Das LG Hamburg hat eine neue Abmahnfalle für alle Webseiten-Betreiber eröffnet: Wer Links auf fremde Seiten setzt, haftet für dort begangene Rechtsverletzungen. Das Gericht legt dem Linksetzenden harte Prüfpflichten auf. Eine Befreiung von der Haftung ist nur sehr schwer möglich.

Das LG Hamburg (Beschl. v. 18.11.2016, 310 O 402/16) hat entschieden: Wer einen Link auf eine Seite setzt, auf der Urheberrechtsverletzungen begangen werden, begeht selbst eine Urheberrechtsverletzung.

Fotoveröffentlichung ohne Genehmigung

Was war geschehen?

Ein Fotograf entdeckte im Internet eine Website, auf der eines seiner Bilder verwendet wurde, ohne dass er dazu seine Zustimmung erteilt hatte. Eine klare Urheberrechtsverletzung.

Der Fotograf fand aber noch die Webseite eines Dritten, auf der sich ein Link auf die Website mit dem unberechtigt genutzten Foto befand. Auf dieser Website war das Foto selbst nicht verwendet worden, sondern lediglich ein Link auf die Seite gesetzt, auf der das Foto abgebildet war.

Nach der neuesten EuGH-Rechtsprechung kann auch diese Verlinkung eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Der Fotograf wollte dies in einer Art Musterprozess vor einem deutschen Gericht geklärt wissen und mahnte den Betreiber der Website, die auf das Bild lediglich verlinkte, ab.

Das LG Hamburg entschied nun – dem EuGH folgend – dass die bloße Verlinkung auf eine urheberrechtsverletzende Seite ebenfalls eine Urheberrechtsverletzung darstellt.

Dies gelte zumindest dann, wenn die Website, von der aus verlinkt wird, mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird.

Unwissenheit schützt nicht

Dass der Linksetzende nicht wusste, dass das Bild ohne Einverständnis veröffentlicht wurde, schützte ihn nicht. Das Gericht führt dazu aus:

“Dass der Antragsgegner vorliegend nicht wusste, dass die verlinkte Zugänglichmachung rechtswidrig erfolgte, beruht auf seinem Verschulden; ihm ist diesbezüglich bedingter Vorsatz vorzuwerfen.

Die ihm zumutbaren Nachforschung zur Frage der Rechtmäßigkeit der Zugänglichmachung hat der An­tragsgegner in vorwerfbarer Weise unterlassen. Der Antragsgegner hat selbst in seinem Schreiben vom 07.10.2016 (Anlage ASt 9) erklärt:

“Allerdings wäre ich nicht im Entferntesten auf die Idee gekommen, beim dortigen Seitenbetreiber nachzufragen, ob er die entsprechenden Rechte zur Veröffentlichung hat, oder sonstige Nachforschungen zu den urheberrechtlichen Hintergründen des Bildes anzustellen. Das sah ich nicht als meine Aufgabe als Linksetzender an.”

Der Antragsgegner führt weiter aus, dass er vom zitierten EuGH-Urteil Kenntnis gehabt habe, aber auch dieses nicht zum Anlass für Nachforschungen genommen habe, weil er es für grundgesetzwidrig und für mit der EU­Grundrechtecharta unvereinbar halte.

Diese Ausführung belegen zur Überzeugung der Kammer, dass der Antragsgegner die Rechtswidrigkeit der verlinkten Zugänglichmachung der Umgestaltung zumin­dest billigend in Kauf genommen hat.”

Zumutbare Nachforschung

Wer seine Website also mit Gewinnerzielungsabsicht betreibt, muss nach der Rechtsprechung des EuGH und des LG Hamburg “zumutbare Nachforschung” betreiben, will er auf eine Seite verlinken.

Wie konkret diese Nachforschungen sein müssen, ist aber nicht geklärt.

Reicht ein einfaches Nachfragen beim Seiten-Betreiber? Reicht das einmalige Nachfragen vor dem Setzen des Links oder muss man die Nachfragen regelmäßig wiederholen?

Darf man sich auf die Antwort des Betreibers verlassen? Oder muss man noch weitere Nachforschungen anstellen?

Wer keine Antwort erhält, sollte aber auf die Verlinkung auf jeden Fall verzichten.

Nachfrage beim LG Hamburg

RA Jörg Heidrich, Justiziar beim Heise-Verlag, hat in dem Zusammenhang das LG Hamburg etwas getrollt. Er fragte beim Gericht nach, ob man dort garantieren könne, dass auf der Website des LG Hamburg sowie sämtlichen Unterseiten keine Urheberrechtsverletzungen begangen werden, denn er wollte auf die Seite verlinken.

Eine abschließende Antwort steht wohl noch aus, den ganzen Schriftwechsel können Sie hier bei heise.de nachlesen.

Bedeutung für Online-Händler

Die Entscheidung ist nicht nur bedeutend für Blogger etc., sondern auch für Online-Händler.

Klar ist: Ein Online-Shop wird mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben. Wollen Händler also auf Dritt-Seiten verlinken, unterliegen sie den “zumutbaren Nachforschungspflichten”.

Helfen Disclaimer?

Viele Webseiten-Betreiber nutzen im Impressum verschiedene Texte, um die Haftung für alles Mögliche auszuschließen. Sehr bekannt ist wohl dieser Text:

„Mit Urteil vom 12. Mai 1998 – 312 O 85/98 – „Haftung für Links“ hat das Landgericht (LG) Hamburg entschieden, dass man durch das Setzen eines Links, die Inhalte der gelinkten Seite ggf. mit zu verantworten hat. Dies kann – so das LG – nur dadurch verhindert werden, dass man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert. Hiermit distanzieren wir uns ausdrücklich von den verlinkten Seiten.“

Um es kurz zu sagen: Dieser Text war schon immer unsinnig und hat noch nie weitergeholfen. Daran ändert sich auch nach der neuen Entscheidung des LG Hamburgs nichts. Sie können auf solche Texte gerne verzichten, denn sie werden Ihnen nicht helfen.

Hamburger Justiz nutzt Disclaimer

Etwas ironisch, wenn nicht sogar zynisch ist da die Gestaltung der Hamburger Justiz. Dort findet man im Impressum nämlich folgenden Hinweis:

“Das Justizportal Hamburg enthält auch Links und Verweise auf Websiteangebote Dritter. Die Verantwortung für diese fremden Inhalte liegt ausschließlich bei dem Anbieter, der diese Inhalte bereithält. Den Nutzerinnen und Nutzern des Justizportals Hamburg wird mit diesen Links allein der Zugang zu diesen Angeboten vermittelt. Für rechtswidrige, fehlerhafte oder unvollständige Inhalte sowie für Schäden, die aus der Nutzung dieser Websites entstehen, haftet allein der Anbieter der Seite, auf welche verwiesen wurde.”

 

Fazit

Die neue Entscheidung aus Hamburg macht “das Leben im Internet” nicht leichter. Die Vorgaben des EuGH sind relativ eindeutig, sodass wohl nicht davon ausgegangen werden kann, dass die nächsten Instanzen den Sachverhalt anders beurteilen werden. (mr)

[hubspotform whitepaper=”true” title=”Studien-Ergebnisse herunterladen: Abmahnungen im Online-Handel 2016″ image_path=”” image_text=”Abmahnungen im Online-Handel sind noch immer ein großes Problem. Und es hat sich verschärt: Im letzten Jahr wurde mehr abgemahnt und Abmahnungen wurden teurer. Das hat unsere Studie ergeben. Laden Sie sich jetzt die Ergebnisse im Detail herunter.” copy_text=”” portal_id=”603347″ form_id=”15581791-f9ae-42db-8e70-a30313d87dee” css=””]

Bildnachweis: Sebastian Duda/shutterstock.com

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