E-Mail-Werbung ist und bleibt ein für Unternehmen wirtschaftlich relevantes Marketinginstrument, das jedoch eine Reihe rechtlicher Hürden mit sich bringt. Das LG Paderborn (Urt. v. 12.3.2024 – 2 O 325/23) entschied nun, dass ein in der Datenschutzerklärung vorgehaltener Hinweis im Zusammenhang mit Werbe-E-Mails nicht ausreiche, um die Anforderungen des § 7 Abs. 3 UWG zu erfüllen. Zudem müsse ein Werbewiderspruch umgehend umgesetzt werden.
Die in den Bereichen Beleuchtungs- und Beschallungsanlagen für Sportstätten, Arenen und Außenanlagen aller Art tätige Klägerin nimmt die Beklagte, einen Online-Reiseanbieter wegen Zusendung von Werbe-E-Mails auf Unterlassung in Anspruch.
Hintergrund war, dass der Geschäftsführer der Klägerin unter Angabe seiner E-Mail-Adresse, die der Domain der Klägerin zugeordnet ist, eine Reise buchte und die Beklagte daraufhin an die besagte E-Mail-Adresse eine Werbe-E-Mail versendete. Darauf, dass entsprechende Kontaktaufnahmen im Zusammenhang mit einem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag zur Vermittlung von Reiseleistungen erfolgen können, wird im Rahmen der Datenschutzerklärung hingewiesen. Die Erklärung umfasst 26 DIN A4-Seiten, wobei auf Seite 8 der Hinweis zu Marketingaktivitäten zu finden ist. Trotz Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, Sperrung der E-Mail-Adresse für Werbung und zum Ausgleich der Abmahnkosten, erhielt die Klägerin fünf weitere Werbe-E-Mails, die sie jeweils mit anwaltlichem Schreiben abmahnte.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sie von der Beklagten die Unterlassung der Zusendung von Werbe-E-Mails verlangen könne. Die Beklagte hingegen ist der Ansicht, dass das Unterlassungsbegehren unzulässig sei, da es sich auch gegen Handlungen richte, die u.a. die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG erfüllen würden und insofern zulässig gewesen seien. Sie führt aus, dass selbst wenn die erste Abmahnung als Anknüpfungspunkt für den Widerspruch gegen einen weiteren Versand von Werbe-E-Mails gewertet würde, sie innerhalb der Monatsfrist nach Art. 12 DSGVO reagiert und die E-Mail-Adresse aus dem Verteiler entfernt habe.
Das LG Paderborn sprach der Klägerin einen Anspruch auf Unterlassung der Zusendung künftiger Werbe-E-Mails aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog zu.
Dabei führte das Gericht zunächst aus, dass es dem Empfängerunternehmen von unerwünschter E-Mail-Werbung nicht möglich sei, einen unmittelbaren Unterlassungsanspruch aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG geltend zu machen, sofern es nicht mit dem versendenden Unternehmen in einem Wettbewerbsverhältnis stehe. Es könne jedoch den sog. quasinegatorischen Unterlassungsanspruch analog §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB auf einen rechtswidrigen Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stützen.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Unterlassung der Zusendung zukünftiger Werbe-E-Mails gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog gegen die Beklagte zu. Versendet ein Unternehmen unerwünschte E-Mail-Werbung an ein anderes Unternehmen, ohne dass die Parteien in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, kann der Empfänger keinen unmittelbaren Unterlassungsanspruch aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG geltend machen. Ihm verbleibt aber die Möglichkeit, den sog. quasinegatorischen Unterlassungsanspruch analog §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB auf einen rechtswidrigen Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu stützen (vgl. BGH, Beschluss vom 20.05.2009, Az. I ZR 218/07 – E-Mail-Werbung II).
Das Gericht ging auf die Begrifflichkeit des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ein. Die durch die Beklagte veranlasste Zusendung von sechs Werbe-E-Mails innerhalb einer Zeitspanne vom 13.9.2023 bis zum 3.10.2023 stelle einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, zudem sei keine wirksame Einwilligung der Klägerin ersichtlich und werde auch von der Gegenseite nicht mit Substanz behauptet.
Unter dem Begriff des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ist alles das zu verstehen, was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt, also nicht nur der Bestand des Betriebes als solcher, sondern auch seine einzelnen Erscheinungsformen, wozu der gewerbliche Tätigkeitskreis gehört. Das Unternehmen soll in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, in seinem Funktionieren geschützt werden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt die ohne wirksame Einwilligung an eine geschäftliche E-Mailadresse versandte Werbe-E-Mail einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (vgl. BGH, Urteil vom 14.03.2017, Az. VI ZR 721/15).
Das von der Beklagten veranlasste Zusenden von insgesamt 6 Werbe-E-Mails zwischen dem 13.09.2023 und dem 03.10.2023 stellt einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Eine wirksame (ausdrückliche) Einwilligung der Klägerin ist weder ersichtlich, noch wird sie mit Substanz von der Beklagten behauptet.
Im vorliegenden Sachverhalt lägen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG nicht vor.
Gemäß § 7 Abs. 3 UWG ist abweichend von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn, ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat, der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet, der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
Das LG Paderborn kam zu der Einschätzung, dass es vorliegend jedenfalls an den beiden letzten Voraussetzungen fehle. Das Gericht gab an, dass eine bloße Verlinkung der auf die Marketingaktivitäten verweisende Datenschutzhinweise inkl. Hinweis auf einen Abmeldelink noch nicht die Anforderungen an einen klaren und deutlichen Hinweis auf das Widerspruchsrecht bei Erhebung der Adresse erfülle. Es genüge nicht, dass die Beklagte in ihrer Datenschutzerklärung darüber informiere, dass eine Nutzung der Kundendaten für Werbezwecke erfolge und sich der Empfänger von der E-Mail-Marketingkommunikation abmelden könne, insbesondere wenn dieser Hinweis ohne eine textliche Hervorhebung im Rahmen eines 26 Seiten umfassenden Schriftstücks enthalten sei.
Nach Auffassung des Gerichtes hätte die Beklagte mindestens ein anklickbares bzw. ankreuzbares Kästchen („Ich widerspreche der Verwendung meiner persönlichen Daten zu Werbezwecken“) vorsehen müssen. Erforderlich wäre darüber hinaus auch die Benennung einer Kontaktadresse gewesen, an die Widerspruch hätte gesendet werden können. Daran fehle es im vorliegenden Fall.
Die bloße Verlinkung der Datenschutzhinweise, die wiederum einen Verweis auf die Marketingaktivitäten der Beklagten nebst eines Hinweises auf einen Abmeldelink enthält, erfüllt nicht die Anforderungen an einen klaren und deutlichen Hinweis auf das Widerspruchsrecht bei Erhebung der Adresse. Es genügt nicht, dass die Beklagte in ihrer Datenschutzerklärung ausführt, dass die Kundendaten für Werbezwecke genutzt werden und sich der Empfänger von der E-Mail-Marketingkommunikation abmelden kann, insbesondere wenn dieser Hinweis - ohne textliche Hervorhebung – im Rahmen eines 26 Seiten umfassenden Schriftstücks enthalten ist (vgl. LG Berlin Urteil vom 16.11.2017 – 16 O 225/17, BeckRS 2017, 143465). Im Mindestfall hätte die Beklagte ein anklickbares bzw. ankreuzbares Kästchens („Ich widerspreche der Verwendung meiner persönlichen Daten zu Werbezwecken“) bereitstellen müssen. Erforderlich ist darüber hinaus auf jeden Fall aber auch die Benennung einer Kontaktadresse, an die ein zeitlich nach dem Vertragsschluss ausgesprochener Widerspruch zu senden ist (Postadresse, Telefon- oder Telefaxnummer, E-Mail-Adresse). Daran fehlt es jeweils.
Für den erforderlichen Hinweis auf das Widerspruchsrecht sei es auch nicht ausreichend, dass die Beklagte in den E-Mails an die Klägerin auf die Abmeldung durch anklickbare Links verwiesen habe. Die Beklagte habe dadurch zwar eine Möglichkeit eingerichtet, die es erlaubt, die Nutzung der E-Mail-Adresse zu Werbezwecken abzulehnen, dennoch fehle es an einem konkreten Hinweis auf die Widerspruchslösung an sich.
Für den gesetzlich vorgeschriebenen Hinweis auf das Widerspruchsrecht war es auch nicht ausreichend, dass die Klägerin in jeder E-Mail, also bei Verwendung der klägerischen E-Mail-Adresse, auf die Abmeldung durch anklickbare Links verwiesen hat. Zwar hat die Beklagte dadurch eine problemlose Möglichkeit, um die Nutzung der E-Mail-Adresse für Werbezwecke abzulehnen, eingerichtet. Es fehlt jedoch wiederum an einem konkreten Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit an sich.
Der Umstand, dass die Klägerin selbst über einen Abmeldelink tätig geworden ist, ändere nichts daran, dass die Voraussetzungen nicht vorlagen, so das Gericht.
Dass die Klägerin letztlich selbst über einen Abmeldelink tätig geworden ist, ändert nichts daran, dass die Voraussetzungen nicht vorlagen. […] Jedenfalls bei Erhebung der Adresse war der Hinweis unzureichend.
Letztlich könne aber dahinstehen, ob die Beklagte einen hinreichenden Werbehinweis gem. § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG erteilt habe, da das (erste) anwaltliche Schreiben jedenfalls als Widerspruch im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG gegen (weitere) Werbe-E-Mails zu verstehen sei und somit zur Unzulässigkeit der Werbe-E-Mail führe.
Letztlich kann aber dahinstehen, ob die Beklagte einen hinreichenden Werbehinweis gem. § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG erteilt hat, da das anwaltliche Schreiben vom 14.09.2023 jedenfalls als Widerspruch im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG gegen (weitere) Werbe-E-Mails zu verstehen war. […] Der Widerspruch gegen die Verwendung der elektronischen Postadresse zum Zwecke der Übersendung von Werbung nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG ist formlos möglich und setzt nicht voraus, dass der Kunde selbst bestimmte Einstellungen im “Kundenverwaltungssystem” des Unternehmens tätigt. Hat der Beworbene einer Werbung mittels elektronischer Post wirksam iSd § 7 Abs. 3 Nr. 3 widersprochen, so ergibt sich die Unzulässigkeit der Werbung, weil dem Unternehmer der entgegenstehende Wille des Beworbenen dann erkennbar ist.
Die von der Beklagten vorgetragene Einhaltung der Monatsfrist aus Art. 12 Abs. 3 DSGVO stellt nach Auffassung des Gerichts keinen entlastenden Anknüpfungspunkt dar, da sich diese lediglich auf die Bereitstellung von Informationen beziehe, nicht aber für die Umsetzung eines Widerspruches gelte. Der Verwender, hier die Beklagte, sei vielmehr gehalten, den Widerspruch umgehend zu respektieren. Eine Umsetzung (des Widerspruchs) habe somit unverzüglich zu erfolgen. Diesem Maßstab habe die Beklagte aufgrund des Versands von fünf (weiteren) Werbe-E-Mails an die Klägerin nicht entsprochen.
Soweit sich die Beklagte hiernach gem. Art. 12 Abs. 3 DSGVO eine Bearbeitungsdauer von bis zu einem Monat ausbedingen will, kann sie damit nicht durchdringen. Art. 21 Abs. 3 DSGVO stellt klar, dass nach Widerspruch gegen die Verarbeitung zu Zwecken der Direktwerbung, die Daten für diese Zwecke nicht mehr verarbeitet werden dürfen. Art. 12 Abs. 3 DSGVO sieht hingegen lediglich eine Bearbeitungsdauer von bis zu einem Monat für die Bereitstellung von Informationen vor; nicht für die Umsetzung des Widerspruchs. […] Der Verwender ist gehalten, den Widerspruch umgehend zu respektieren, d.h., dass die Umsetzung unverzüglich zu erfolgen hat. Diesem Maßstab hat die Beklagte nicht genügt. Nach dem Werbewiderspruch vom 14.09.2023 hat die Beklagte noch 5 (weitere) Werbe-E-Mails an die Klägerin versandt.
Das Gericht hielt fest, dass sich die Beklagte auch nicht darauf zurückziehen könne, dass eine bereits angelaufene Werbeaktion nicht gestoppt werden könne und stellte darüber hinaus klar, dass sich die Orientierungshilfe der DSK zur Umsetzungsfrist des Werbewiderspruchs nach Art. 21 Abs. 3 DSGVO, die die Beklagte zu Rate zog, unzweifelhaft auf postalische Werbung beziehe. Ein Bearbeitungszeitraum hinsichtlich des Werbewiderspruchs in Bezug auf E-Mail-Werbung könne daraus nicht abgeleitet werden.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf zurückziehen, dass eine bereits angelaufene Werbeaktion nicht mehr gestoppt werden könne. […] Die durch die Beklagte zu Rate gezogene Orientierungshilfe der DSK zur Umsetzungsfrist des Werbewiderspruchs nach Art. 21 Abs. 3 DSGVO bezieht sich unzweifelhaft auf postalische Werbung. Ein Bearbeitungszeitraum hinsichtlich des Werbewiderspruchs in Bezug auf E-Mail-Werbung kann daraus nicht abgeleitet werden.
Schließlich bejahte das Gericht auch die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr.
Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr wird durch das festgestellte rechtsverletzende Verhalten der Beklagten indiziert. (vgl. BGH, Urteil vom 14.03.2017, Az. VI ZR 721/15).
Ein Empfänger gewerblicher E-Mails muss jederzeit seine Einwilligung widerrufen können. Ein solcher Widerspruch muss sofort berücksichtigt werden. Diese Entscheidung des LG Paderborn hebt die praxisrelevanten Hürden im Rahmen des Versands von Werbe-E-Mails nochmals hervor und verdeutlicht, dass ein in der Datenschutzerklärung vorgehaltener Hinweis in diesem Zusammenhang noch nicht ausreicht, um die Anforderungen des § 7 Abs. 3 UWG zu erfüllen. Zudem stellt das Gericht klar, dass sich eine (einmonatige) Bearbeitungsdauer für Werbewidersprüche in Bezug auf E-Mail-Werbung weder aus Art. 12 noch aus Art. 21 DSGVO ableiten lässt, sondern eine unverzügliche Umsetzung des Widerspruchs gefordert ist.
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