Nach der DSGVO hat jeder Betroffene das Recht zu erfahren, welche personenbezogenen Daten über ihn gespeichert werden. Auf Anfrage müssen Unternehmen und öffentliche Stellen Auskünfte erteilen, die den Voraussetzungen des Art. 15 DSGVO genügen. Das OLG München entschied nun, dass die Auskünfte nicht zur Vorlage bei Vermietern und Arbeitgebern geeignet sind und nicht in dieser Art beworben werden dürfen.

Geschäftsmodell Selbstauskunft

Die Beklagte bot auf ihrer Webseite an, im Namen der Kunden Selbstauskünfte auf Grundlage von Art. 15 DSGVO bei einer Kreditauskunftei anzufordern. Sie machte also die Auskunftsrechte der Betroffenen im Sinne der DSGVO für diese geltend. Der Service wurde in Form von Leistungspaketen angeboten. Je nach Variante war die Leistung entgeltfrei oder es war ein Jahresentgelt zu entrichten. Die Beklagte warb ausdrücklich damit, dass die Auskünfte zur Vorlage bei Arbeitgebern und Vermietern geeignet seien.

Das Landgericht München hielt diese Werbung zunächst für zulässig (Urt. v. 18.09.2018,: 1 HK O 9201/18). Das OLG München bewertete die Situation anders und stellte mit Urteil vom 04.04.2019 (29 U 3905/18) einen Wettbewerbsverstoß fest:

[Die Werbung] ist entgegen der Auffassung des LG im angegriffenen Urteil unlauter i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 1 UWG, denn sie ist gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG irreführend, weil sie zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der von den Antragsgegnern angebotenen Auskünfte enthält.

Auskunftsrecht der Betroffenen

Nach Art. 15 DSGVO haben Betroffene das Recht bei Unternehmen und öffentlichen Stellen zu erfahren, ob und welche Daten über sie gespeichert werden. So kann auch eine Kreditauskunftei dazu gezwungen werden, die gespeicherten Daten kostenlos zur Verfügung zu stellen. Zur Einholung dieser gesetzlichen Selbstauskünfte können auch Dritte bevollmächtigt werden.

Den Betroffenen ist es erlaubt, über ihre Selbstauskünfte und Daten frei zu verfügen. Sie können sie also auch ungeschwärzt an potentielle Vermieter oder Arbeitgeber weitergeben. Jedoch haben diese meist kein gerechtfertigtes Interesse oder gar einen Anspruch auf eine so umfassende Auskunft. Denn im Gegensatz zur klassischen Bonitätsauskunft umfasst die Selbstauskunft nach Art. 15 DSGVO alle gespeicherten Daten – unabhängig davon, ob sie für Dritte relevant sind oder nicht. Sie werden also nicht gefiltert oder leserfreundlich aufgearbeitet.

Im Gegenteil zeigen die […] Mieter-Bonitätsauskunft wie auch die seitens der Antragstellerin referierte Auffassung der DSK, dass eine gegenüber der Selbstauskunft nach Art. 15 DSGVO reduzierte Bonitätsauskunft den berechtigten Interessen Dritter hinreichend Rechnung trägt.

Vorteile bei Weitergabe?

Die Webseite suggerierte ihren Kunden jedoch einen Vorteil, der durch die Weitergabe der Selbstauskünfte nach Art. 15 DSGVO entstünde, indem sie ausdrücklich betonte, dass diese Auskünfte zur Vorlage bei Vermietern und Arbeitgebern geeignet sei. Das Unternehmen erweckte den Eindruck, dass sich Bewerber dadurch als besonders vertrauenserweckend kennzeichnen könnten und so bessere Chancen auf eine begehrte Wohnung oder Arbeitsplatz hätten:

Aufgrund der konkreten Darstellung wird dem angesprochenen Verkehr suggeriert, dass er sich durch diese über die beworbene Dienstleistung der Antragsgegnerin zu beziehende Selbstauskunft einen Vorteil gegenüber potentiellen Vermietern oder Arbeitgebern verschaffen könne, in dem durch die Weitergabe einer solchen Selbstauskunft an diese Dritten Vertrauen geschaffen würde, sich die Chancen “auf ihre Traumwohnung” erhöhen würden oder die Bewerbungsunterlagen für eine neue Arbeitsstelle sinnvoll und vertrauensbildend “vervollständigt” werden könnten.

Das OLG München macht mit diesem Urteil klar, dass ein solcher Vorteil durch die Auskunft nach Art. 15 DSGVO gerade nicht besteht:

Dieser in Bezug auf Vermieter und Arbeitgeber derart in den Vordergrund gestellte Vorteil der Geeignetheit der Selbstauskunft nach Art. 15 DSGVO besteht indes in dieser Art tatsächlich nicht, sondern hat mit Sinn und Zweck einer Selbstauskunft nach dieser Vorschrift schlicht nichts zu tun.

Funktion der Selbstauskunft nach Art. 15 DSGVO

Eine Selbstauskunft nach Art. 15 DSGVO sei demnach nicht dazu geeignet, sich im privatwirtschaftlichen Verkehr Vorteile zu verschaffen, sondern diene vielmehr der Geltendmachung des persönlichen Auskunftsrechts. Die betroffene Person soll sich die Verarbeitung ihrer Daten bewusst machen und die Rechtmäßigkeit des Vorgangs überprüfen können.

Das Gericht stellte zudem fest, dass der Durchschnittsverbraucher nicht hinreichende Kenntnis über die Bedeutung der gesetzlichen Selbstauskunft nach Art. 15 DSGVO hätte. Er könne die Bedeutung der enthaltenen Daten und seine Rechten und Pflichten in Bezug auf diese nicht einordnen. Vielmehr verließe er sich auf die von der Werbung ausgelobten Vorteile, die so ja nicht bestünden.

Dadurch, dass die Antragsgegner die streitgegenständliche Geeignetheit der beworbenen Selbstauskunft wie geschehen herausstellen, schreiben sie der Selbstauskunft dem nach Vorteile zu, die sie in dieser Form nicht hat, sondern für den Kunden letztlich die nicht offengelegte Obliegenheit bleibt, selbst zu überprüfen, ob und inwieweit die so erholte Selbstauskunft tatsächlich zur Weitergabe an Vermieter und/oder Arbeitgeber geeignet und erforderlich ist.

Fazit

Die Werbung mit Auskünften nach Art. 15 DSGVO, denen die gleichen Vorteile wie Bonitätsauskünften von gängigen Kreditauskunfteien zugeschrieben werden, ist irreführend und wettbewerbswidrig.

Das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht  soll lediglich sicherstellen, dass der Betroffene den Umfang und Inhalt der gespeicherten personenbezogenen Daten beurteilen kann und dient nicht zur Vorteilsverschaffung gegenüber Dritten.

r.classen/Shutterstock.com

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