BGH kritisiert Praxis von Vergleichsportalen als wettbewerbswidrig

Vergleichsportale sollen dem Verbraucher dazu dienen, die besten Angebote zu finden. Die Praxis sieht jedoch so aus, dass die Portale oft die nach ganz oben stellen, die dem Portal am meisten zahlen, ohne dass der Verbraucher davon etwas weiß. Eine Praxis, die der BGH so jetzt untersagt hat.

Der BGH (Urt. v. 27.4.2017, I ZR 55/16) hatte über eine Preisvergleichsseite zu urteilen. Über diese konnten Bestattungsunternehmer ihre Dienstleistungen bewerben.

An erster Stelle stand aber nicht zwangsläufig der günstigste Anbieter. Vielmehr wurden nur Unternehmen gelistet, die im Falle eines Vertragsschlusses eine Provision an den Plattformanbieter zahlten.

Das verstößt gegen das Wettbewerbsrecht, hat der BGH entschieden. Der Verbraucher müsse über diesen Umstand genau informiert werden, das gehöre zu den wesentlichen Informationen der Dienstleistung. Nur so könne der Verbraucher eine informierte Entscheidung treffen.

Provisionszahlung ist wesentliche Information

Das Berufungsgericht ging noch davon aus, dass die Verpflichtung zur Zahlung einer Provision an den Plattformanbieter keine wesentliche Information, die der Verbraucher benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen.

"Dem Durchschnittsverbraucher sei zuzumuten, auch an anderen Stellen Recherchen nach günstigeren Anbietern vorzunehmen. [...]

Die Kalkulationsgrundlage eines Unternehmens sei intern, habe den Verbraucher nicht zu interessieren und interessiere ihn auch nicht. Eine Umlage des Preises sei auch keinesfalls zwingend.

Gleichermaßen denkbar sei, dass Anbieter Anteile ihrer Gewinnmarge an die Beklagte zu 1 abzugeben bereit seien. Das Preisvergleichsportal erwecke nicht den Eindruck, allumfassend, repräsentativ oder neutral zu sein.

Schließlich ändere die Beurteilung ebenfalls nicht, dass die Inanspruchnahme von Bestattungsdienstleistungen eine äußerst seltene Dienstleistung sei, die häufig aus einer emotional belastenden Lage heraus entschieden werde.

Der Verbraucher sei in der Lage, auch ohne Offenbarung der Provisionsvereinbarung auf die Idee zu kommen, dass es von Nutzen sein könne, weitere Angebote am Markt ausfindig zu machen."

Diese Einschätzung hielt einer rechtlichen Nachprüfung durch den BGH nicht stand.

Der Verbraucher gehe davon aus, so der BGH, dass sich Vergleichsportale von Werbung finanzieren, nicht aber über Provisionen, die von den angezeigten Unternehmen bei Vertragsschluss gezahlt werden muss.

"Mit einer Beschränkung der Vergleichsgrundlage durch den Ausschluss von Anbietern, die mit dem Betreiber des Portals keine Provisionsabrede getroffen haben, rechnet der Verbraucher in der Regel unabhängig davon nicht, ob sich die Suchmaschine ausdrücklich als "neutral" oder "unabhängig" bezeichnet.

Der Verbraucher geht regelmäßig auch nicht davon aus, dass der Betreiber eines Preisvergleichsportals ein konkretes wirtschaftliches Interesse am Vertragsabschluss im Einzelfall besitzt."

Information ist von erheblichem Interesse

Die Information darüber, dass das Portal nur zahlende Unternehmen anzeigte, sei eine Information von erheblichem Interesse, so der BGH weiter.

"Diese Information ist für den Verbraucher von erheblichem Interesse, weil sie sein er andernfalls bestehenden Erwartung nicht entspricht, der Preisvergleich umfasse weitgehend das im Internet verfügbare Marktumfeld und nicht nur eine gegenüber der Beklagten zu 1 vertraglich gebundene Auswahl von Anbietern.

Gleiches gilt für den Umstand, dass die Beklagte zu 1 ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Vertragsabschluss besitzt, weil der Verbraucher ein solches Eigeninteresse im Falle eines Preisvergleichsportals regelmäßig nicht vermutet. Die Information über die Provisionspflicht der Anbieter ist auch deshalb von erheblichem Interesse für den Verbraucher, weil die Möglichkeit besteht, dass sie sich auf die Höhe der im Preisvergleichsportal aufgeführten Angebotspreise auswirkt."

Keine Geheimhaltungsinteressen

Das Erteilen der Information, dass das Portal eine Provision erhält, verstößt auch nicht gegen berechtigte Geheimhaltungsinteressen des Portalbetreibers. Denn er muss lediglich mitteilen, dass Provisionen fließen und nicht die genaue Höhe.

"Der Verbraucher benötigt die Information, dass in den Vergleich ausschließlich solche Anbieter einbezogen werden, die sich für den Fall des Vertragsschlusses zur Zahlung einer Provision verpflichtet haben, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG).

"Geschäftliche Entscheidung" bedeutet nach der Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden.

Nur wenn der Verbraucher im Streitfall darüber informiert wird, dass in den Preisvergleich der Beklagten zu 1 ausschließlich zur Zahlung einer Provision bereite und verpflichtete Anbieter einbezogen werden, kann er die Aussagekraft des Preisvergleichs angemessen beurteilen und sich gegebenenfalls entscheiden, noch weitere Preisinformationen einzuholen."

Fazit

Der BGH hat hier die Pflicht des Preisportals konkretisiert. Ob die einzelnen Händler aber auch in der Pflicht sind, diese Information zu erteilen, musste der BGH nicht entscheiden. (mr)

 

29.11.17