Wenn mit einer Herstellergarantie geworben wird, muss bereits im Online-Shop über die Garantiebedingungen informiert werden. Aber besteht eine entsprechende Informationspflicht auch dann, wenn sie gar nicht im Angebot erwähnt wird? Der BGH (Beschl. v. 11.2.2021 – I ZR 241/19) hat die entsprechende Frage nun dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Worum ging es in dem Verfahren?

Das OLG Hamm musste in einem Fall entscheiden, in dem die Beklagte über Amazon ein Taschenmesser anbot. Sie informierte in ihrem Angebot nicht über eine Garantie, verlinkte jedoch unter der Zwischenüberschrift „Weitere technische Informationen“ auf ein Produktinformationsblatt mit der Bezeichnung „Betriebsanleitung“ des Herstellers. Dieses enthielt am Ende einen Hinweis auf die sog. „Victorinox-Garantie“ mit folgendem Text: „Die Victorinox-Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik 2 Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt.“ Weitere Informationen waren dort nicht enthalten und die Anforderungen, die an eine Garantieerklärung zu stellen sind, damit nicht erfüllt. Die Klägerin mahnte die Beklagte daraufhin ab und verlangte die Abgabe einer Unterlassungserklärung, dem die Beklagte nicht nachkam.

Bisheriger Prozessverlauf

Das LG Bochum (Urteil vom 21.11.2018 – I-13 O 110/18) hatte in erster Instanz die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hin entschied das OLG Hamm, dass der Händler über den Inhalt und den Umfang der Garantie informieren müsse und hat die Beklagte wegen eines Verstoßes gegen § 312d Abs. 1 S. 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG zur Unterlassung verurteilt. Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Revision eingelegt.

Die Frage, ob in einem solchen Fall eine Informationspflicht besteht, ist noch nicht abschließend geklärt und wurde bisher in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Sowohl das OLG Celle als auch das OLG Bamberg hatten eine entsprechende Informationspflicht verneint.

EuGH muss entscheiden

Der BGH hat das Verfahren nun ausgesetzt und dem EuGH drei Fragen zur Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. m VRRL (Verbraucherrechterichtlinie; RL 2011/83/EU), auf den die deutsche Umsetzung zurückgeht, vorgelegt.

Zunächst möchte das Gericht wissen, ob allein schon das Bestehen einer Herstellergarantie die entsprechende Informationspflicht auslöst. Falls dies nicht der Fall sein sollte, möchte der BGH beantwortet wissen, ob die Pflicht durch eine Erwähnung im Angebot des Unternehmers ausgelöst wird oder wenn die Erwähnung der Herstellergarantie für den Verbraucher ohne Weiteres erkennbar ist. Die dritte Vorlagefrage betrifft den Umfang der Information über die Garantie und ob diese Information dieselben Anforderungen erfüllen muss, die nach § 479 BGB an eine Garantieerklärung zu stellen sind, oder ob in diesem Fall weniger Informationen genügen.

Der Vorlagebeschluss liegt noch nicht im Volltext vor, der BGH hat jedoch bereits eine Pressemitteilung veröffentlicht.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union drei Fragen zur Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher zur Vorabentscheidung vorgelegt. Diese Vorschrift wird durch § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB nahezu gleichlautend in deutsches Recht umgesetzt. Zum einen soll durch den Gerichtshof der Europäischen Union geklärt werden, ob allein schon das bloße Bestehen einer Herstellergarantie die Informationspflicht nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83/EU auslöst oder – falls dem nicht so ist – die Informationspflicht durch die bloße Erwähnung einer Herstellergarantie im Angebot des Unternehmers ausgelöst wird oder dann, wenn die Erwähnung für den Verbraucher ohne weiteres erkennbar ist. Darüber hinaus ist fraglich, ob eine Informationspflicht auch besteht, wenn für den Verbraucher ohne weiteres ersichtlich ist, dass der Unternehmer nur Angaben des Herstellers zur Garantie zugänglich macht. Schließlich wird der Gerichtshof der Europäischen Union um Beantwortung der Frage gebeten, ob die nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83/EU erforderliche Information über das Bestehen und die Bedingungen einer Herstellergarantie dieselben Angaben enthalten muss wie eine Garantie nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, oder ob weniger Angaben genügen. Die zuletzt genannte Bestimmung ist durch § 479 Abs. 1 BGB in deutsches Recht umgesetzt worden.

Fazit

Sollte der EuGH eine entsprechende Informationspflicht annehmen, wären hiermit weitreichende Konsequenzen verbunden. Händler müssten nicht nur nach einer bestehenden Garantie recherchieren, sondern auch permanent überwachen, ob der Hersteller unter Umständen die Garantiebedingungen ändert und ihre Informationen hieran anpassen. Häufig werden ihnen hierzu jedoch keine direkten Informationen des Herstellers vorliegen. Zudem besteht die Gefahr, dass etwaige Garantieerklärungen der Hersteller fehlerhaft sind und der Verkäufer sich diese Fehler bei ungeprüfter Übernahme zurechnen lassen muss.

Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH in dieser Sache entscheiden wird.

Marian Weyo/Shutterstock.com

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