Werbe-Newsletter zählen zu den beliebtesten Marketing-Maßnahmen von Unternehmen. Der rechtliche Rahmen hierfür ist aber sehr eng. Nun hatte das OLG Köln einen Fall zu beurteilen, indem ein Steuerberater mit seiner e-Mail-Adresse ungewollt Werbung seiner ehemaligen Versicherung bekam, obwohl sich diese bereits zur Unterlassung verpflichtet hatte.
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Die Beklagte in dem Verfahren vor dem OLG Köln (Urteil v. 01.06.2011, 6 U 4/11) - eine Lebensversicherung - verpflichtete sich in der Vergangenheit gegenüber dem Kläger, es zu unterlassen,
„an die e-Mail-Adressen: t@n.eu sowie u@n.com unaufgefordert Werbematerial per e-Mail zu senden und/oder
an einem solchen Versand mitzuwirken,
sowie es zu unterlassen, unaufgefordert Werbepost oder Werbetelefaxe an den Kläger zu senden und/oder
an einem solchen Versand mitzuwirken.“
Kurz darauf versendete die Beklagte erneut eine E-Mail eine e-Mail an u@n.com. Als Empfängername wurde allerdings „Sigi Sorglos“ angegeben.
Die Beklagte führte zu ihrer Rechtfertigung an, dass die oben erwähnte Adresse „ausdrücklich zum Empfang des Newsletters neu angemeldet“ worden sei. Auf der Internetseite der Beklagten bestehe die Möglichkeit, eine entsprechende Anforderung durch Anklicken vorzunehmen.
Sie gehe davon aus, dass auf diese Weise die Versendung der streitigen e-Mail bewirkt worden sei.
Noch während des Verfahrens vor dem LG Köln erhielt der Kläger erneut Werbematerial der Beklagten per Post.
Die von der Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung war mit einem Vertragsstrafen-Versprechen nach dem Hamburger Brauch versehen.
Das bedeutet, dass kein fester Betrag festgesetzt wird, sondern im Falle eines Verstoßes die Höhe vom Abmahner nach billigem Ermessen festzusetzen und im Streitfall von den Gerichten zu überprüfen ist.
Für den Versand der e-Mail an „Sigi Sorglos“ hatte der Kläger zunächst 10.000 Euro Vertragsstrafe verlangt und im erstinstanzlichen Verfahren dann noch 6.000 Euro geltend gemacht.
Nach der Zusendung des postalischen Werbematerials erhöhte der Kläger die Klage vor dem LG Köln auf insgesamt 9.000 Euro. Im Berufungsverfahren begehrte der Kläger dann noch Zahlung von 3.000 Euro je Verstoß.
Das LG Köln (Urteil v. 27.10.2010, 26 O 395/09) verurteilte das Versicherungsunternehmen wegen der Übersendung des Prospektmaterials per Post zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 1.500 Euro.
Hinsichtlich der e-Mail-Werbung wies das LG die Klage allerdings ab, da auch der Kläger nicht habe ausschließen können, dass – wenn auch von einem Dritten – unter Verwendung seiner Adresse ein Einverständnis erklärt worden sei.
Hiergegen legte der Kläger Berufung ein.
Das OLG Köln urteilte, dass durch die Übersendung der e-Mail gegen den Unterlassungsvertrag verstoßen wurde und somit eine Vertragsstrafe von 500 Euro verwirkt sei.
Der Senat befasste sich auch mit Möglichkeit, dass sich der Kläger selbst unter falschem Namen für den Newsletter angemeldet habe:
"Der Senat hält es für gut möglich, dass der Kläger tatsächlich die Übersendung der e-Mail - zu Kontrollzwecken – selbst veranlasst hat. Hierfür sprechen insbesondere die Verwendung des als Fantasiename anzusehenden Namens „Sigi Sorglos“ [...] und der Umstand, dass ein Dritter, der die Übersendung von Werbematerial an eine für ihn fremde Mailadresse erbittet, auf diesem Wege selbst die Werbung nicht erhält.
Völlig ausgeschlossen ist die Anforderung durch einen Dritten jedoch nicht, weswegen der Senat nicht von einem Einverständnis des Klägers, für dessen Vorliegen die Beklagte die Beweislast trägt, ausgehen kann.“
Dass es auf der Website der Beklagten möglich sei, anonym die Zusendung von Werbematerial per e-Mail zu erbitten, entlaste die Beklagte nicht. Da dies im Gegensatz zu der wenige Wochen zuvor getroffenen Vereinbarung stünde, hätte die Beklagte hier Rücksprache halten müssen.
„Das gilt umso mehr, als das von der Beklagten als mögliche Erklärung angeführte Anklicken des Übersendungswunsches auf ihrer Internetseite nicht unter dem Namen des Klägers, sondern unter der Bezeichnung „Sigi Sorglos“ erfolgt ist. Auch insoweit war es der Beklagten möglich und zumutbar, die geeigneten Vorkehrungen zu treffen.
Hatte diese die beiden Mailadressen schon aus dem Verteiler für Newsletter herauszunehmen, so bestand ohne Weiteres auch die Möglichkeit, sicherzustellen, dass auf eine Neubestellung hin vor einer Versendung des Werbematerials die gebotene Rückfrage erfolgte.“
Anstatt der vom Kläger geforderten 3.000 Euro legte das Gericht die Höhe der Vertragsstrafe auf 500 Euro fest. Damit werde zum einen der bei dem Kläger etwa eingetretene Schaden ausgeglichen, welcher gering sei, da die einzelne Werbe-Mail mit einem "Klick" gelöscht werden könne.
Zum anderen genügt der Betrag zur Ausübung eines hinreichenden Drucks.
"Die Auffassung des Klägers, die Beklagte werde die Aufwendungen für eine Sicherstellung der Einhaltung des Verbotes scheuen und die Zahlung eines Betrages von 500 Euro in Kauf nehmen, teilt der Senat nicht.
Die Beklagte weiß als im Geschäftsleben stehendes Unternehmen, dass für den Fall von weiteren Verstößen höhere Vertragsstrafen festzusetzen sein werden. Es trifft daher nicht zu, dass die Beklagte sich durch die Zahlung eines Betrages von „nur“ 500 Euro von der Einhaltung der Verpflichtung sozusagen „freikaufen“ könnte."
Auch mit der Zusendung von Prospektmaterial verstieß die Beklagte gegen die Unterlassungserklärung. Hier hielt das OLG aber die vom Landgericht festgesetzte Vertragsstrafe von 1.500 Euro für angemessen und wies die Berufung zurück.
Die Klägerin konnte plausibel darlegen, dass es sich hierbei um ein Versehen eines Vertriebsmitarbeiters gehandelt habe, welcher das Übersenden eines Vertragsangebotes nicht als Werbung angesehen habe und auch nicht als hartnäckige Fortsetzung des vorgeworfenen Verhaltens.
Ein schon älterer Fall des AG Rendsburg (Beschluss v. 16.10.2009, 3 C 218/07) zeigt, dass man nicht weiter gegen Unterlassungserklärungen bzw. Unterlassungsurteile verstoßen sollte. Im dortigen Fall musste ein Unternehmen für eine unzulässige e-Mail zunächst 300 Euro Ordnungsgeld zahlen, nachdem ihm eben dieser Versand per einstweiliger Verfügung untersagt wurde.
Für die danach verschickte Werbe-Mail setzte das Gericht direkt ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000 Euro fest mit der Androhung, dass der Schuldnerin bei weiteren Verstößen ein Vielfaches des nunmehr verhängten Ordnungsgeldes aufzuerlegen sei.
Wird man wegen unerlaubter Zusendung von Werbung per e-Mail abgemahnt, ist dies natürlich ärgerlich. Gibt man dann aber eine entsprechende Unterlassungserklärung ab oder verliert einen Prozess, muss man spätestens dann dafür Sorge tragen, dass der Versand von Werbung rechtlich einwandfrei verläuft.
Die Rechtsprechung zur unerlaubten e-Mail-Werbung wird in letzter Zeit immer strenger und die Zahl an Urteilen nimmt zu, sodass man die Gefahr nicht unterschätzen sollte. (mr)
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