Die Frage, ob es sich bei einem Verkäufer um einen Unternehmer handelt, stellt sich gerade auf Verkaufsplattformen immer wieder. Ob ein Anbieter Waren auf einem Marktplatz gewerblich oder privat anbietet, beurteilt sich anhand einer Gesamtschau der relevanten Umstände. Dazu können u.a. wiederholte, gleichartige Angebote, gegebenenfalls auch von neuen Gegenständen, Angebote erst kurz zuvor erworbener Waren, eine ansonsten gewerbliche Tätigkeit des Anbieters, die Anzahl an Bewertungen und Verkaufsaktivitäten für Dritte zählen. Das LG Köln (Urt. v. 7.5.2025 – 87 O 52/24) bewertete nun die Gesamtzahl von Verkäufen, die Anzahl gleichzeitig angebotener Waren, die Zahl selbst als Käufer erhaltener Bewertungen sowie den Einsatz professioneller Verkaufstools.
Der Beklagte betätigte sich seit 2006 als unter dem Namen […] sowohl als Verkäufer als auch als Käufer auf der Internetplattform Ebay. Der Kläger beanstandete mit Abmahnung vom 28.8.2024, dass die Angebote des Beklagten zu diesem Zeitpunkt im August 2024 gewerblich seien, ohne dass der Beklagte den rechtlichen Pflichten eines gewerblichen Verkäufers nachkomme. Der Beklagte hatte am 26.8.2024 77 Verkaufsangebote online. Die Angebote bezogen sich ausschließlich auf Miniatur-Rennautos („Slotcars“) samt Zubehör (insbesondere Schienen). In mehreren Angeboten gewährte der Beklagte „Multirabatt“ beim Ankauf von 2, 3 oder „4 oder mehr“ Stück. Manche Artikel bot der Beklagte in den in englischer Sprache verfassten Angeboten als „unused“ an. Zudem hatte der Beklagte im Zeitraum vom 26.8.2023 bis zum 26.8.2024 insgesamt 131 Bewertungen erhalten. Im Zeitraum vom 29.1.2024 bis zum 29.1.2025 hatte er insgesamt 125 Bewertungen als Verkäufer erhalten. Darunter schrieb ein Käufer: „Wie immer. Es gibt nix zu meckern.“
Der Beklagte antwortete auf die Abmahnung des Klägers, dass er seine Angebote entfernt habe. Die geforderte Unterlassungserklärung gab er nicht ab.
Das LG Köln entschied, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zustehe. Der Beklagte sei als gewerblicher Verkäufer im elektronischen Rechtsverkehr gehalten, seine Daten in ausreichendem Umfang mitzuteilen, über die Möglichkeit eines Widerrufs hinzuweisen und über diesen umfassend zu belehren. Die Gesamtzahl von Verkäufen, die Anzahl gleichzeitig angebotener Waren, die Zahl selbst als Käufer erhaltener Bewertungen sowie der Einsatz professioneller Verkaufstools sprechen für eine gewerbliche Tätigkeit, so das Gericht.
Das Gericht ging davon aus, dass die Verkaufstätigkeit des Beklagten als gewerblich einzuordnen sei. Der Beklagte habe in einem Jahr 125 Bewertungen erhalten und damit mindestens genauso viele Artikel verkauft. Zudem waren im August 2024 gleichzeitig 77 Verkaufsangebote online. Zudem war er als Käufer tätig, was ebenfalls auf eine Händlertätigkeit schließen lasse.
Das Gericht geht aufgrund des vorhandenen Tatsachenvortrags davon aus, dass der Beklagte im August 2024 und davor auf der Plattform Ebay Verkaufstätigkeiten entfaltete, die als gewerbliche Tätigkeiten einzuordnen sind:
Eine gewerbliche Tätigkeit liegt vor, wenn planmäßig über einen gewissen Zeitraum hinweg entgeltliche Leistungen am Markt angeboten werden. Im vorliegenden Fall stützt sich das Gericht auf folgende Umstände, die einen planmäßigen Verkauf des Beklagten belegen:
Zunächst hat der Beklagte im fraglichen Zeitraum eine nicht unerhebliche Anzahl von Verkäufen getätigt: Der Beklagte hat innerhalb des Zeitraumes vom 29. 01. 2024 bis zum 29. 01. 2025 mindestens 125 Artikel verkauft, da er in dieser Zeit ebenso viele Bewertungen als Verkäufer erhalten hat (…). Die tatsächliche Anzahl der Verkäufe dürfte sogar höher liegen, da nicht jeder Käufer auch eine Bewertung abgibt.
Sodann hatte der Beklagte im August 2024 gleichzeitig 77 Verkaufsangebote gleichartiger Waren online gestellt, was ebenfalls auf eine nicht unerhebliche Tätigkeit schließen lässt. Die Sorgfalt und die Anzahl dieser Angebote, sämtliche mit ausdrucksstarken Lichtbildern untermauert, belegt die Planmäßigkeit der Tätigkeit.
Zugleich muss der Beklagte auch noch als Käufer tätig gewesen sein, da er im Zeitraum von August 2023 bis August 2024 insgesamt 131 Bewertungen erhalten hat und vorliegend bestreitet, dass sich alle Bewertungen auf Tätigkeiten als Verkäufer beziehen. Insofern muss der Beklagte zugleich als Verkäufer sowie als Käufer Tätigkeiten entfaltet haben, was auf ein Gebaren als Händler schließen lässt. Trotz der ausdrücklichen Erörterung dieser Thematik im Termin zur mündlichen Verhandlung schweigt sich der Beklagte über konkrete Ankaufsgeschäfte aus.
Für eine gewerbliche Tätigkeit des Beklagten spreche zudem die Nutzung professioneller Verkaufstools wie die Gewährung eines Multirabatts und die differenzierte Angabe des Artikelzustands.
Letztlich bediente sich der Beklagte auch der Mittel professioneller Händler: Die Angebote waren auf professionelle Art und Weise abgefasst. Es wurde Multirabatt gewährt und der Artikelzustand jeweils sehr differenziert angegeben (unused, neu etc.)
Der Beklagte vermochte die vorliegende Indizienkette nicht zu entkräften. Entgegen der deutlichen Hinweise des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat er keine weiteren Angaben dazu gemacht, was es konkret mit der angeblichen Privatsammlung auf sich hatte. Er hat weder vorgetragen, wann und wie er diese Sammlung zusammengetragen hat, wo er die Sammlung aufbewahrt oder ausgestellt hatte und warum er diese auflösen wollte. Lichtbilder der angeblichen Sammlung wurden auch nicht eingereicht. Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, liefe eine Befragung der Zeugin Panteleit insofern auf Ausforschung hinaus. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei der “Auflösung einer Privatsammlung” um eine typische Schutzbehauptung auf Ebay handelt, war dem Beklagten über den Schriftsatznachlass eine letzte Gelegenheit eingeräumt worden, diese pauschale Behauptung im Rahmen der sekundären Darlegungslast näher zu substantiieren. Dies hat er nicht ansatzweise getan. Darüber hinaus hat der Beklagte mit nachgelassenem Schriftsatz auch keine weiteren konkreten Angaben zu seinen Tätigkeiten auf Ebay mehr gemacht. Vielmehr hat er lediglich versucht, die Bedeutung der hier vorliegenden Eckdaten herunter zu spielen. Nach Auffassung des Gerichts hätte er aber – wie mündlich im Termin erörtert – z. B. auch ganz konkret darlegen können, wie es zu den 131 Bewertungen als Verkäufer und Käufer im Zeitraum von August 2023 bis August 2024 bzw. zu den 125 Bewertungen als Verkäufer im Zeitraum von Januar 2024 bis Januar 2025 gekommen ist, ob er z. B. auch andersartige Waren oder Hausrat verkauft habe. Man hätte z. B. erwartet, dass der Beklagte auch vorträgt, was er denn auch alles gekauft hat, damit der Rückschluss, er habe sich als Händler betätigt, indem er auch Slotcars und Zubehör ankaufte, hätte widerlegen können.
Eine falsche Einstufung als privater und nicht als gewerblicher Verkäufer ist regelmäßig ein Grund für Abmahnungen. Die Grenze zwischen gewerblichem und privatem Verkauf ist fließend und nicht immer eindeutig. Zuletzt entschied das OLG Brandenburg, dass 600 Bewertungen in 15 Jahren nicht für eine Einstufung als Unternehmer genügen. Der EuGH hat hierzu auch bereits Kriterien aufgestellt; ebenso hat der BFH bereits zur steuerrechtlichen Einordnung in solchen Fällen entschieden.
Wichtig ist diese Unterscheidung für die Pflichten, die Unternehmer treffen. So müssen Unternehmer beispielsweise Vorschriften des Fernabsatzes und Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf beachten. Wie die richtige Einstufung gelingt und welche Pflichten der gewerbliche und der private Verkauf jeweils mit sich bringen, haben wir in diesem Beitrag für Sie zusammengefasst.