Immer wieder werden Shop-Betreiber abgemahnt, weil sie eine Telefonnummer in die Widerrufsbelehrung aufnehmen. Das Thema ist nicht neu, sondern es ist schon seit längerem bekannt, dass die Nennung der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung eine Abmahnung auslösen kann. Das scheint sich aber noch nicht überall herumgesprochen zu haben. Anlässlich aktueller Abmahnungen möchten wir daher das Thema noch einmal kurz beleuchten.
Bereits am 17.6.2004 hatte das OLG Frankfurt a.M. (6 U 158/03) in einem Verbandsklageverfahren des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv) gegen einen Unternehmer entschieden, der in seiner Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer aufgenommen hatte. Damit, so der vzbv, werde der Inhalt der Widerrufsbelehrung in unzulässiger Weise über die gesetzlichen Angaben hinaus erweitert. Der Verbraucher laufe Gefahr, irregeführt durch die Angabe der Rufnummer, davon auszugehen, dass sein Widerruf wirksam erfolgt sei, wenn er ihn fernmündlich erkläre.
Das Landgericht hatte diese Klage zunächst abgewiesen, da aus der Widerrufsbelehrung mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehe, dass der Widerruf selbst nicht fernmündlich erfolgen könne, mithin die Angabe der Telefonnummer nur als Angebot verstanden werden könne, sich ergänzend zu informieren. Dieser Ansicht erteilte das OLG Frankfurt jedoch eine Absage, und das Urteil des LG Frankfurt wurde teilweise abgeändert. Die Nennung der Telefonnummer verstoße gegen das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB. Aus Transparenzgründen dürfe die Widerrufsbelehrung keine anderen Erklärungen enthalten. Es sei zwar nicht jeder Zusatz ausgeschlossen, jedoch seien solche Ergänzungen unzulässig, die einen eigenen Inhalt aufweisen und „weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken.“
Hierzu zähle auch die Nennung der Telefonnummer, die nicht geeignet sei, den Inhalt der Widerrufsbelehrung zu verdeutlichen, sondern die Gefahr berge, dass der Verbraucher den Inhalt der Belehrung irrtümlich dahin versteht, er könne sein Widerrufsrecht auch telefonisch ausüben, was das Gesetz jedoch gerade nicht erlaubt. „Die Angabe der Telefonnummer ist daher geeignet, den Leser von dem zutreffenden Inhalt der Widerrufsbelehrung abzulenken und verletzt deshalb das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB.“
Sollten Sie also eine Telefonnummer in die Widerrufsbelehrung aufgenommen haben, birgt dies ein gewisses Abmahnrisiko. Wenn Sie dem Kunden damit eine zusätzliche Informationsmöglichkeit verschaffen wollen, sollte die Nummer an anderer Stelle genannt werden. Klauseln, nach denen der Kunde verpflichtet ist, den Widerruf vorher telefonisch anzukündigen, sind ebenfalls unwirksam und akut abmahngefährdet.
Meiner Meinung nach unkorrekt entschieden, und auch nicht ausreichend dargestellt: § 312f sagt ausdrücklich, dass nicht zum Nachteil des Kunden von den vorstehenden Regeln abgewichen werden darf. Wenn ein Händler mit seinem Kunden vereinbart, dass er AUCH telefonisch widerrufen kann (natürlich im Gegensatz zum dem OLG Frankfurt vorliegenden Fall, in dem eine Wirksamkeit eines solchen Widerrufs ausgeschlossen wurde), dann ist dies zu Gunsten des Verbrauchers. Also zulässig.
Das ist eine interessante Auffassung, es sind allerdings auch einige Abmahnungen bekannt, in denen die Nennung der Telefonnummer auch dann abgemahnt wurde, wenn zusätzlich diese Möglichkeit eingeräumt wurde. Dies wird daran liegen, dass es erforderlich ist, über das GESETZLICHE Widerrufsrecht zu belehren und nicht über ein freiwilliges. Das gesetzliche Widerrufsrecht kann aber nicht telefonisch ausgeübt werden. Natürlich kann man freiwillig weitere Widerrufswege oder verlängerte Fristen vereinbaren, das sollte aber vom gesetzlichen, nicht dispositiven Verbraucherschutzrecht deutlich getrennt werden. Die Argumentation ist vor allem, das dem Kunden durch einen telefonischen Widerruf häufig der Beweis, dass widerrufen wurde, erschwert wird. Insofern ist von der Aufnahme einer Telefonnummer in die Belehrung selbst dringend abzuraten, sie kann ja vor oder nach der Belehrung platziert werden.
Die Angabe der Telefonummer birgt für den Mitbewerber auch die Gefahr, dass aus dem Geschäft mit dem an sich widerrufswilligen Kunden, der also dann beim Mitbewerber kaufen könnte, durch geschickte Telefongesprächsführung des Widerrufsempfängers doch ein (an sich ungewolltes) Geschäft wird, welches ihm gegenüber dem redlich informierenden einen Vorteil schafft.
Allerdings kritisiere ich zur Eindämmung der Abmahnwellen die gegenwärtigen Kostentragungsvorschriften. Würde eine erste Abmahnung keine Kostentragungspflicht beim Abgemahnten auslösen und hätte er binnen einer angemessenen Frist die Möglichkeit der Korrektur, wäre dem Abmahnwahn und der damit verbundenen Anwaltskostenabzocke generell entgegen getreten.
… finde soeben meinen eigenen Beitrag wieder und hätte noch was zu ergänzen:
“Telefonnummer nicht angeben dürfen” heißt nicht, dass ein dennoch erfolgter telefonischer Widerruf unwirksam wäre. Der nur mündlich oder telefonisch Widerrufende hat aber das Problem, darlegen und beweisen zu müssen (Mithörende Zeugen, eigener Bandmitschnitt).