Wie jetzt bekannt wurde, wird es in der Schweiz im Gegensatz zu den EU-Staaten kein Widerrufsrecht im Online-Handel geben. Der Bundesrat hat nun entgegen ursprünglicher Pläne auf ein der EU vergleichbares Verbraucherschutzniveau verzichtet. Ursprünglich hatte der Bundesrat vor der Wahl des neuen Justizministers Blocher im Dezember 2002 selbst eine solche Regelung verlangt. Über diesen Vorschlag sei laut Justizminister Blocher äußerst kontrovers diskutiert worden. (ACHTUNG: Beitrag von 2005, 2012 ist wieder ein Widerrufsrecht geplant).
Die involvierten Unternehmen hätten sich nicht für die Vorlage ausgesprochen. Es sei nicht Sache des Staates, die Wirtschaft zu Regelungen zu zwingen, die freiwillig abgemacht werden könnten, so Blocher.
Die geplante Regelung sollte den Schweizer Verbrauchern ähnlich EU-Bürgern das Recht einräumen, bei Internet-Käufen innerhalb von sieben Tagen vom Vertrag zurückzutreten. Geplant waren auch der EU vergleichbare Gewährleistungsvorschriften, insbesondere ein Nacherfüllungsrecht und die Verdoppelung der derzeit in der Schweiz geltenden Verjährungsfrist auf zwei Jahre. Unter Hinweis auf die Mündigkeit der Verbraucher betonte der Justizminister nun die Vertragsfreiheit als einen Standortvorteil der Schweiz. Die Schweiz sei nicht verpflichtet, Konsumentenschutzbestimmungen des EU-Rechts zu übernehmen.
In der Schweiz gelten damit im Gegensatz zur EU und insbesondere im Vergleich zu Deutschland für Online-Händler paradiesische Zustände. Ein Widerrufsrecht kann zwar freiwillig eingeräumt, muss aber nicht gesetzlich gewährt werden. So kann der Händler auch die Konditionen des freiwilligen Rechtes frei ausgestalten (z.B. Rücksendung nur frankiert und in Originalverpackung) und ist nicht an enge gesetzliche Vorgaben durch zwingendes Verbraucherschutzrecht gebunden. Während Handelsverbände diese Freiheit begrüßen, äußern Verbraucherverbände Kritik an dem nicht vorhandenen Konsumentenschutz.
Vorsicht ist geboten, wenn mit nur einer AGB-Version Waren sowohl nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz verkauft werden. Wird den Kunden ohne Länderdifferenzierung ein Widerrufsrecht eingeräumt, gilt dieses auch für Schweizer Konsumenten. Wird ohne Einschränkung deutsches Recht vereinbart, kann sich ein Schweizer Verbraucher, der den Händler in Deutschland verklagt, ebenfalls auf das deutsche Widerrufsrecht berufen. Eine Patentlösung oder ein Muster, das nach Ländern differenziert, gibt es derzeit nicht, weil hier viele Fragen noch ungeklärt sind. Trusted Shops plant hier jedoch, Lösungsvorschläge zusammen mit europäischen Universitäten zu entwickeln.