OLG Celle: Haftung für fehlenden Kündigungsbutton auf Websites Dritter

Durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge wurde zum 1.7.2022 u.a. mit § 312k BGB der Kündigungsbutton eingeführt. Dass auch ein Reseller unter bestimmten Umständen für die Vorhaltung eines solchen Buttons auf einer von seinem Geschäftspartner betriebenen Website verantwortlich sein kann, entschied nun das OLG Celle (Hinweisbeschl. v. 18.4.2024 – 13 U 7/24). Der Kündigungsbutton müsse auf der Website vorgehalten werden, auf der aus Sicht der Verbraucher der Bestellprozess beginnt. Diese Pflicht gelte unabhängig davon, ob die Website vom Unternehmer selbst oder einem Dritten betrieben wird.

Der Kläger, der Bundesverband der Verbraucherzentralen vzbv, mahnte die Beklagte, die eine Internet-Plattform betreibt und über diese Verträge über die Veräußerung von Produkten und die Zurverfügungstellung von Dienstleistungen mit Dritten schließt, erfolglos ab. Grund der Abmahnung war ein fehlender Kündigungsbutton auf der Website eines Geschäftspartners der Beklagten. Der Geschäftspartner betrieb seine Angebotsseite zwar selbst, leitete die Verbraucher jedoch für den Vertragsschluss auf die Website der Beklagten weiter. Die Beklagte war als Reseller somit Anbieter und Vertragspartner der Kunden, wobei das Erreichen des Angebots bzw. der Bestellseite exklusiv über die Website des Geschäftspartners erfolgte.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte verstoße gegen ihre Pflicht aus § 312k Abs. 1 BGB, da sie nicht sicherstelle, dass auf der Angebots-/Bestellwebsite (= Website des Geschäftspartners) der erforderliche Kündigungsbutton vorgehalten wird. Die Beklagte hingegen beruft sich darauf, dass sie nicht die Betreiberin dieser Website sei, sondern vielmehr nur als Reseller für die Seitenbetreiberin tätig werde und für das Verhalten ihres Geschäftspartners daher nicht einzustehen habe.

Das LG Hildesheim entschied, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zustehe. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten vor dem OLG Celle, die das Gericht beabsichtigt, durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Der Kündigungsbutton müsse auf der Website vorgehalten werden, auf der aus Sicht der Verbraucher der Bestellprozess beginnt. Diese Pflicht gelte unabhängig davon, ob die Website vom Unternehmer selbst oder einem Dritten betrieben wird.

Verstöße des Beauftragten werden zugerechnet

Das Gericht stellte zunächst klar, dass dem Inhaber eines Unternehmens Zuwiderhandlungen seines Beauftragten wie seine eigenen Handlungen zugerechnet werden. Entscheidend sei, dass der Werbepartner in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit des beauftragten Unternehmens dem Betriebsinhaber zugutekommt und der Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des beauftragten Unternehmens hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt. Der Unternehmensinhaber, dem die Geschäftstätigkeit seiner Beauftragten zugutekommt, solle sich bei seiner Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken können.

Dem Inhaber eines Unternehmens werden hiernach Zuwiderhandlungen seiner Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für die geschäftliche Tätigkeit nicht beseitigen soll (BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 – I ZR 27/22 – Haftung für Affiliates, Rn. 23). Der Unternehmensinhaber, dem die Geschäftstätigkeit seiner Beauftragten zugutekommt, soll sich bei seiner Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken können. Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber. Deshalb ist es unerheblich, wie die Beteiligten ihre Rechtsbeziehungen ausgestaltet haben. Beauftragter kann auch ein selbständiges Unternehmen sein, etwa eine Werbeagentur. Entscheidend ist, dass der Werbepartner in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit des beauftragten Unternehmens dem Betriebsinhaber zugutekommt und der Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des beauftragten Unternehmens hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt. Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss sich der Betriebsinhaber gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste. Der Unternehmensinhaber haftet daher gegebenenfalls auch für ohne sein Wissen und gegen seinen Willen von einem Beauftragten begangene Rechtsverstöße (aaO).

Verkaufstätigkeiten waren untrennbar verbunden

Vorliegend sei die Verkaufstätigkeit der Beklagten untrennbar mit dem Beauftragten verbunden gewesen, denn die Beklagte unterhalte selbst gar keine Verkaufsplattform. Daher hafte die Beklagte für die Angebotswebseite des Beauftragten.

Danach ist die …in Bezug auf den von ihr auf www…de angebotenen Gitarrenkurs Beauftragte der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 UKlaG. Die Beklagte fungiert nach ihrem Geschäftsmodell bei Abschluss der Gitarrenkurse als Vertragspartnerin der Verbraucher. Die G., deren Gitarrenkurse die Beklagte im eigenen Namen verkauft, ist in den Verkaufsprozess der Beklagten vollständig eingebunden. Die Beklagte unterhält gar keine eigene Verkaufsplattform für den Gitarrenkurs, sondern lässt diesen von der G. anbieten. Die G. tritt aus Sicht der Verbraucher zunächst selbst (irreführend) wie ein Anbieter des Gitarrenkurses auf („Bereits hunderte Schüler haben erfolgreich unsere Online-Kurse absolviert“, „Bei uns findest du keinen Quatsch! Es gibt keine versteckten Kosten! Wir wollen, dass unsere Mitglieder bei uns bleiben, weil wir gut sind und nicht wegen intransparenter Verträge!“). Sodann werden die Verbraucher, die den Bestellprozess auf ihrer Webseite durch Auswahl eines Tarifes beginnen, auf eine Produktseite der Beklagten zum verbindlichen Vertragsabschluss weitergeleitet. Die Verkaufstätigkeiten der Beklagten und der … sind auf diese Weise untrennbar verbunden. Weil sich die Beklagte, die nach eigenem Vorbringen gar keine eigene „klassische Verkaufsplattform“ unterhält, auf diese Weise zum Angebot der von ihr abzuschließenden Verträge der … bedient, haftet sie für deren Angebotswebseite gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UKlaG und § 8 Abs. 2 UWG.

Beginn des Bestellprozesses entscheidend

Zweck des Kündigungsbuttons nach § 312k BGB sei es, dem Verbraucher die Kündigungsmöglichkeit von im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossenen Verträgen zu erleichtern. Hierzu müsse der Kündigungsbutton auf der Seite vorgehalten werden, auf der dem Verbraucher der Vertragsschluss angeboten wurde und er den Bestellprozess begonnen habe. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt.

Nach der Regelung des § 312k Abs. 2 BGB soll der Unternehmer bei im elektronischen Geschäftsverkehr abgeschlossenen Verträgen über Dauerschuldverhältnisse sicherstellen, „dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags (…) über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann.“ […]

Nach diesem verbraucherschützenden Zweck der Vorschrift soll es dem Verbraucher möglichst erleichtert werden, die Kündigungsmöglichkeit für den von ihm im elektronischen Geschäftsverkehr abgeschlossenen Vertrag zu finden. Zu diesem Zweck muss der Verbraucher die Kündigungsmöglichkeit in Form der Kündigungsschaltfläche dort vorfinden, wo ihm der Vertragsschluss angeboten wurde und er den Bestellprozess begonnen hat. Denn dort wird ein Verbraucher, der die Kündigung des Vertrags beabsichtigt, zuvörderst nachsehen, um nach einer Kündigungsmöglichkeit zu suchen. Danach ist im Zweifel nicht maßgeblich, ob der Verbraucher nach dem Beginn des Bestellprozesses bis zu dessen verbindlichem Abschluss noch auf eine weitere Seite geleitet wird. Der Verbraucher wird sich in der Regel den Link für eine solche spezifische Produkt-Webseite, die für den Abschluss des Bestellprozesses noch durchlaufen werden muss, nicht merken oder abspeichern. Es würde daher dem verbraucherschützenden Zweck der Regelung nicht gerecht, wenn sich die Kündigungsschaltfläche nur dort befände. Danach ist der angebotene Vertrag grundsätzlich auf derjenigen Webseite im Sinne von § 312k Abs. 2 BGB abschließbar, auf der der Verbraucher aus seiner Sicht mit dem Bestellprozess beginnen kann.

Im Streitfall wird vom Verbraucher die Bestellung des angebotenen Gitarrenkurses damit begonnen, dass er auf der Webseite www…de einen der angebotenen Tarife durch Anklicken der jeweiligen Schaltfläche „14 Tage gratis testen“ auswählt. Deshalb erwartet der Verbraucher auch dort die Informationen über die Kündigungsmöglichkeiten. Zumindest auch auf dieser Webseite hätte somit die Kündigungsschaltfläche gemäß § 312k Abs. 2 BGB vorgehalten werden müssen.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Celle zeigt, dass die aus § 312k BGB resultierende Verpflichtung, eine Kündigungsschaltfläche vorzuhalten, nicht auf die eigene selbst betriebene Website begrenzt ist. In bestimmten Konstellationen kann eine Zuwiderhandlung in Gestalt eines fehlenden Kündigungsbuttons auch auf von Geschäftspartnern betriebenen Websites zum Verhängnis und man selbst Adressat von Abmahnungen werden.

Mittlerweile mehren sich die Entscheidungen zur Ausgestaltung. Sowohl das OLG Düsseldorf, das LG München I als auch das LG Köln entschieden bereits, dass der Kündigungsbutton ohne Login erreichbar sein müsse. Zudem hat das LG Hamburg klargestellt, dass die Kündigungsschaltfläche unmittelbar auf die Bestätigungsseite führen müsse.

In einem anderen Verfahren entschied das LG München I, dass es nicht genüge, wenn der Kündigungsbutton erst nach einem weiteren Klick sichtbar wird. Zudem reiche es nicht aus, wenn er in kleinerer Schrift als die übrige Webseite gehalten und im Gegensatz zum Button zu den Angeboten nicht farblich hinterlegt sei.

Zuletzt entschieden das LG Koblenz und das LG Frankfurt, dass das Zurverfügungstellen weiterer Kündigungsmöglichkeiten dem gesetzlichen Kündigungsbutton nicht entgegenstehe, und das LG Köln, dass die verpflichtende Abfrage des Kennwortes beim Kündigungsbutton unzulässig sei.

05.08.24