Es gibt bestimmte Produktgruppen, die nicht vom Widerrufsrecht erfasst sind. Dazu gehören versiegelte Produkte, die aus Gründen der Hygiene oder des Gesundheitsschutzes nicht zur Rückgabe geeignet sind, sofern das Siegel nach der Lieferung entfernt wurde. Das OLG Hamm hat nun diese Ausnahme konkretisiert.
Das OLG Hamm (Urt. v. 22.11.2016, 4 U 65/15) hat entschieden, dass Verträge über die Lieferung bestimmter Erotikartikel nicht vom Widerrufsrecht erfasst sind. Das Gericht gab hierzu folgende Pressemitteilung heraus:
Hygienesiegel für Sexspielzeug im Onlinehandel zulässig
Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat heute die Berufung der klagenden Firma aus Bielefeld gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bochum vom 10.02.2015 (Az. 12 O 202/14) als unbegründet zurückgewiesen.
In der vor der Urteilsverkündung durchgeführten mündlichen Verhandlung ist deutlich geworden, dass der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zustehen dürften, weil die Beklagte das Widerrufsrecht eines Verbrauchers beim Onlinehandel mit den streitgegenständlichen Erotikartikeln aus Gründen des Gesundheitsschutzes gemäß § 312 g Abs. 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch ausschließen darf, wenn der Verbraucher die Verpackung unter Entfernung des angebrachten Hygienesiegels öffnet.
Unabhängig von der Fragestellung, ob ein Verbraucher beim Onlinekauf derartiger Gegenstände überhaupt erwartet, sie nach dem Öffnen einer versiegelten Verpackung zurückgeben zu dürfen, sprachen aus Sicht des Senats auch Gründe des Verbraucherschutzes für den Ausschluss des Widerrufsrechts in diesen Fällen. Der gebotene Gesundheitsschutz beim Vertrieb derartiger Artikel dürfte eher zu gewährleisten sein, wenn nur mit originalverpackter Ware gehandelt wird und nicht etwa auch mit Artikeln, die von einem früheren Erwerber nach einem Öffnen einer versiegelten Verpackung - in Ausübung eines ihm eingeräumten Widerrufsrechts - zurückgegeben wurden.
Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22.11.2016 (4 U 65/15), nicht rechtskräftig, Revision zur Klärung der Tragweite der in Frage stehenden gesetzlichen Vorschrift zugelassen.
Um welche Produkte es genau ging, lässt sich der Pressemitteilung leider nicht entnehmen. Einer Meldung von gestern des Gerichts zu Folge versah die Beklagte Artikel zur Anwendung am oder im menschlichen Körper mit einem Hygienesiegel mit der Aufschrift ʺHygienesiegel - kein Umtausch bei beschädigtem oder entferntem Siegel“.
Noch ist unklar, um welche Produkte es im Detail ging. Hierzu müssen wohl die Urteilsgründe abgewartet werden. Sobald diese vorliegen, werden wir das Urteil genauer analysieren. (mr)
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