Händler von Elektrogeräten sind nach § 17 Abs. 1 ElektroG dazu verpflichtet, Elektroaltgeräte zurückzunehmen. Im Online-Handel muss diese Pflicht durch geeignete Rückgabemöglichkeiten in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endnutzer gewährleistet werden. Das LG Ingolstadt (Urt. v. 17.4.2020 – 2 HK O 1582/18) entschied nun, dass eine Rücksendemöglichkeit durch den Einsatz von Transortdienstleistern hierfür nicht genügt, wenn dieser bestimmte Elektroaltgeräte vom Transport ausnimmt.
Die Beklagte, die Saturn Online GmbH, vertreibt online Elektronikprodukte, darunter auch Leuchten und Lampen wie LED-Beleuchtungskörper und Energiesparlampen. Um ihrer Rücknahmepflicht für Elektroaltgeräte nachzukommen, verweist sie auf ihrer Homepage darauf, solche Altgeräte entweder in den 433 stationären Media-Markt- und Saturn-Märkten abzugeben oder diese mittels eines vorfrankierten, von dem jeweiligen Verbraucher auszudruckenden, DHL-Retouren-Labels an sie zu versenden. Hierzu schloss sie mit DHL einen entsprechenden Vertrag. Ergänzend zu den DHL-AGB gelten die „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“. Dort wird festgelegt, dass u.a. das „Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße“ (ADR) gilt. Aufgrund dieser Regelungen sind jedoch Beleuchtungskörper bzw. Leuchtmittel, insbesondere Energiesparlampen, die Quecksilber enthalten, von der Beförderung durch DHL als Retouren-Paket ausdrücklich ausgeschlossen. Die Klägerin, die Deutsche Umwelthilfe, war der Ansicht, dass allein die Möglichkeit der Rückgabe in den 433 stationären Märkten keine geeignete Rückgabemöglichkeit in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endnutzer darstelle und mahnte die Beklagte ab. Die geforderte Unterlassungserklärung gab sie jedoch nicht ab.
Das LG Ingolstadt entschied, dass die Beklagte gegen die Verpflichtung zur Schaffung von Rücknahmemöglichkeiten hinsichtlich gebrauchter Beleuchtungskörper verstoße, da DHL die Beförderung ausschließe und die Rückgabemöglichkeit in den stationären Märkten nicht ausreiche.
Das ElektroG bestimmt in § 17 Abs. 1 S. 1 für Vertreiber von bestimmten Elektro- und Elektronikgeräten bestimmte Rücknahmepflichten:
(1) Vertreiber mit einer Verkaufsfläche für Elektro- und Elektronikgeräte von mindestens 400 Quadratmetern sind verpflichtet,
1.bei der Abgabe eines neuen Elektro- oder Elektronikgerätes an einen Endnutzer ein Altgerät des Endnutzers der gleichen Geräteart, das im Wesentlichen die gleichen Funktionen wie das neue Gerät erfüllt, am Ort der Abgabe oder in unmittelbarer Nähe hierzu unentgeltlich zurückzunehmen, und
2.auf Verlangen des Endnutzers Altgeräte, die in keiner äußeren Abmessung größer als 25 Zentimeter sind, im Einzelhandelsgeschäft oder in unmittelbarer Nähe hierzu unentgeltlich zurückzunehmen; die Rücknahme darf nicht an den Kauf eines Elektro- und Elektronikgerätes geknüpft werden und ist auf fünf Altgeräte pro Geräteart beschränkt.
Nach § 17 Abs. 2 ElektroG gilt diese Pflicht auch für Online-Händler. In diesem Fall gelten als maßgebliche „Verkaufsfläche“ alle Lager- und Versandflächen für Elektro- und Elektronikgeräte. Die Rücknahme muss hier durch geeignete Rückgabemöglichkeiten in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endnutzer gewährleistet werden.
Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Beklagte über eine Lager- und Versandfläche von mindestens 400 m2 verfüge und damit der Rücknahmepflicht nach § 17 abs. 2 ElektroG unterliege. Die Rückgabemöglichkeit in den bundesweit 433 stationären Märkten genüge nicht den gesetzlichen Erfordernissen.
Durch diese Rückgabemöglichkeit ist nicht hinsichtlich des jeweiligen Endnutzers und damit hinsichtlich jedes denkbaren Endnutzers in der Bundesrepublik Deutschland gewährleistet, dass dieser in zumutbarer Entfernung zu seinem Wohnsitz ein Altgerät zurückgeben kann. Es ist gerichtsbekannt, dass die von der Beklagten bzw. ihrer Muttergesellschaft betriebenen stationären Märkte nicht flächendeckend über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt sind. Vielmehr sind diese Märkte überwiegend in mindestens als Mittelzentren zu qualifizierenden Städten angesiedelt. Damit besteht in weiten Teilen des Bundesgebietes für Verbraucher, die Fahrstrecken von 50 km und mehr auf sich nehmen müssen, um zu einem der genannten Märkte zu gelangen, keine zumutbare Rückgabemöglichkeit.
Auch die von der Beklagten angebotene Möglichkeit, Beleuchtungskörper als DHL Retoure an eine Entsorgungsstelle zu versenden, genüge nicht der gesetzlichen Rücknahmepflicht, da ihr Versand in den AGB ausgeschlossen wird.
Die Versendung alter gebrauchter Beleuchtungskörper, die gefährliche Stoffe enthalten, ist nach den dem Versand von Paketen über DHL zugrunde liegenden vertraglichen Bedingungen nicht zulässig. Maßgeblich sind dabei die „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“ und darin Teil 2, in welchem Regelungen für den nationalen Versand von Gefahrgut mit DHL Paket enthalten sind. […] Damit ist bereits nach 2 „Ausgeschlossene unzulässige Stoffe und Gegenstände „ 1. Am Ende der „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen der Versand von Leuchtmitteln, die gefährliche Stoffe nach ADR enthalten, durch ein DHL Retouren-Paket ausgeschlossen.
Damit war dem Unterlassungsantrag der Klägerin nicht in vollem Umfang, sondern nur teilweise stattzugeben.
Damit ist dem Unterlassungsantrag nur im tenorierten Umfang stattzugeben, da die Beklagte zumindest mit der Versandmöglichkeit per DHL-Retouren-Paket eine ausreichende Möglichkeit für Leuchtmittel gewährt, die keine gefährlichen Stoffe enthalten. Dies gilt jedoch nicht für Leuchtmittel, die, wie beispielsweise Energiesparlampen, gefährliche Stoffe, wie beispielsweise Quecksilber, enthalten, da diese nicht befördert werden dürfen.
Das Gericht stellt e zudem klar, dass es sich bei der Rücknahmepflicht nach § 17 ElektroG um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG handle.
§ 17 Abs. 1 Nummer 1, Abs. 2 Elektro- und Elektronikgesetz stellt auch eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG dar, die dem Schutz des Verbrauchers dient und geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 3a UWG nur noch begründen, wenn die betreffenden Regelungen eine Grundlage im Unionsrecht haben. Dies ist hier der Fall. Die Regelungen des § 17 Abs. 1, Abs. 2 Elektro- und Elektronikgesetz dienen der Umsetzung der Richtlinie 2012/19/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.07.2012 über Elektro- und Elektronikaltgeräte.
Online-Händler müssen die Rücknahme von Elektroaltgeräten durch geeignete Rückgabemöglichkeiten gewährleisten. Dies kann z.B. durch Kooperationen mit Paketdienstleistern oder dem stationären Einzelhandel erfolgen. Hierbei müssen Sie jedoch darauf achten, dass eine Rückgabe in zumutbarer Entfernung zu jedem erdenklichen Endnutzer gewährleistet ist bzw. der Versanddienstleister nicht bestimmte Elektrogeräte vom Versand ausschließt.
r.classen/Shutterstock.com