UPDATE: Laut einem Beschluss des LG Oldenburg ist der Verein "Ehrlich währt am Längsten" nicht abmahnbefugt, und der Vereinspräsident wurde in Untersuchungshaft genommen.
UPDATE: Der Verein hat seine Tätigkeiten eingestellt, so dass weitere Abmahnungen nicht zu befürchten sind.
Ein dubioser Schweizer Verein namens "Ehrlich währt am längsten" überzieht seit dem 19. Oktober gewerbliche eBay-Händler mit Abmahnungen wegen angeblicher Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht. Abgemahnt werden vermeintlich z.B. falsch gestaltete Widerrufsbelehrungen oder fehlende Informationen. Der Verein sitzt in der Stadt Zug (Schweiz), wo er seit dem 17. Oktober ins Handelsregister eingetragen ist. Die Abmahnungen wurden allerdings von der "Geschäftsstelle Deutschland" in Sandkrug versandt.
Nach Einschätzung von Rechtsanwalt Rolf Becker aus Köln waren viele Abmahnungen inhaltlich nicht zutreffend, einige aber auch materiellrechtlich korrekt. Zweifelhaft sei aber die Inkassobefugnis und die Aktivlegitimation des Vereins. Auch Rechtsanwalt Max Lion Keller, der viele Geschädigte vertritt, äußert Zweifel an der Abmahnbefugnis des Vereins und hält "darüber hinaus die Abmahnungen des Vereins für rechtsmissbräuchlich, da es sich hier augenscheinlich um eine Massenabmahnung handelt mit dem einzigen Sinn, Geld in die Kasse des Vereins zu spülen." In München wurde eine negative Feststellungsklage eingereicht, um die Legitimation des Vereins exemplarisch überprüfen zu lassen.
Der Verein ist zumindest nicht als Verband nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) als qualifizierter Verband geführt, sondern bezieht seine Abmahnbefugnis nach eigenen Angaben aus § 8 Abs. 4 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Danach steht denjenigen Verbänden bei Rechtsverletzungen ein Unterlassungsanspruch zu, denen "eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben." Nach eigenen Angaben hat der Verein 26 Mitglieder, die er jedoch nicht nennen will. Hier werden die Gerichte prüfen müssen, ob es sich wirklich um ernsthafte Konkurrenten handelt.
Erstaunlich war der schnelle Zusammenschluss der Betroffenen. Axel Gronen von wortfilter.de hat sofort nach Bekanntwerden der Abmahnwelle eine Informationsseite aufgebaut und Abmahnschreiben gesammelt (http://www.wortfilter.de/News/news1796.html). Mittlerweile hat der Verein eine zweite, kleinere Welle gestartet und verschickt auch Mahnungen an diejenigen, die nicht zahlen. Für jede Abmahnung wurde eine "Kostenpauschale" von 146,16 Euro in Rechnung gestellt.
Nach Angaben von heise.de sind wegen Betrugsverdachts bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg inzwischen mehrere Strafanzeigen eingegangen. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen. Betroffenen ist anzuraten, auf jeden Fall einen Anwalt einzuschalten. Einen entsprechenden Kontakt können wir gern vermitteln. (cf)
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