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BGH: Streichpreise müssen nicht erklärt werden

Vor einiger Zeit hatte der BGH einmal entschieden, dass Streichpreise erklärt werden müssten, zumindest wenn es sich um Einführungspreise handelt. Grundsätzlich aber, so der BGH in einer aktuellen Entscheidung, versteht der Verbraucher Streichpreise und diese müssen nicht näher erläutert werden. Eine Vereinfachung für Online-Händler.

Zwei Online-Händler, die unter anderem Fahrradanhänger vertreiben, stritten sich um die Darstellung einer Preisreduzierung bei Amazon.

Die Klägerin hielt diese Art der Preiswerbung für irreführend, weil sich keine Erklärung über die Bedeutung des höheren, durchgestrichenen Preises beim Angebot befand.

Landgericht und Oberlandesgericht Stuttgart sahen die Klagen als unbegründet an, deswegen ging der Fall bis zum BGH (Urt. v. 5.11.2015, I ZR 182/14), der die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigte.

Streichpreise: Keine Irreführung

Eine Irreführung liegt nur vor, wenn die Werbung geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verbraucher irrige Vorstellungen über die Eigenschaften oder die Befähigung des Unternehmers oder der beworbenen Leistung hervorzurufen und die Entscheidung der Verbraucher in relevanten Teilen zu beeinflussen.

Das sei für die Streichpreise bei Amazon nicht gegeben, so der BGH.

“Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, bei der beanstandeten Werbung erkenne der Verkehr in dem durchgestrichenen Preis den früher von der Beklagten verlangten Preis.

Die Werbung sei nicht für einen erheblichen Teil des Verkehrs mehrdeutig.”

Dafür spreche, dass ein Unternehmer nur eigene Preise für ungültig erklären kann, so das Gericht weiter. Das sei für den Verbraucher erkennbar.

“Den durch die Werbung der Beklagten angesprochenen Verkehrskreisen sind aus Einkäufen im stationären Handel zudem Preisetiketten bekannt, auf denen durchgestrichene Preise niedrigeren Angebotspreisen gegenübergestellt werden.

Sie können dabei ohne weiteres erkennen, dass es sich bei dem durchgestrichenen Preis um den früher für diese Ware von dem Händler verlangten Preis handelt.

Soll der Preisvergleich dagegen mit einem anderen als dem vom Werbenden zuvor verlangten Preis erfolgen, etwa mit einer unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers oder dem Preis eines Wettbewerbers, so liegt es fern, dass dieser Vergleichspreis ohne weitere Erläuterungen nur durchgestrichen wird.

Die Preisgünstigkeit des Angebots des Werbenden soll sich in diesem Fall aus dem Vergleich mit einem anderen, weiterhin gültigen Preis ergeben, der regelmäßig näher erklärt werden muss.”

Unterschiede, je nach Plattform

Die Klägerin verglich den vorliegenden Fall mit einem, den das OLG Hamm vor einiger Zeit entscheiden musste. Das OLG Hamm urteilte damals, dass Streichpreise auf einer Postenbörse näher erklärt werden müsse.

Das sei jedoch nicht vergleichbar, entschied der BGH. Streichpreise auf einer Postenbörse hätten eine ganz andere Bedeutung als Streichpreise bei Amazon.

“Das Oberlandesgericht Hamm hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, dass “Postenbörsen” nach landläufigem Verständnis Restposten, Zweite-Wahl-Ware, Ladenhüter und Auslaufmodelle sowie Überschussware zu gegenüber dem regulären Einzelhandel äußerst niedrigen Preisen anbieten.

Auf diese besondere Preisgünstigkeit lege der potentielle Kunde einer solchen Postenbörse gesteigerten Wert. Der von jener Werbung angesprochene “Schnäppchenjäger” gehe bei Angebotspreisen der Postenbörse, die um mehr als 50% und sogar bis zu 93% unter den durchgestrichenen Preisen lägen, davon aus, hier werde ihm der enorme Preisvorteil gegenüber dem üblichen oder vorherigen Preis des Einzelhandels vor Augen geführt.

Der Verbraucher erwarte nicht, die Postenbörse könne bei ihrem erwartungsgemäß ohnehin sehr niedrigen Preisniveau einen zunächst verlangten Preis nochmals derart eklatant senken.”

Das sei bei Amazon aber anders:

“Ohne konkreten Anlass wird der Verbraucher von Anbietern auf Amazon.de nicht die Preisstruktur einer Postenbörse erwarten. Selbst wenn der Verbraucher sich bei einem Kauf über die Handelsplattform Amazon.de einen günstigeren Preis als im stationären Einzelhandel versprechen sollte, hat er keinen Anlass, deswegen der Werbung mit einem durchgestrichenen Preis je nach Vertriebsform – Internethandel oder stationärer Handel – eine unterschiedliche Bedeutung beizumessen.”

Fazit

Fehlerhafte Preisdarstellungen sind mit die häufigsten Gründe im Online-Handel für Abmahnungen. Der BGH hat nun die Werbung für Streichpreise etwas erleichtert und entschieden, dass Verbraucher in einem durchgestrichenen Preis regelmäßig den früher von dem werbenden Unternehmer verlangten Preis erkennen. (mr)

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