Heizungsartikeln handeln. Der abgemahnte Händler verwendete einer Widerrufsbelehrung, in der er über ein zweiwöchiges Widerrufsrecht aufklärte und den Verbraucher belehrte, dass er Wertersatz für eine Verschlechterung der empfangenen Leistung schulde, die auf einer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme der Ware beruht. Nach einer Abmahnung durch den Konkurrenten wurde zwar eine Unterlassungserklärung abgegeben, diese ging dem Abmahner jedoch nicht weit genug. Der Abmahner beantragte daraufhin den Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung, die vom Landgericht Köln durch Urteil erlassen wurde. Die dagegen gerichtete Berufung war in einigen Punkten erfolgreich.

Das Oberlandesgericht stellte zunächst klar, dass die Parteien in einem konkretem Wettbewerbsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG) stehen, da sie gleiche oder austauschbare Waren deutschlandweit im Internet anbieten. Dem stehe nicht entgegen, dass die Ladengeschäfte der Parteien räumlich entfernt liegen. Auch gebe es keine Anhaltspunkte für eine Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung (§ 8 Abs. 4 UWG). Da es sich bei den Vorschriften betreffend die Informationen über das Widerrufsrecht um so genannte verbraucherschützende Marktverhaltensregelungen handele, bestehe bei fehlerhaften Widerrufs Informationen auch ein Unterlassungsanspruch des Konkurrenten (ständige Rechtsprechung).

Die Richter äußern sich dann ausführlich zu der Frage, ob die Widerrufsfrist bei Verkäufen nur die Plattform eBay 2 Wochen oder einen Monat beträgt und kommen zu dem Ergebnis, dass hier die Monatsfrist greife. Ebenso hatten das Oberlandesgericht Hamburg und das Kammergericht Berlin entschieden. Gesetzliche Grundlage für diese Entscheidungen ist der Paragraph 355 Abs. 2 S. 2 BGB, nach dem sich die Widerrufsfrist auf einen Monat verlängert, wenn dem Verbraucher die Belehrung in Textform erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wird. Das OLG Köln betont noch einmal, dass es nicht ausreicht, formlos über das Widerrufsrecht zu belehren, sondern dass eine Belehrung in Textform erforderlich ist:

„Entgegen dem Berufungsvorbringen reicht es für die kürzere Fristdauer – wie für den Fristbeginn – nicht aus, dass der Verbraucher bis zum Vertragsschluss formlos belehrt wurde. § 355 Abs. 2 BGB bildet eine zusammengehörige Regelung, woraus sich von selbst ergibt, dass es auch im zweiten, die Verlängerung der Widerrufsfrist betreffenden Satz um die Belehrung in Textform geht.“

Diese formgerechte Belehrungserfolge bei Verkäufen nur die Plattform eBay jedoch typischerweise erst nach dem Vertragsschluss:

„Verträge über die Internet-Handelsplattform eBay kommen abweichend vom übrigen Online-Handel, wo eine vom Unternehmer auf seiner Internetseite angepriesene Ware oder Dienstleistung im Zweifel nur zu Angeboten der Verbraucher einlädt …, grundsätzlich ohne besondere Annahmeerklärung des Unternehmers zu Stande. Das ergibt sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Plattformbetreibers, die zur Auslegung der Erklärungen der Teilnehmer herangezogen werden können …
Bis zu seiner den Vertragsschluss bewirkenden Annahmeerklärung wird dem eBay-Kunden die Widerrufsbelehrung des Anbieters regelmäßig nicht in Textform mitgeteilt, wozu sie ihm in der vorgeschriebenen Form wenigstens zugehen müsste.“

Der Senat begründet dann, warum eine Veröffentlichung der Belehrung auf der eBay-Website nicht dem Textformerfordernis des Paragraphen 126b BGB genüge. Die Textform setze einerseits voraus, dass der Belehrungstext im Nachhinein nicht mehr durch den Unternehmer veränderbar ist und andererseits, dass er dem Verbraucher auch aktiv zugestellt wird. Alleine das Bereithalten der Informationen über eine Homepage im Internet genüge dagegen nicht, solange der Kunde den Text nicht herunterlädt und ausdruckt oder ihn dauerhaft speichert.

„Angaben auf einer eBay-Angebotsseite wahren die Textform nicht. Nach Auffassung einzelner Gerichte … und Stimmen im Schrifttum … soll dies zwar der Fall sein, weil die Angebote auf dem Server des Plattformbetreibers bis zu 90 Tage gespeichert würden und von Käufer und Bietern jederzeit abgerufen und ohne besonderen Aufwand ausgedruckt oder abgespeichert, vom Verkäufer dagegen nach Abgabe des Angebots nur noch partiell und ab Vertragsschluss gar nicht mehr verändert werden könnten. Dieser Auffassung ist jedoch mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung … und Schrifttum …entgegenzutreten.“

Es sei möglich, dass die in eine Angebotsseite bei eBay integrierten Angaben von Seiten des Anbieters verändert, entfernt oder vom Netz genommen werden. Somit sei nicht sichergestellt, dass der Verbraucher nach Belieben auf die inhaltlich unveränderte Erklärung dauerhaft zugreifen kann.

„Die Speicherung der Angebotsseite auf dem Server des Plattformbetreibers reicht dagegen nicht aus; denn anders als bei E-Mails, die mit ihrer Speicherung auf dem (als virtueller Briefkasten fungierenden) Server des Providers gezielt in den Machtbereich des Verbrauchers gelangt sind, liegt in der … Speicherung des Angebots durch den Plattformbetreiber gerade keine gezielte Mitteilung an den jeweils belehrungsbedürftigen Verbraucher.“

Im Anschluss an diese Feststellung beschäftigt sich das OLG Köln mit der Frage, ob die Regelung des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB, nach der sich in die Frist auf einen Monat verlängert, überhaupt auf Fernabsatzgeschäfte anwendbar ist. Dieser Paragraph wurde ursprünglich in das deutsche Recht aufgenommen, um die Unternehmer, insbesondere Finanzdienstleister, bei vergessener Belehrung nicht einem unbefristeten Widerrufsrecht auszusetzen. Zudem macht es für den Kunden keinen Unterschied, ob er die Belehrung eine “juristische Sekunde” zu spät erhält. Daher wird in der Rechtswissenschaft teilweise vorgeschlagen, dass auch eine Belehrung „alsbald nach“ Vertragsschluss ausreicht, um eine zweiwöchige Frist auszulösen. Dieser Auffassung schließt sich das OLG Köln jedoch nicht an:

„Soweit vorgeschlagen worden ist, die Formulierung “nach Vertragsschluss” in § 355 Abs. 2 S. 2 BGB im Sinne einer teleologischen Reduktion dahin auszulegen, dass es zu keiner Unterbrechung eines bei natürlicher Betrachtung einheitlichen Geschehensablaufs gekommen sein dürfe und daher bei einem Vertragsschluss über das Internet noch keine nachträgliche Belehrung vorliege, wenn dem Verbraucher “alsbald” oder “unmittelbar” nach Vertragsschluss eine E-Mail mit einer Widerrufsbelehrung übermittelt werde (MünchKomm / Masuch, § 355, Rn. 54; Kaestner / Tews, WRP 2004, 509 [513]; Becker / Föhlisch, NJW 2005, 3377 [3378]; Hoffmann, MMR 2006, 676 [677]; ähnlich Palandt / Grüneberg, § 355, Rn. 19; Staudinger / Kaiser, § 355, Rn. 47), vermag der Senat dem nicht beizutreten. …

Zu einer teleologischen Reduktion des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB besteht auch im Übrigen kein Anlass. Es ist technisch nicht unmöglich, eine Internet- Handelsplattform so zu gestalten, dass dem Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe seiner den Vertragsschluss bewirkenden Erklärung eine formgerechte Widerrufsbelehrung mitgeteilt wird (Antwort der Bundesregierung, a.a.O., S. 4 zu Nr. 11; OLG Jena, BeckRS 2007, 10379 [sub II 2 e]; Bonke / Gellmann, a.a.O. [3172]). Der Umstand allein, dass der Betreiber der eBay-Plattform davon – nach dem unstreitigen Vorbringen in der Berufungserwiderung offenbar bewusst – keinen Gebrauch macht, rechtfertigt keine dem Gesetzeswortlaut zuwiderlaufende Interpretation einer für sich genommen klaren und eindeutigen Regelung; (so zu Recht auch Bonke / Gellmann, a.a.O. [3171 ff.]; Woitkewitsch / Pfitzer, MDR 2007, 61 [62]).“

Die Richter üben hier also indirekt Kritik an der Gestaltung der Handelsplattform eBay, die keine rechtzeitige Textform Belehrung zulässt. Unklar ist allerdings, warum das OLG Köln davon ausgeht, dass der Verbraucher vor Abgabe seiner Vertragserklärung in Textform belehrt werden muss, denn für eine zweiwöchige Frist reicht aus, wenn der Kunde die formgebundene Belehrung “bei” Vertragsschluss erhält, zum Beispiel zusammen mit der Annahme der Bestellung durch den Händler in einer Bestätigungs-E-Mail. Eine textformgebundene Belehrung vor Abgabe der Bestellung des Kunden ist im Gesetz nicht vorgeschrieben, vielmehr genügt hier die flüchtige Information gemäß § 312c Abs. 1 BGB.

Erfreulich ist, das die rheinischen Richter den Satz auf der Internetseite:

“Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung”

nicht für falsch oder irreführend halten. Ein solcher Satz sei hinreichend klar und verständlich, da der Hinweis weder falsch noch in erheblichem Umfang unvollständig sei. Insoweit genüge eine auf die wesentlichen Gesichtspunkte beschränkte Belehrung, da eine Belehrung, die jedes Detail und jede denkbare Fallgestaltungen berücksichtige den Verbraucher letztlich weniger informieren als verwirren würde.

Das OLG Köln stellt zunächst klar, dass sich die in diesem Fall verwendete Formulierung von den obergerichtlich bereits beurteilten Fallgestaltungen unterscheidet. So hatte das Kammergericht Berlin die Formulierung auf der Internetseite “frühestens mit Erhalt der Ware” und das OLG Hamm die Formulierung “frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ für wettbewerbswidrig erklärt. Die Kölner Richter deuten aber zugleich an, dass sie deren Sichtweise des OLG Hamm auch inhaltlich nicht folgen, da man beim Lesen der Widerrufs Informationen eben nicht nur auf das „dieser“, sondern auch auf den „Erhalt“ der Belehrung abstellen kann:

„Hier wird der Verbraucher dagegen deutlich darauf hingewiesen, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt, bevor er Ware und Belehrung erhalten hat. Damit ist zum einen hinreichend klargestellt, dass es für den Fristbeginn keinesfalls auf den Zeitpunkt der erstmaligen Kenntnisnahme von der Belehrung auf der Angebotsseite des Verkäufers im Internet ankommt. Zum anderen wird dem Verbraucher zutreffend mitgeteilt, dass er neben der Ware eine Belehrung erhalten muss, damit die Frist in Gang gesetzt wird; dabei verdeutlicht ihm bereits der durch die Formulierung hergestellte Zusammenhang mit dem Warenerhalt, dass für den “Erhalt” dieser Belehrung mehr erforderlich ist als das Lesen der Angebotsseite im Internet. … sollte daher ein Verbraucher die Formulierung, dass es für den Fristbeginn unter anderem auf den Erhalt “dieser Belehrung” ankomme, fälschlich auf die im Internet veröffentlichte Belehrung und nicht auf “diese” (gleichlautende) Belehrung in Textform beziehen, so würde sich dieses Missverständnis nicht auswirken, weil er noch rechtzeitig bis zum Erhalt der Ware die formgerechte Belehrung erhält.“

Schließlich wurde die Abmahnung auch bezüglich der aus dem Muster des Bundesjustizministeriums stammenden Formulierung zur Wertersatzpflicht des Verbrauchers zurückgewiesen. Problematisch ist hier, dass das Muster einen Hinweis darauf enthält, dass Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Ware zu leisten sei und zugleich darüber aufgeklärt wird, wie dies zu vermeiden ist. Ein solcher Anspruch des Händlers besteht jedoch nur, wenn er spätestens bei Vertragschluss hierüber in Textform aufgeklärt hat, was bei eBay nicht rechtzeitig möglich ist, so dass die Themen Monatsfrist und Wertersatz insoweit zusammenhängen. Das sieht auch das OLG Köln so, denn es grenzt sich von der Auffassung des OLG Hamburg ab, dass § 312c Abs. 2 Nr. 2 BGB dem § 357 Abs. 3 S. 1 BGB vorrangig sei, so dass erst mit Lieferung der Ware entsprechend in Textform zu belehren wäre.

Das OLG Köln meint jedoch gleichwohl, dass auch wenn eine Monatsfrist gilt, der Hinweis auf den Wertersatz nicht irreführend sei. Zunächst lasse die Formulierung offen, ob im gegebenen Fall tatsächlich Wertersatz zu leisten ist. Zudem sei auch im Falle von Beschädigungen der Ware Wertersatz ohne vorherige Textformaufklärung möglich. Auch lasse sich die Formulierung so verstehen, dass eine Verschlechterung, die nur auf der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme beruht, keine Wertersatzpflicht auslöst. Interessant ist dann die ausschlaggebende Erklärung des Senats, wonach der Unternehmer die Formulierung deshalb verwenden kann, weil sie aus dem Muster des Bundesjustizministeriums stammt:

„Entscheidend ist nach Auffassung des Senats, dass der Antragsgegner als Unternehmer seiner gesetzlichen Informationspflicht, deren (in Bezug auf die Rechtsfolgen des Widerrufs nur für Finanzdienstleistungen durch Art. 1, 3 und 12 der Richtlinie 2002/65/EG harmonisierter) Inhalt auf der Grundlage von § 312c Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 240 EGBGB erst durch den Verordnungsgeber in § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV näher definiert worden ist, nicht zuwiderhandelt, wenn er zur Erfüllung dieser Verpflichtung das mit derselben Verordnung eingeführte Muster verwendet. Dies muss auch dann gelten, wenn die Verwendung des Musters (im Rahmen der vorvertraglichen Information) noch nicht in Textform erfolgt. Denn die Musterbelehrung sieht insoweit – anders als bei den Angaben zur Widerrufsfrist – gerade keine nach dem Zeitpunkt der formgerechten Belehrung differenzierenden Gestaltungsmöglichkeiten vor, was unter systematischen Gesichtspunkten, nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 4 S. 2 BGB-InfoV, der Intention des historischen Gesetzgebers (BT-Drucks. 15/2946 S. 26) und dem objektiven Ziel der Verordnung im Ergebnis nur so verstanden werden kann, dass die Musterbelehrung eine – unabhängig von Form und Zeitpunkt ihrer Verwendung – hinreichende Vorgabe für die Erfüllung der Informationspflicht nach dem neuen § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV enthält, um eine unbillige Belastung der Unternehmer durch die Ausweitung des Katalogs der Vorabinformationen zu vermeiden (vgl. Föhlisch, MMR 2007, 139 f.).“

Schließlich wäre ein Verstoß gegen die Wertersatz-Belehrungspflicht auch nicht wettbewerbswidrig, so das OLG Köln im Anschluss an seine Rechtsprechung zur Wettbewerbswidrigkeit von unwirksamen AGB Klauseln:

„Denn § 357 Abs. 3 S. 1 BGB betrifft allein die individuelle vertragsrechtliche Beziehung zwischen Unternehmer und Verbraucher, nicht aber ein Wettbewerbsverhalten im Sinne eines Verstoßes gegen Marktverhaltensregeln nach § 4 Nr. 11 UWG.“

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