LG Berlin: Kein Rückgaberecht statt Widerrufsrecht bei eBay

Screenshot eBay 2Der Handel über die Plattform eBay funktioniert bekanntlich nach anderen Regeln als der Handel über den eigenen Onlineshop. Weil der Vertrag bei eBay bereits mit Bestellung des Kunden zustande kommt, entschieden das OLG Hamburg und das Kammergericht Berlin, dass die Widerrufsfrist hier einen Monat statt zwei Wochen betrage. Auch sei kein Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Ware möglich. Das Landgericht Berlin entschied nun mit Beschluss vom 7.5.2007, 103 O 91/07, dass bei Verkäufen über eBay dem Verbraucher nicht anstelle des Widerrufsrechtes ein Rückgaberecht eingeräumt werden kann, weil dieses nach § 356 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BGB in Textform einzuräumen ist. Auch dies sei bei eBay wegen der dortigen Vertragschlussregelung nicht rechtzeitig möglich.

In dem Verfahren stritten sich zwei Konkurrenten darüber, ob es möglich ist, bei eBay anstelle des Widerrufsrechtes ein Rückgaberecht zu vereinbaren. Der Vorteil dieses Rechtes besteht für den Händler darin, dass der Kunde die Ware in jedem Fall innerhalb der Rückgabefrist zurücksenden muss. Beim Widerrufsrecht ist es theoretisch möglich, dass der Kunde den Widerruf in Textform (zum Beispiel per E-Mail) erklärt, die Ware jedoch zunächst behält und sich mit der Rücksendung noch Zeit lässt.

Das Landgericht Berlin untersagte nun einem Händler im einstweiligen Verfügungsverfahren, auf der Plattform eBay Verbrauchern Waren anzubieten und dabei statt eines Widerrufsrechts nach § 355 BGB ein Rückgaberecht nach § 356 BGB einzuräumen. Ebenso entschied nun auch das Landgericht Leipzig (Beschluss v. 27.6.2007, 05 HK O 2050/07).

In der Begründung schloss sich das Landgericht Berlin, wie dies üblich ist, wenn eine einstweilige Verfügung erlassen wird, der Antragsschrift der Rechtsanwälte an. Demnach sei Voraussetzung der Zulässigkeit der Ersetzung durch ein Rückgaberecht, dass das Textformerfordernis bereits vor Vertragsschluss erfüllt sein muss, was bei eBay nicht der Fall ist. Dies sei aus dem Wortlaut des § 356 BGB abzuleiten, wonach die Ersetzung „bei Vertragsschluss“ aufgrund des Verkaufsprospektes erfolgen kann. Dasselbe ergebe sich aus § 305 Abs. 2 BGB, weil die Ersetzung des Widerrufsrechts durch ein Rückgaberecht eine Vereinbarung voraussetze, das heißt die Regelungen für AGB Anwendung finden. Die Einbeziehung einer vertraglichen Bestimmung in Textform vor Vertragsschluss sei bei eBay jedoch technisch nicht möglich, wenn nicht im Einzelfall der Kunde von sich aus die Belehrung abspeichert oder ausdruckt.

Da die Voraussetzungen des § 356 BGB somit nicht vorlägen, komme eine Ersetzung des Widerrufsrechts durch das für den Unternehmer günstigere Rückgaberecht nicht in Betracht. Daher werde der Verbraucher falsch belehrt. Dies stelle zugleich einen erheblichen Wettbewerbsverstoß im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar.

In dieser Argumentation verstecken sich gleich mehrere Fehler, so dass es sich um eine Fehlentscheidung des Gerichts handelt.

  • Zunächst wird in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu Recht bestritten, dass der § 356 BGB überhaupt eine Aussage zum Zeitpunkt der Belehrung trifft. Selbst wenn dies so wäre, heißt es jedoch in der Vorschrift, dass eine Belehrung „beim Vertragsschluss“ erfolgen muss. Es ist falsch, dies so auszulegen, dass die Belehrung „vor“ Vertragsschluss erfolgen muss. Denn beim Vertragsschluss kann auch noch belehrt werden, wenn die Belehrung zusammen mit der Annahmeerklärung des Händlers erfolgt, zum Beispiel in einer E-Mail Bestätigung nach der Bestellung des Kunden.
  • Weiterhin setzt der zur Begründung herangezogene § 305 Abs. 2 BGB zwar in der Tat eine Einbeziehung der AGB vor Abgabe der Vertragserklärung des Kunden voraus. Diese muss jedoch nicht in Textform erfolgen. In Textform sind die AGB erst spätestens mit der Lieferung mitzuteilen (§ 312c Abs. 2 BGB).
  • Schließlich darf bezweifelt werden, ob durch die Ersetzung des Widerrufsrechts durch ein Rückgaberecht tatsächlich ein Wettbewerbsvorteil für den Händler vorliegt. Denn auch im Falle des Widerrufsrechtes hat der Händler ein Zurückbehaltungsrecht, solange der Kunde die Ware nicht zurückgeschickt hat. Das heißt im Ergebnis wird auch derjenige Händler, der ein Widerrufsrecht einräumt, den Kaufpreis erst zurück erstatten, wenn er die Ware zurückerhalten und auf Unversehrtheit geprüft hat. Beim Widerrufsrecht gibt es überdies den Vorteil, die Rücksendekosten in bestimmten Fällen (40 € Klausel) abzuwälzen, was beim Rückgaberecht nicht möglich ist.

Daher ist die Entscheidung zumindest auf "normale“ Onlineshops nicht übertragbar, soweit die Rückgabebelehrung zusammen mit der Zugangs- oder Auftragsbestätigung per E-Mail erfolgt. Da bei Verkäufen über eBay bestritten wird, dass eine E-Mail unmittelbar im Anschluss an das Auktionsende noch „bei“ bzw. „beim“ Vertragsschluss erfolgt, sollte bei Verkäufen über diese Plattform sicherheitshalber kein Rückgaberecht, sondern immer das gesetzliche Widerrufsrecht eingeräumt werden. Gefährlich sind auch Vermischungen beider Rechte, und zwar unabhängig davon, ob diese im normalen Onlineshop oder bei eBay vorgenommen werden. (cf)

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(Urteil im Volltext mit Kommentaren und Expertentipps)

07.09.07