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OS-Plattform-Irrsinn geht weiter – Neues Urteil sorgt für Verwirrung

Das Thema Verbraucher-Schlichtung beschäftigt uns nun dauerhaft seit Beginn des Jahres. Das LG Bochum entschied mit abenteuerlicher Begründung, dass Online-Händler abgemahnt werden können, wenn kein Link auf die OS-Plattform der EU im Shop vorhanden ist. Das LG Traunstein entschied nun genau das Gegenteil.

Seit 9. Januar 2016 müssen alle Online-Händler, die ihren Sitz in der EU haben, auf die von der EU-Kommission bereitgestellte OS-Plattform hinweisen. Dazu müssen sie den Link auf diese Plattform am besten ins Impressum mit aufnehmen.

Problem war: Diese Plattform gab es erst ab 15. Februar, weil die EU-Kommission nicht in der Lage war, die Plattform fristgerecht fertig zu bekommen.

Am 9. Februar 2016 erließ aber das LG Bochum bereits eine einstweilige Verfügung, weil in einem Shop der Link auf die Plattform nicht vorhanden war. Diese einstweilige Verfügung wurde vom Gericht am 31.3.2016 bestätigt, mit der Begründung:

“Weder die Tatsache, dass am 09.01.2016 die Plattform noch nicht zur Verfügung stand, sondern erst am 15.02.2016, also erst sechs Tage nach Erlass der einstweiligen Verfügung, noch der Umstand, dass die nunmehr zur Verfügung stehende OS-Plattform eine Streitbeilegung in Deutschland noch nicht ermöglicht, erlassen dem Verfügungsbeklagten die Pflicht der entsprechenden Informationserteilung sowie der Gestellung eines entsprechenden Links.

Denn die Einschaltung der Streitbeilegungsstelle wird nicht bei Vertragsschluss Relevanz entfalten, sondern erst zu einem späteren Streitpunkt, wenn eine Streitigkeit entsteht. (…)

Von daher muss diese Information jetzt erteilt werden, damit der Verbraucher sie in einem späteren Zeitpunkt nutzten kann.”

In anderen Worten: Die Information musste damals schon erteilt werden, damit der Verbraucher den Link auswendig lernen kann, falls später mal eine Streitigkeit entsteht.

LG Traunstein: Fehlender Link ist nicht wettbewerbswidrig

Ganz anders dagegen das LG Traunstein (Urteil v. 20.4.2016, 1 HK o 1019/16).

Das Gericht hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Kläger war ein bekannter und fragwürdiger Abmahnverein. Dieser mahnte einen eBay-Händler ab, unter anderem wegen Verstößen gegen die Textilkennzeichnungsverordnung und fehlender Information über die Vertragstextspeicherung.

Die Abmahnung betraf aber auch den fehlenden Link zur OS-Plattform. In dem Verfahren vor Gericht ging es nur noch darum, weil hinsichtlich der anderen Punkte eine Unterlassungserklärung abgegeben wurde.

“Der Verfügungskläger verweist auf stattgebende Erlassbeschlüsse verschiedener Landgerichte, die er als Anlage beigefügt hat.”

Das deutet darauf hin, dass der Abmahnverein schon mehrere Gerichtsverfahren in seinem Sinne gewonnen hat.

Hinweis auf Link ist wesentliche Information

Das Gericht wies den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurück.

“Die Kammer stimmt mit dem Verfügungskläger überein, dass die Einstellung eines Links nach Art. 14 Abs. 1 der ODR-VO eine wesentliche Information i.S.d. § 5a Abs. 4 UWG und damit des § 5a Abs. 2 UWG darstellt.

Die Kammer hält es auch nicht für erforderlich, die Spürbarkeit der Beeinträchtigung nach § 3a UWG zu prüfen, da bei dieser Information auf unionsrechtlicher Grundlage nur die weiteren Voraussetzungen des § 5a Abs. 2 UWG vorliegen müssen.

Nach Auffassung der Kammer ist die Information über die Möglichkeit einer außergerichtlichen Streitbeilegung grundsätzlich auch notwendig, um eine informierte geschäftliche Entscheidung (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG) zu treffen.”

Hier hätte das Gericht eigentlich aufhören können, denn es hat damit begründet, weshalb die fehlende Information über den Link immer einen Wettbewerbsverstoß darstellt.

Aber das Gericht schreibt weiter:

“Allerdings sieht die Kammer diese Voraussetzungen hier nicht gegeben, nachdem über das OS-Portal die Information erfolgt, dass es in Deutschland keine Streitbeilegungsstellen gibt.

Dies wurde im Termin vom 20.4.2016 anhand eines Auszugs der Internetseite https://webgate.ec.europa.eu/odr erörtert. Der Verbraucher kann deshalb die Möglichkeit einer außergerichtlichen Streitbeilegung nicht in seine geschäftliche Entscheidung einbeziehen.

Unter diesem Gesichtspunkt sieht die Kammer in dem Vorenthalten des Links zur OS-Plattform auch kein Verheimlichen i.S.d. § 5a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UWG.”

Inhaltlich sagt das Gericht also: Bei dem Hinweis auf den Link handelt es sich um eine Pflichtinformation, deren Fehlen immer abgemahnt werden kann. Aber man kann das Fehlen der Information nicht abmahnen.

Außerdem muss man bezweifeln, dass am 20. April auf der OS-Plattform noch der Hinweis stand, dass in Deutschland keine Streitbeilegungsstellen existieren. Dann bereits seit 1. April 2016 existiert die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle. Von wann der Ausdruck des Internets war, der dem Gericht vorlag, steht leider nicht in der Entscheidung.

Fazit

Anders würde das LG Traunstein wohl heute entscheiden, denn auf der OS-Plattform ist nun definitiv kein Hinweis mehr zu finden, dass es in Deutschland keine Schlichtungsstellen gäbe. Der Hinweis auf den Link zur OS-Plattform gehört seit 9. Januar 2016 zu dem Katalog an Pflichtinformationen für Online-Händler leider dazu. Wer nicht auf die Plattform hinweist, kann abgemahnt werden. (mr)

[hubspotform whitepaper=”true” title=”Kostenloses Whitepaper – Streitschlichtung: Neue Infopflichten ab 1. Februar 2017″ image_path=”” image_text=”Seien Sie gut vorbereitet auf den 1. Februar 2017, wenn Sie darüber informieren müssen, ob Sie bereit oder verpflichtet sind, an außergerichtlicher Streitbeilegung teilzunehmen. In unserem Whitepaper haben wir nochmals alle Informationen zusammengefasst und Sie erhalten kostenlose Muster zum Einsatz in Ihrem Shop.” copy_text=”” portal_id=”603347″ form_id=”1cb2bb7e-616a-4db8-b390-0bc158d9902a” css=””]

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