Werden Unternehmen online schlecht bewertet, bestehen nicht viele Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren. Ein Unternehmer hat jetzt aber vor dem LG Hamburg erfolgreich für die Löschung einer negativen Bewertung bei Google gekämpft.
Das LG Hamburg (Urt. v. 12.1.2018, 324 O 63/17) musst sich mit der Frage beschäftigen, ob ein Unternehmer einen Anspruch auf Löschung einer 1-Stern Bewertung über Google hat. Der Unternehmer betreibt ein Gasthaus und wurde bei Google von einer Nutzerin "A.K." mit nur einem Stern bewertet. Einen Kommentar hinterließ die Bewertende nicht.
Der Unternehmer forderte von Google, die Kundeneigenschaft der Nutzerin "A.K." zu prüfen oder anderenfalls die Bewertung zu löschen. Google teilte dem Unternehmer mit, dass die Bewertung nicht gegen Richtlinien von Google verstoße und daher eine Löschung nicht vorgenommen werde.
Der Unternehmer argumentierte vor Gericht, es läge eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vor. Denn es lasse sich nicht feststellen, dass die Bewertende jemals Kundin in seinem Gasthaus gewesen sei.
"Der Leser gehe mithin davon aus, dass die Bewerterin eine Kundin seines, des Klägers, Gasthauses gewesen sei und ihre Bewertung auf die dort erlebten, tatsächlichen Erfahrungen stütze. Fernliegend sei hingegen ein Verständnis, dass die Bewerterin keinerlei Berührungspunkte mit dem Gasthaus gehabt habe. Dieses Verständnis decke sich mit den Richtlinien der Beklagten für Rezensionen, in denen es - unstreitig - heißt: „Eine Rezension muss Ihre tatsächliche Erfahrung mit einem Unternehmen wiederspiegeln. Veröffentlichen Sie Rezensionen nicht, um die Bewertung (in Sternen) eines Unternehmens zu beeinflussen.“ Bei der vorliegenden Ein-Stern-Bewertung handele es sich zwar um eine Meinungsäußerung, diese sei jedoch mangels tatsächlicher Anknüpfungspunkte unzulässig."
Aufgrund des Profilnamens "A.K." konnte er dieses Profil keinem seiner Kunden zuordnen.
Zunächst erkannte das Gericht, dass es sich bei einer Bewertung auch in Form von einem Stern um eine Meinungsäußerung handelt. Und Meinungsäußerungen sind vom Grundgesetz geschützt.
"Zwar genießen Meinungsäußerungen einen sehr weiten Schutz.
Bei wertenden Äußerungen treten die Belange des Persönlichkeitsschutzes gegenüber der Meinungsfreiheit grundsätzlich zurück, es sei denn, die in Frage stehende Äußerung stellt sich als Schmähkritik oder Formalbeleidigung dar oder enthält einen Angriff auf die Menschenwürde des Betroffenen.
In anderen Fällen bedarf es einer abwägenden Prüfung im Einzelfall, ob die Vermutung für die Freiheit der Rede durch gegenläufige Belange des Persönlichkeitsschutzes überwunden wird.
Die zugunsten der Beklagten streitende Meinungsäußerungsfreiheit findet jedoch - soweit es um Äußerungen in den Medien geht - dort ihre Grenze, wo es für eine bestimmte und einen anderen belastende Meinung schlechthin keine tatsächlichen Bezugspunkte gibt.
Fehlen also tatsächliche Bezugspunkte, auf die sich eine Meinung stützt oder sind die tatsächlichen Bezugspunkte unwahr, muss die Meinungsfreiheit regelmäßig gegenüber dem kollidierenden Schutzgut zurücktreten."
Von diesen Grundsätzen ausgehend, so das Gericht weiter, lag vorliegend eine unzulässige Meinungsäußerung vor.
Das Gericht ging davon aus, dass kein Kundenkontakt stattgefunden hatte und deswegen die Nutzerin "A.K." hätte keine Bewertung abgeben dürfen. Der Kläger konnte dem Gericht glaubhaft machen, dass die Nutzerin keine Kundin von ihm war.
"Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass nicht jeder Gast in Auftragsbüchern oder Rechnungen erfasst wird, da eine Vielzahl der Gäste anonym bleiben dürfte. Jedoch ist nicht ersichtlich, dass der Kläger vorliegend mehr hätte tun können, als Rechnungen und Aufträge zu durchsuchen und seine Mitarbeiter zu befragen, um herauszufinden, ob die Nutzerin tatsächlich einmal Gast bei ihm gewesen ist. Da die Begründung nicht mit einem Freitext versehen ist, in dem beispielsweise Details des behaupteten Besuches offenbart werden, fehlt es für den Kläger an weiteren Anhaltspunkten, mithilfe derer er einen Besuch der Nutzerin darüber hinaus hätte überprüfen können."
Unternehmer sollten sich nicht auf die Entscheidung des LG Hamburg "verlassen". Es gibt auch Gerichte, die dies anders sehen. Außerdem sollte man wissen, dass Entscheidungen des LG Hamburg und auch des OLG Hamburg schon häufiger vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben worden sind, weil die Gerichte dort ein sehr eigenes Verständnis der verfassungsrechtlich garantierten Meinungsfreiheit hatten.
Neben der Möglichkeit, frei zu bewerten, können Kunden natürlich auch eigene Systeme, die der Händler anbietet, zur Bewertung nutzen. Hier ist - wie zum Beispiel beim Bewertungssystem von Trusted Shops, die Bedingung, dass der Bewertende wirklich eingekauft haben muss, um eine Bewertung abzugeben. In diesen Fällen kann sehr leicht nachgewiesen werden, ob eine Bewertung wirklich von einem Kunden stammt oder nicht. (mr)
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