Das Amtsgericht Münster (Urteil v. 6.2.2007, 6 C 4090/06) hatte die Frage zu entscheiden, ob für Bestellungen bei einem Online-Shop, die an eine Firmenanschrift geliefert und über ein Firmenkonto gezahlt werden, ein zweiwöchiges Widerrufsrecht gilt. Geklagt hatte ein Kunde, der eine Dunstabzugshaube für 124,- EUR bestellt hatte und diese dann zurückgeben wollte. Der Händler lehnte dies mit dem Hinweis ab, es handele sich um eine gewerbliche Bestellung, für die es kein Widerrufsrecht gibt. Zu Recht, wie das Amtsgericht Münster entschied.
“Vorliegend war aufgrund der äußeren Umstände davon auszugehen, dass es sich bei der Bestellung der Dunstabzugshaube um das rechtsgeschäftliche Tätigwerden eines Unternehmers handelte. Die Bestellung wurde unter der E-mail Adresse des Unternehmens des Klägers vorgenommen, als Lieferanschrift wurde ebenfalls die Anschrift des Geschäftes angegeben, die Zahlung erfolgte vom Geschäftskonto.
Dieses lässt den Schluss zu, dass die Dunstabzugshaube für die betriebliche Tätigkeit bestimmt war. Allein die Tatsache, dass als Besteller lediglich der Name des Klägers selbst, nicht jedoch der Name des Gewerbebetriebs aufgeführt war, führt zu keinem anderen Schluss. Da der Zuname des Klägers auch in der Firma genannt ist, kann in der Zusammenschau mit den bereits zuvor aufgeführten Kriterien jedenfalls nicht der eindeutige Schluss gezogen werden, dass die Bestellung durch eine Privatperson erfolgen soll. Aufgrund der verbleibenden Zweifel sind die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 312b ff. BGB nicht anzuwenden, so dass dem Kläger keine Möglichkeit zustand, von dem Vertrag zurück zu treten.”
Widerrufsrecht für Verbraucher
Räumt der Online-Händler gewerblichen Bestellern kein freiwilliges Widerrufsrecht ein (z.B. in AGB), gilt dieses nur für Verbraucher. Denn sog. Fernabsatzverträge im Sinne von § 312b BGB, für die das gesetzliche Widerrufsrecht gilt, setzen zwingend die Beteiligung eines Unternehmers auf der einen und eines Verbrauchers auf der anderen Seite voraus. Verbraucher wird in § 13 BGB definiert:
“Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.”
Kein Widerrufsrecht für gewerbliche Kunden
Juristische Personen (z.B. e.V., GmbH) scheiden also nach deutschem Recht von vornherein als Verbraucher aus, weil es sich um natürliche Personen handeln muss. Bestellt eine natürliche Person, muss der Zweck des Rechtsgeschäfts näher untersucht werden. Ein Einzelkaufmann oder Vorstand einer AG kann also sowohl gewerblicher als auch privater Kunde sein, wenn er die Ware zu privaten Zwecken bestellt. Darüber wurde auch im vorliegenden Fall gestritten.
Schwierig sind die Fälle, in denen Produkte bestellt werden, die sowohl privaten als auch gewerblichen Zwecken dienen können (sog. “dual use” Produkte), z.B. ein Architekt bestellt eine Digitalkamera, die privat, aber auch beruflich genutzt werden könnte. Hier können einige Indizien für ein gewerblichen Handeln (und damit kein Widerrufsrecht) sprechen, nämlich:
- Lieferung an Firmenadresse
- Angabe einer Firma als Besteller
- Zahlung über ein Firmenkonto
Insbesondere die Zahlung über ein Firmenkonto ist ein starkes Indiz für gewerbliches Handeln. Weniger aussagekräftig ist allerdings die Lieferung an eine Firmenadresse, denn dies kann auch deshalb gewünscht sein, weil an der Privatanschrift tagsüber niemand zu Hause ist, um Pakete entgegen zu nehmen. Anders liegt der Fall, wenn ein Billardtisch per Spedition an eine Büroanschrift geliefert wird, denn hier wäre es sehr ungewöhnlich, wenn der Besteller diesen nach Hause transportiert, um ihn dann doch privat zu nutzen.
Der Kunde ist als derjenige, der sich auf das für ihn günstige Widerrufsrecht beruft, für das Vorliegen seiner Verbrauchereigenschaft beweispflichtig. Dieser Beweis kann z.B. dadurch erbracht werden, dass ein Arzt, der einen Satellitenreceiver an seine Praxis hat liefern lassen, vor Gericht darlegt und beweist, dass seine Praxis über keinen Satellitenanschluss verfügt. In diesem Fall handelt er dann als Privatperson, die eine Ware zu privaten Zwecken an eine gewerbliche Anschrift bestellt (so entschieden z.B. vom AG Siegburg, Urteil vom 23. 2. 2005 – 117 C 262/04).
Es kommt also immer auf die Person, die Ware und weitere Indizien an. Da im Einzelfall eine Grauzone verbleibt, wird auch von einer “Ausstrahlungswirkung” des Widerrufsrechtes für Verbraucher auf gewerbliche Kunden gesprochen. Am sichersten dürfte es sein, einen separaten B2B-Shop mit anderen AGB anzubieten, den nur Kunden nutzen dürfen, die bei der Registrierung ausdrücklich erklären, nicht zu privaten Zwecken zu handeln und von denen vor der Auslieferung ein Gewerbenachweis o.ä. eingeholt wird.
Maßgeblich ist immer die sog. objektive “ex ante” Sicht, d.h. ob Sie anhand objektiver Umstände annehmen können, dass es sich um eine gewerbliche Bestellung handelt. Eine gewerbliche Bestellung kann nicht im Nachhinein zu einer privaten “umgewidmet” werden. (cf)
Übrigens, mit dem Trusted Shops Rechtstexter können Sie sich auch AGB kostenlos erstellen, wenn Sie sowohl an Verbraucher verkaufen, aber auch im B2B-Handel tätig sind.
Wenn in den AGB eines Webshops den Kunden ausdrücklich ein Widerrufsrecht eingeräumt, jedoch nicht zwischen gewerblichen Kunden und Endverbrauchern unterschieden wird, ist dann das Widerrufsrecht auch für gewerbliche Kunden gültig?
Anders gesagt – muss bei der Widerrufsbelehrung ausdrücklich zwischen gewerblichen Kunden und Endverbrauchern unterschieden werden, wenn man gewerblichen Kunden kein Widerrufsrecht einräumen will?
Sehr geehrter Herr Schramme,
zu Ihren AGB kann Sie ein Rechtsanwalt beraten. Eine Rechtsberatung an dieser Stelle ist nicht möglich.
@Roland Schramme
Nein, man muss gewerbliche Kunden expliziet erwähnen wenn man denen Rechte einräumen will.Der Verbraucher hat ja auch noch andere Rechte die der gewerbliche Käufer nicht hat. Zum Beispiel wann die Gefahr der Sendung übergeht.
wie verhällt es sich wenn die ware weder bezahlt noch verschickt wurde ? bin ich (einzelunternehmer) dann doch verpflichtet zu zahlen?
Besten Dank für den erhellenden Artikel. Allerdings schade, dass Streits so vorprogrammiert sind und die kleinen Selbständigen so wenig über Rechte im Internet finden können. Immer ist von Verbraucherrechten die Rede. Was haben selbständige Käufer denn nun für Rechte?
Händler meinen offenbar teilweise, dass sie Selbständigen jeden Schrott andrehen dürfen ohne jede Einhaltung von Kaufverträgen und dessen Erfüllung! Ich sehe jedoch keinen Unterschied ob man Kleinunternehmer oder Verbraucher ist. Das 14 tägige Rücktrittsrecht sollte zur Rechtsvereinfachung bei Problemhändlern auch für Unternehmen gelten.
Hier besteht dringend Klärungsbedarf und eine Verbesserung der Rechte von Selbständigen.
Guten Abend,
ich habe hierzu eine andere Frage: Ist eine juristische Person auch von der Garantie ausgeschlossen?
Viele Grüße
Nele
Eine Garantie ist immer freiwillig, d.h. kann für B2B ausgeschlossen werden. Die gesetzliche Gewährleistung gilt auch B2B, kann aber verkürzt und bei Gebrauchtwaren ausgeschlossen werden.
Hallo Herrr Föhlisch,
ich habe als Gewerbetreibende während einer Störung des Telefons und Internets bei meiner Telefongesellschaft telefonisch einen neuen Vertrag abgeschlossen. Da sich jedoch herausstellte, dass der Service mieserabel ist, habe ich diesen Neuvertrag innerhalb der folgenden 2 Tage widerrufen. Der Widerruf wurde abgelehnt. Ist das korrekt? Besteht für mich als Gewerbetreibende kein Widerrufsrecht???
Viele Grüße Barbara
Das Widerrufsrecht gilt nur für Geschäfte, die zu Zwecken abgeschlossen werden, “die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können” Wenn Sie als Gewerbetreibende also eine Kaffeemaschine kaufen, die zu Hause in Ihrer Küche steht, haben Sie ein Widerrufsrecht, wenn die Maschine hingegen im Büro steht, dann nicht.
vielen Dank für die schnelle Rückmeldung. Jetzt bin ich an dem neuen Vertrag erst mal für 2 Jahre gebunden; der Service ist schlecht, eigentlich gibt es bei diesem Anbieter gar keinen Service. Das ist für einen Gewerbebetrieb ganz, ganz schlecht ist. Wenn das Internet nicht funktioniert, habe ich Verluste. Der Service, den ich meinen Kunden anbiete, kann ich nicht leisten, ohne Internet. Auch die Kasse läuft über das Internet. All das ist sehr, sehr ärgerlich und für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, aber dennoch möchte ich micht bei Ihnen sehr herzlich bedanken.
Freundliche Grüße Barbara
Unabhängig vom Widerrufsrecht haben Sie natürlich die gesetzlichen Gewährleistungsrechte, d.h. ist die Leistung mangelhaft, können Sie (nach idR zwei Nachbesserungsversuchen nach Fristsetzungen) vom Vertrag zurücktreten und Schadensersatz verlangen. Das Verfahren ist zwar viel komplizierter als beim Widerruf (Beweislast, Beweissicherung, Fristsetzungen etc.), aber möglich.
Hallo,
ich habe zwei Lampen bei einem Online Möbelhändler bestellt, als Lieferzeit war “Sofort lieferbar angegeben. Nach der Bestellung erhielt ich zuerst mails mit der Info, die Lampen seien in KW51 lieferbar, später dann KW22 (!). Daraufhin wollte ich die Bestellung stornieren, der Händler schrieb mir aber: “Es ist so, dass Sie beim Bestellabschluss zweimalig bestätigt haben, dass Sie eine gewerbliche Bestellung bei uns aufgeben möchten. Das Widerrufsrecht gilt laut deutschem Gesetz nur für Verbraucher.” – Und er will die Bestellung nicht stornieren. heißt das, ich muss theoretisch jegliche nachträgliche Veränderungen der Lieferzeit hinnehmen?
Ich habe für mich und meine Bekannte bei Otto Marktplatz 4 mal Bettwäsche bestellt. Die Bettwäsche hat uns nicht gefallen und ich habe sie zurückgeschickt. Da ich ein Hotel besitzen, lehnt der Verkäufer den Widerspruch ab. Ich habe bei Otto mich beschwert, sie fanden es unmöglich, aber ihnen sind die Hände gebunden. Es kümmert sich auch niemand darum. Inzwischen habe ich die Bettwäsche wieder hin geschickt kostenpflichtig und er hat sie mir noch einmal zugesandt. Ich war beim Verbraucherschutz und auch der sagte, dass ich bei Otto Verbraucher bin. Ich habe bei Otto nur private Sachen bestellt. Die Lieferanschrift ist Hotel , da ich hier auch gleichzeitig wohne. Otto hat in seinen AGBs, dass sie nur an Verbraucher senden. Ich habe die Bettwäsche nicht bezahlt., Und sie auch nicht geöffnet. Wie geht es jetzt weiter?
Frage-
Kann eine Bestellung von einer Heilpraktikerin
mit Anschrift und Mailadresse der Praxis
vom Widerruf Gebrauch machen?
B2B????