Der EuGH hat die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente in Deutschland für europarechtswidrig erklärt. Diese Regelung behindere den Wettbewerb, so das Gericht. Anstatt konstruktiv mit so einer Entscheidung umzugehen, will Bayern den Versandhandel mit Medikamenten jetzt verbieten.
Es war schon ein kleiner Paukenschlag, als der EuGH (Urt. v. 19.10.2016, Rs. C-148/15) die in Deutschland geltende Festsetzung einheitlicher Apothekenabgabepreise für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel für europarechtswidrig eingestuft hatte.
Der EuGH hat diese Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass durch eine solche Preisfestschreibung der Wettbewerb wesentlich behindert werde. Denn ausländischen Apotheken wird so der Zugang zum deutschen Markt erheblich erschwert.
Nun ist der Gesetzgeber gefragt, die Regelung zur Preisfestsetzung europarechtskonform zu gestalten oder ganz abzuschaffen.
Daran denkt die deutsche Politik aber nicht. Pressemitteilungen zu Folge haben die verantwortlichen "Gesundheitsexperten" derzeit ganz andere Gedanken:
Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) fordert dem Hamburger Abendblatt nach, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten komplett zu verbieten. Sie kündigte eine Bundesratsinitiative an.
Auch der Bundesgesundheitsminister (CDU) kündigte an, alles tun zu wollen, um die flächendeckende Versorgung mit ortsnahen Apotheken zu sichern, Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (SPD) verlangte ebenfalls gesetzgeberische Schritte.
Der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Friedemann Schmidt, reagierte laut SpiegelOnline entsetzt auf das Urteil:
"Europas höchste Richter haben den eindeutigen Willen des deutschen Gesetzgebers ausgehebelt und die Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte negiert."
Dass Gerichte manchmal anders entscheiden als der Gesetzgeber dies will, ist richtig und wichtig. Man nennt dies auch Gewaltenteilung.
Sollte ein solches unzeitgemäßes Verbot tatsächlich kommen, ist zu erwarten, dass Versandapotheken auch dagegen vorgehen werden. Dann werden die Gerichte prüfen müssen, ob ein solches komplett verbot verhältnismäßig ist. Das darf allerdings bezweifelt werden.
Vielleicht können die Justizminister aber noch die Umsetzung solcher Verbots-Gedanken verhindern.
Es hat etwas Ironisches, dass der EuGH eine gesetzliche Beschränkung mit der Begründung kippt, diese verhindere Wettbewerb und die ersten Stimmen aus der Politik als Reaktion darauf die komplette Verhinderung von Wettbewerbs im Apothekenmarkt fordern. Die Einführung neuer Handelsverbote ist nicht gerechtfertigt. Man sollte lieber konstruktiv mit dieser Entscheidung des EuGH umgehen und sich nicht abkapseln. Es bleibt abzuwarten, ob Bayern hier wirklich eine Bundesratsinitiative startet und wie und ob diese am Ende tatsächlich Gesetz wird. (mr)