Online-Händler sind dazu verpflichtet, die voraussichtliche Lieferzeit anzugeben. Dabei ergeben sich nicht selten Schwierigkeiten wegen Problemen in der Logistik. Allerdings gibt es auch in diesem Fall gewisse Regeln zu befolgen. Das musste nun auch ein großer Unterhaltungselektronik-Händler feststellen.
Das LG München I (Urt. v. 17.10.2017, 33 O 20488/16) hatte die Frage zu entscheiden, ob “Artikel bald verfügbar” eine ausreichende Lieferzeitangabe in einem Online-Shop darstellt.
Der Betreiber eines Online-Shops für Unterhaltungselektronik hatte bei einem Produkt die Angabe “Der Artikel ist bald verfügbar. Sichern Sie sich jetzt Ihr Exemplar!” verwendet. Der Kunde konnte das Produkt aber in den Warenkorb legen und den Bestellprozess ganz normal durchlaufen und am Ende seine Bestellung platzieren.
Eine Information, wann das Gerät geliefert werde, erhielt der potentielle Kunde nicht.
Nachdem eine ausgesprochene Abmahnung erfolglos geblieben war, zog der Kläger vor Gericht, um seinen Unterlassungsanspruch durchzusetzen.
Nicht verbraucherfreundlich
In seiner Verteidigung vertrat der Beklagte die Ansicht, dass eine derart vage Angabe besonders verbraucherfreundlich sei. Ohne diese Angabe müsse der Verbraucher ständig aufs Neue die Seite besuchen, um sich über die Lieferbarkeit des Produkts zu informieren. Durch den Hinweis auf “baldige Verfügbarkeit” könne er den Artikel aber bereits bestellen und müsse nichts weiter tun als auf die Lieferung zu warten.
Andernfalls wäre es beispielsweise auch sowohl für Hersteller als auch für Händler unmöglich, Neuerscheinungen anzubieten, bevor diese tatsächlich auf Lager sind.
Außerdem sei es bei bestimmten Produkten, die auf Grund ihrer Beliebtheit vergriffen sind, gar nicht so wichtig für den Kunden, das genaue Lieferdatum zu kennen. Es gehe vielmehr um das Produkt selbst.
Über dies sei es im Online-Handel übliche Praxis, Produkte anzubieten, die am Bestelltag nicht auf Lager seien.
Lieferzeit ist Pflichtinformation
Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht. Das lag schon daran, dass das Gesetz etwas völlig anderes vorschreibt, als der Beklagte hier argumentierte.
“Durch die geforderten Informationen soll der Verbraucher in die Lage versetzt werden, eine informierte und seinen Interessen gerechte Entscheidung im Hinblick auf den Vertragsschluss zu treffen.
Die geforderten Angaben zu den Liefer- und Leistungsbedingungen müssen alle diesbezüglichen Informationen enthalten, die die Entscheidung eines durchschnittlichen und vernünftigen Verbrauchers über den Vertragsschluss beeinflussen können. Hierzu zählt insbesondere der (späteste) Liefertermin.
Abweichend vom Wortlaut kann der Unternehmer auch einen Lieferzeitraum angeben, wenn er sich nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt festlegen will.”
Außerdem sei – so das Gericht – die Ausgestaltung der Beklagten gerade nicht besonders verbraucherfreundlich.
“Anders als die Beklagte geltend macht, ist die streitgegenständliche Gestaltung gerade nicht „in besonderem Maße verbraucherfreundlich“, weil nämlich der Verbraucher vertraglich gebunden wird, ohne über vertragswesentliche Informationen zu verfügen.
Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass sich der Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen durch Ausübung seines gesetzlichen Widerrufsrechts vom Vertrag lösen kann; dies setzt allerdings ein erneutes Tätigwerden des Verbrauchers voraus.
Ein solches Tätigwerden wird aber bei verbreiteten alternativen Gestaltungen, wie etwa bei unverbindlichen Reservierungen, gerade nicht erforderlich.
Aus Verbrauchersicht erfüllen derlei Gestaltungen aber den gleichen Zweck, nämlich umgehende Information und Bezugsmöglichkeit bei Verfügbarwerden der gewünschten Ware, ohne freilich von vornherein eine vertragliche Bindung faktisch zu manifestieren.”
Update: OLG München bestätigt
Die Verbraucherzentrale gab mit ihrer Pressemitteilung vom 9.7.2018 bekannt, dass das OLG München mit Urteil vom 17.5.2018 (6 U 3815/17) die Entscheidung des Landgerichts bestätigt hat.
Eine Revision ist nicht zugelassen, allerdings kann der Beklagte noch Beschwerde einlegen. Bis dahin ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
Auf eine Anfrage der Internetseite golem.de äußerte sich eine Sprecherin des Beklagten hierzu wie folgt:
“Grundsätzlich erhalten die Kunden des [Onlineshops] genaue Lieferangaben zu den jeweiligen Produkten.
Der Hinweis ‘Der Artikel ist bald verfügbar’ wurde früher bei Artikeln, die noch nicht lieferbar waren, verwendet.
Das ist jedoch seit Januar 2017 nicht mehr der Fall.”
Eine Beschwerde seitens des Beklagten ist daher nicht zu erwarten.
Fazit
Angaben zur Lieferzeit sind genau zu machen. Der Verbraucher muss wissen, wann die Ware bei ihm ankommt. Kann über ein Produkt noch keine Aussage über die Lieferzeit gemacht werden, darf man es auch nicht im Shop zum Kauf anbieten.
In solchen Fällen sollte man den Warenkorb-Button in ein “Informieren-Button” umwandeln. Sobald das Produkt dann wieder verfügbar ist, wird der Interessent darüber informiert und kann dann die Ware bestellen. (mr)
Bildnachweis: Michal Kalasek/shutterstock.com
Hallo,
ist natürlich alles richtig und logisch.
Leider ist die Shop-Software nicht immer so einfach zu bedienen (= selbst umprogrammieren) oder bringt solche Funktionen von Haus aus leider nicht mit und wenn man sich dann nicht mit der Programmierung auskennt, wird es teuer, entsprechende Funktion hinzuzufügen.
Beispiel
Nicht vorrätige Ware (rote Lieferampel) kann auch nicht bestellt werden. Man kann einige Shops aber auch so einrichten/einstellen, daß dieser Artikel praktisch als Reservierung bestellt werden kann (wie auch oben im Beispiel).
Einen “Informieren”-Knopf gibt es nicht.
Hat auch zur Folge, daß Kunden Artikel bestellen, die z.B. gar nicht mehr lieferbar sind, aber zur reinen Information und aus lauter Höflichkeit im Shop noch drin stehen.
Selbstverständlich, mit einem riesen großen Hinweis, daß der Artikel nicht mehr lieferbar ist und was glauben Sie, was die lieben Kunden dann machen? Richtig – sie drücken auf den “kaufen”-Knopf und zahlen schnell mit PayPal, mit der Meinung/Hoffnung – “Super, hat doch geklappt”.
Hier sollte die “Schuld” nicht unbedingt auf den Händler abgewälzt werden (der ist natürlich auch irgendwo Schuld), sondern hier sollten eher die Shophersteller mehr in die Mangel genommen werden und solche Funktionen (kostenfrei) anbieten (bezahlbare Funktionen gibt es aber auch und manchmal einfach wieder für den kleinen Händler unbezahlbar für solch eine Spielerei).
Solange es hier keine Gesetze gibt, setzen die Shopbetreiber “meist” auch nichts um (manchmal müssen die auch erst überzeugt werden, “daß” irgendeine Idee sinnvoll ist) und dann geht es zu Lasten der Händler/Verkäufer. Klar, jeder will etwas verdienen.
Zeigt aber sehr schön, wie logisch für uns Menschen die Welt immer wieder ist, aber Software und Maschinen schaffen es nicht immer sofort, unsere Logik auch zu verstehen und umzusetzen, das ist meist leider nicht immer so einfach.
Herzliche Grüße
Nils
Das ist genau unsere Erfahrung: Artikel, die als nicht lieferbar gekennzeichnet sind werden besonders schnell bezahlt. Leider werden sie dadurch nicht besser lieferbar.
Uns ist nicht klar, was in den Kunden da so vorgeht…
Beste Grüsse
Ralf
Komischerweise ist das bei Amazon auch gang und gäbe…
Seit zwei Wochen habe ich dort zwei verschiedene Artikel bestellt, bei denen nicht klar ist, wann sie geliefert werden.
Manchmal habe ich den Eindruck, abgemahnt werden nur die kleinen, um sie kaputt zu machen.
Aus rechtlicher Sicht sollten Sie sich an amazon kein Vorbild nehmen.
@Nils
…sondern hier sollten eher die Shophersteller mehr in die Mangel genommen werden und solche Funktionen (kostenfrei) anbieten…
Ich weiß ja nicht wer Ihr Anbieter Ihres Shops ist. Aber warum sollte der Shophersteller/Programmierer dies kostenlos anbieten? Ein Shop sollte bei Kauf rechtskonform sein.
Aber danach, woher soll der Programmierer wissen was als nächstes für Gesetze und Vorschriften erlassen werden. Einen Shop auf die jeweilige Rechtskonformität abzuändern kann mal sehr schnell gehen aber manchmal auch ein komplettes umprogrammieren auf hunderten Script-Seiten bedeuten. Warum soll also der Shophersteller das kostenlos machen.
Zumal, es gibt diverse Anbieter die ein Abo anbieten. Man zahlt also einen Betrag X pro Monat und erhält dafür immer die neuesten Updates. Und andere Anbieter, bieten Updates für Ihre Shops an, die jeweils wenn der Kunde sie haben will, einzeln bezahlt werden müssen.
Hi.
Hab vor 3 Monaten bei Amazon bestellt. Während des bestellprozess ging die Lieferzeit auf bald verfügbar. Da es zur „Schnäppchenpreiszeit“ war will ich nicht stornieren. Amazon kann nach Rückfrage immer noch keine Lieferzeit nennen.
Wie kann ich Amazon in Lieferverzug setzen?
Lg
Schriftlich eine Frist zur Lieferung setzen