Bereits im August 2016 beschäftigten wir uns hier im Blog ausführlich mit dem Dash-Button von amazon aus rechtlicher Sicht. Die Einschätzung damals war vernichtend. An keine einzige verbraucherschützende Vorschrift hält sich amazon mit dem Button. Das LG München hat jetzt ein Urteil zu dieser Frage gefällt.
Das LG München I (Urt. v. 1.3.2018, 12 O 730/17) hat entschieden, dass der amazon Dash-Button gegen deutsches Recht verstößt.
Es fehle an einer klaren Information über den Warenpreis und über die wesentlichen Merkmale der Ware.
Außerdem fehle es an einer eindeutigen Beschriftung des Buttons, die die Zahlungspflichtigkeit der Bestellung klar macht. Dies ist aber seit 1. August 2012 Pflicht (sog. Button-Lösung).
Es sei nicht ausreichend, dass diese Informationen nach dem Drücken des Buttons per Mail an den Verbraucher gesendet werden.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Rechtslage ist aber eindeutig, sodass nicht zu erwarten ist, dass ein anderes Gericht das anders sehen wird.
amazon lässt über seine PR-Agentur mitteilen, dass man gegen das Urteil Berufung einlegen will:
"Innovation steht im Mittelpunkt unserer andauernden Mission, das Einkaufserlebnis für Amazon-Kunden auf der ganzen Welt zu verbessern. Dash Buttons sind ein Paradebeispiel dafür und bieten dem Kunden eine völlig neue und besonders komfortable Möglichkeit, Dinge des täglichen Bedarfs zu bestellen. Der Schutz der Kundenrechte ist uns sehr wichtig und wird durch den Dash Button gewährleistet. Wir sind davon überzeugt, dass der Dash Button und die dazugehörige App im Einklang mit der deutschen Gesetzgebung stehen und dass es dem Kunden erlaubt sein sollte, selbst eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, wie er einkaufen will. Das Feedback, das wir in Deutschland und Österreich erhalten haben, zeigt, dass die Kunden diese neue und innovative Art des Einkaufs schätzen. Daher werden wir gegen die Entscheidung des Landgerichts München Berufung einlegen."
Warten wir also ab. Wie oben schon geschrieben, ist aber zu erwarten, dass das OLG München die Entscheidung bestätigen dürfte.
Ich habe die Informationen über das aktuelle Urteil als Update zu einem Artikel vom August 2016 vorangestellt. Nachfolgend finden Sie noch einmal meine vollständige rechtliche Einschätzung zum Dash-Button von damals:
Der Dash-Button ist ein kleines Gerät, das man z.B. an der Kaffeemaschine befestigen kann. Stellt man dann fest, dass der Kaffee leer ist, drückt man auf den Button und schon hat man neuen Kaffee bestellt.
Auf jedem Dash-Button steht die Marke drauf, damit man nicht was anderes bestellt, als man eigentlich will.
Aktuell unklar ist, ob über den Dash-Button nur Bestellungen bei amazon direkt ausgeübt werden können oder ob evtl. auch Online-Händler, die über amazon Produkte verkaufen, von dem Button betroffen sein werden. Letzteres wäre eine große Gefahr für Online-Händler.
Der Dash-Button ist mit der amazon-App auf dem Smartphone verknüpft. Für eine Bestellung muss man das Smartphone aber nicht mehr in der Hand haben. Ein Knopfdruck genügt und die Bestellung ist ausgeführt.
Online-Händlern ist bekannt, dass das deutsche E-Commerce-Recht sehr streng ist. Es gibt unzählige Pflichtinformationen, die erfüllt werden müssen. Schauen wir uns das im Einzelnen an:
Auf dem Button steht lediglich die Marke des Produktes drauf, welches man über einen Druck auf den Dash-Button bestellt. Also z.B. ORAL B, GILETTE, PEDIGREE.
Damit wird die Pflicht, die wesentlichen Merkmale der Ware anzugeben nicht erfüllt. Denn nur die Nennung der Marke sagt nichts über das zu bestellende Produkt aus.
Man könnte hier argumentieren, dass der Verbraucher den Button ja über die App konfiguriert hätte.
Das mag sein, die Pflichtinformationen gelten aber für jede Bestellung neu. Eine vorherige Konfiguration genügt nicht.
Es fehlt außerdem die Angabe des Kaufpreises. Sowohl die Preisangabenverordnung wie auch die fernabsatzrechtlichen Pflichten sehen vor, dass der Händler Gesamtpreise zu nennen hat.
Außerdem muss die Information erfolgen, dass der Preis die Mehrwertsteuer enthält und ob Versandkosten anfallen. Sofern Versandkosten anfallen, muss deren genaue Höhe genannt werden.
Da die Versandkosten nicht genannt werden, muss der Verbraucher bei Bestellungen über den Dash-Button gemäß § 312e BGB diese auch nicht bezahlen.
Nach einem Bericht auf heise.de ändern sich die Preise von Bestellung zu Bestellung.
Hundefutter, Kaffee, Waschmittel - alles Beispiele für Waren, bei denen ein Grundpreis anzugeben ist. Auch diese Angabe fehlt beim Dash-Button.
Das Gesetz verpflichtet Online-Händler außerdem einen Termin anzugeben, bis zu dem die Ware geliefert wird. Auch diese Information findet sich nicht bei der Abgabe der Bestellung.
In der FAZ wird berichtet:
"Sollte das Kind Geschirrspültabs geordert haben, obwohl die Schachtel noch voll ist, können Kunden kostenfrei stornieren."
Selbstverständlich kann man das, dafür gibt es in Deutschland das Widerrufsrecht. Und der Verbraucher kann sich beim Dash-Button auch sehr lange Zeit lassen. Da er nicht über das Widerrufsrecht belehrt wird, steht ihm ein Widerrufsrecht mit einer Frist von einem Jahr und 14 Tagen ab Lieferung zu.
Er kann das Produkt in der Zeit sogar nutzen, denn Wertersatz muss er keinen zahlen - denn hierfür wäre eine korrekte Widerrufsbelehrung Voraussetzung.
Es gibt zahlreiche Produkte, bei denen bereits im Online-Shop spezifische Pflichtinformationen erfüllt werden müssen. Diese finden sich selbstverständlich auch nicht auf dem Button. Hier drohen nicht nur Abmahnungen, sondern auch hohe Bußgelder.
Online-Händler haben dem Verbraucher spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs:
Bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr ist der Verbraucher unmittelbar bevor er eine Bestellung abgibt klar und deutlich, in hervorgehobener Weise auf folgende Informationen hinzuweisen:
sowie weitere Informationen bei Dauerschuldverhältnissen oder Abos.
Da diese nicht erfüllt werden (siehe oben), ein weiterer Verstoß gegen Verbraucherschutzvorschriften.
Diskutieren kann man auch, ob der Dash-Button eine "Schaltfläche" im Sinne der Button-Lösung ist. Man kann dies durchaus vertreten. Dann müsste der Button aber mit nichts anderem als den Worten "zahlungspflichtig bestellen" oder einer entsprechend eindeutigen Formulierung beschriftet sein.
Da dies nicht der Fall ist, kommt nach § 312j Abs. 4 BGB kein Vertrag zu Stande. Der Kunde kann also so oft er will auf den Dash-Button drücken, zahlen muss er nicht.
Aktuell sieht es so aus, als ob die Produkte nur bei amazon direkt bestellt werden können. Vorstellbar ist aber, dass in Zukunft auch Online-Händler, die amazon Marketplace nutzen, von dem amazon Dash-Button betroffen sein werden.
Wenn dies kommt, haftet der einzelne Online-Händler für alle oben aufgeführten Verstöße selbst.
Der Verbraucher kauft den amazon Dash-Button muss diesen dann über die App konfigurieren. Man könnte argumentieren, dass man damit eine Art Rahmenvertrag über die zukünftigen Bestellungen schließt und es reicht, wenn amazon die Pflichtinformationen in diesem Rahmenvertrag bereithält.
Wahrscheinlicher ist aber, dass die Gerichte eine solche Ausgestaltung eines Rahmenvertrages als Versuch der Umgehung der fernabsatzrechtlichen Vorschriften gemäß § 312k BGB werten werden.
Der Rahmenvertrag wäre wohl auch hinfällig, sobald sich Bedingungen ändern, wie z.B. der Preis eines Produktes.
Auf's Knöpfchen drücken und schon ist bestellt - klingt einfach, aber so ist es nicht. Die europäische Rechtslage lässt das Modell "amazon Dash-Button" aktuell nicht zu. Über ein solches Modell wird das sehr hohe Verbraucherschutzniveau umgegangen. Bleibt für Online-Händler zu hoffen, dass der Dash-Button nicht für Marketplace-Händler gilt, die Abmahner würden sich die Hände reiben. (mr)
Abmahnradar Juni & Juli 2024
Bundesrat will DSGVO-Abmahnungen komplett verbieten
Abmahnradar April 2024