Die fehlende oder fehlerhafte Angabe von Grundpreisen war 2015 einer der am häufigsten abgemahnten Verstöße im Online-Handel. Das AG Köln erkannte die Pflicht zur Grundpreisangabe jetzt auch beim Verkauf von Klebebändern.
Das AG Köln (Urt. v. 23.5.2016, 142 C 566/15) hatte darüber zu entscheiden, ob ein Online-Händler an einen bekannten Abmahnverein eine Vertragsstrafe zahlen musste.
Vorausgegangen war eine Abmahnung dieses als Verein tätigen "Interessensverbandes". Die Beklagte gab daraufhin eine Unterlassungserklärung ab, in der sie sich verpflichtete,
"1. im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz auf der Handelsplattform ebay betreffend Bürobedarf Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten,
2. in denen in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung Waren in Fertigpackungen und/oder in offenen Packungen und/oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Länge angeboten werden, ohne neben dem Gesamtpreis auch gleichzeitig den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben."
Nach Abgabe dieser Unterlassungserklärung bot die Beklagte Klebebänder bei eBay an, wobei sie in der Produktbeschreibung auch Länge und Breite der einzelnen Rollen angab.
Dies hielt der Abmahnverein für einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung und forderte zur Zahlung einer Vertragsstrafe aus der Unterlassungerklärung auf.
Ursprünglich wollte der Verein 3.000 Euro, später "nur" noch 2.000 Euro. Die Beklagte zahlte 200 Euro.
Das Gericht erkannte einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung und erkannte auch beim Verkauf von Klebebändern eine Pflicht zur Angabe von Grundpreisen.
"Bei den Klebebändern handelt es sich sodann um Verkaufseinheiten ohne Umhüllung (§ 2 Abs. 1 PAngV iVm. § 33 FertigpackungsV, vgl. zur Maßgeblichkeit der FPV Köhler/Bornkamm, UWG, 3 § PAngV Rn. 2), da § 33 FPV ausdrücklich „Bänder“ sowie „Geflechte und Gewebe jeder Art“ erfasst.
Schliesslich wurden sie entgegen der Ansicht der Beklagten der Länge nach angeboten. Zwar ist der Beklagte zuzugestehen, dass sie in der Artikelbeschreibung auch Angaben zu der Breite machte ( 66 Meter x 48 mm breit bzw. 50 mm x 50 m).
Indes ändert das nichts daran, dass die Angaben zur Länge massgeblich sind; denn letztlich besteht die Beschreibung aus Angaben zu den Seitenlängen des Bandes.
Die Beklagte macht gerade keine Angaben zur Fläche, die nach § 2 Abs. 3 PAngV in qm zu machen gewesen wären. Die Verwendung des Wortes Breite ändert daran nichts; denn auch sie wird in Längenmassen angegeben.
Zudem ist nach der Verkehrsauffassung für den Verbraucher bei Klebeband hinsichtlich der Ergiebigkeit des Produktes die Länge für einen Preisvergleich massgebend. Sie zeigt ihm an, wieviel Band ihm zur Verwendung zur Verfügung steht, während die Breite nur von Bbedeutung ist für die Frage der Stabilität der Verklebung.
Die Längenangabe ist daher der für den Verbraucher zum Preisvergleich entscheidende Parameter. Er dient anders als die Breite nicht nur der Information des Verbrauchers über die Klebewirkung. Zuletzt ist sowohl auf den Artikelseiten als auch auf der Galerieseite bei den streitgegenständlichen Angebote an keiner Stelle ein Grundpreis ausgewiesen."
Da das Gericht den Verstoß bejaht hat, war klar, dass grundsätzlich die Vertragsstrafe verwirkt war. Eine solche Vertragsstrafenforderung unterliegt aber nur sehr begrenzt der gerichtlichen Kontrolle. Das Gericht hat nur dann "Eingriffsrechte" in diese Forderung, wenn diese unbillig ist.
Das Gericht betrachtete hier insbesondere die wirtschaftliche Stärke der Beklagten. Die Zubilligung einer Vertragsstrafe von 2.000 Euro hätte diese wirtschaftlich vernichtet. Es legte daher einen Monatsgewinn als noch billig zu Grunde und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von weiteren 500 Euro, also insgesamt 700 Euro Vertragsstrafe.
Das Urteil zeigt, dass es gefährlich werden kann, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Insbesondere Abmahnvereinen, die sich selbst als "Interessenverband deutscher Online-Händler" bezeichnen. Oft kann es besser sein, auf eine einstweilige Verfügung zu warten. Denn Vertragsstrafen fließen direkt auf das Konto des Abmahners, Ordnungsgelder nach einer einstweiligen Verfügung in den Staatshaushalt. Die Motivation, diese geltend zu machen, dürfte sich also in Grenzen halten.
Wer eine Abmahnung erhalten hat, sollte sich unbedingt beraten lassen. Natürlich kostet auch das Geld, aber man kann sich dadurch wirtschaftliche Freiheiten erhalten. Außerdem können dann ganz konkret Folgen der Abmahnung und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Schauen Sie doch mal in unsere Abmahnschutzpakete. (mr)