Lange Zeit galt in Deutschland das sog. Textilkennzeichnungsgesetz. Seit 2012 gilt die EU-Verordnung zur Textilkennzeichnung. Am 24. Februar 2016 ist ein Durchführungsgesetz zu dieser EU-Verordnung in Kraft getreten. Darin bestimmt sind unter anderem Bußgelder für den Verstoß gegen die Kennzeichnungsvorschriften.
Eine EU-Verordnung gilt unmittelbar, eine Umsetzung in nationales Recht ist nicht erforderlich.
Der Bundestag hat aber das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 und zur Ablösung des Textilkennzeichnungsgesetzes beschlossen. Dieses Gesetz wurde am 23. Februar 2016 im Bundesgesetzblatt verkündet und ist am 24. Februar 2016 in Kraft getreten.
Im Grundsatz wird mit diesem Gesetz gesagt: “Was in der Verordnung steht, gilt auch in Deutschland.”
Einführung von Marktüberwachung
Allerdings bergen die §§ 9 bis 12 des Gesetzes neue Risiken für Händler, die Textilerzeugnisse verkaufen.
Denn mit diesen Vorschriften werden Maßnahmen zur Marktüberwachung vorgeschrieben.
§ 9 Abs. 1
“Die Marktüberwachungsbehörden haben anhand von Stichproben zu kontrollieren, ob
1. Textilerzeugnisse die Anforderungen an die Etikettierung oder Kennzeichnung nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 und dieses Gesetzes erfüllen,
2. die Faserzusammensetzung der Textilerzeugnisse mit der angegebenen Faserzusammensetzung dieser Erzeugnisse nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 übereinstimmt.”
Ein Verstoß würde z.B. vorliegen, wenn ein Textil nicht mit “100% Baumwolle”, sondern mit “100% Cotton” gekennzeichnet ist, denn Art. 16 Abs. 2 VO 1007/2011 schreibt vor, dass die Kennzeichnung in der Amtssprache des Mitgliedstaates zu erfolgen hat.
Außerdem dürfen zur Kennzeichnung und Etikettierung der Textilien nur Begriffe verwendet werden, die in Anhang I zu der Verordnung aufgeführt sind. Manchmal liest man zur Kennzeichnung von Textilien den Begriff “Lycra”. Das ist in doppelter Weise gefährlich: Zum einen ist “Lycra” keine im Anhang I aufgeführte Bezeichnung.
Zum anderen ist “Lycra” eine eingetragene Marke. Wenn man keine Lizenz zur Nutzung dieser Marke hat, liegt also auch noch eine Markenrechtsverletzung vor, für die man abgemahnt werden kann.
Bußgelder drohen
Verstoßen Online-Händler gegen die Vorschriften zur Textilkennzeichnung, dann drohen zum einen Abmahnungen. Denn die Nichterfüllung dieser Informationspflichten stellt einen Wettbewerbsverstoß dar, den Mitbewerber und Verbände abmahnen können.
Zum anderen drohen nach dem neuen Gesetz aber auch Bußgelder. Denn nach § 12 Abs. 1 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig z.B. entgegen § 4 Abs. 4 des Gesetzes die dort genannte Etikettierung oder Kennzeichnung nicht sicherstellt.
In § 4 Abs. 4 wird wiederum unter anderem auf Art. 16 Abs. 1 der VO Bezug genommen. Dieser bestimmt, dass die Informationen zur Textilkennzeichnung für den Verbraucher vor dem Kauf deutlich sichtbar sind – und zwar auch, wenn die Textilien auf elektronischem Wege (also online) verkauft werden.
Diese Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Euro geahndet werden. Außerdem können Gegenstände, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht, eingezogen werden.
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Guten Morgen,
vielen Dank für die Info. Gilt die Verordnung nur beim verkauf an Verbraucher oder auch im B2B Geschäft?
Würde mich über eine Info freuen.
Mit freudlichen Grüßen
P.Wiedmann
@P. Wiedmann
Ich konnte keine generelle Beschränkung auf B2C finden. In manchen Vorschriften wird eine Beschränkung auf Verbraucher vorgenommen. Aber gekennzeichnet werden müssen Textilien immer.
Habt Ihr einen Link, wo man den Anhang I finden kann?
Hallo Viktor,
hier der Link auf die Verordnung als PDF: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:272:0001:0064:DE:PDF (dauert manchmal ziemlich lang, bis so ein Dokument auf den Websites der EU geöffnet wird). Anhang I beginnt dann auf Seite 12 des PDF.
@P.Wiedmann: Wenn sie als Großhändler an Einzelhändler verkaufen, sollten Sie schon aus Servicegründen Ihren Kunden gegenüber dafür Sorge tragen, dass diese ein einwandfrei gekennzeichnetes Produkt zum Verkauf an den Verbraucher erhalten. Ich weiß selber, was es für ein Krampf ist bspw. englischen Lieferanten klar zu machen, wie in Deutschland (und EU-weit) Textilien zu kennzeichnen sind, die meisten haben bislang weder etwas davon gehört, es ist ihnen egal oder sie schieben es auf die Produzenten in China und Co.. Nicht rechtskonform gekennzeichnete Textilien aufzuarbeiten in Form von viele teure, verschieden beschriftete Stofffähnchen drucken zu lassen und diese dann in jedes Textilstück einzunähen bzw. nachträglich einnähen zu lassen, ist absolut kein Spaß und schmälert die Marge enorm, vom Zeitfaktor und während der Aufarbeitung blockierter Ware mal abgesehen, von daher sollten Textilien bereits an der Quelle (Produktion) rechtskonform gekennzeichnet werden und dafür können hauptsächlich Importeure und Großhändler Sorge tragen.
Dankesehr @Martin
Guten Morgen,
wie verhält es sich mit der Kennzeichnung bei einem Möbelstück mit den Anteilen: 50% Filz (reine Schurwolle) und 50% Fell.
Greift hier das Gesetz bereits oder ist eine Etikettierung nicht von Nöten?
Über solche Regeln freuen sich die Hersteller, so können sie durch die Hintertür die Liefergebiete für Online-Händler einschränken und den Wettbewerb in der EU besser kontrollieren. Arbeiten die da in der EU Bürokratie für den Binnenmarkt oder dagegen?
Wieso löst man sowas nicht durch Piktogramme? Geht doch in anderen Bereichen auch.
wie ist das in einem onlineshop, der mehrsprachig läuft und auch ins ausland liefert, z.b. ein produkt aus 100% baumwolle wird dann in der englisch sprachigen version 100% cotton bezeichnet. auf der banderole steht dann aber 100% baumwolle. muß ich wenn nun ein engländer bestellt, das 100% cotton noch dazu kennzeichnen ??
Im Onlineshop wurden z.B. die Begriffe Cotton auf Baumwolle geändert. Was ist aber wenn man noch Artikel hat, wo auf dem Etikett am Artikel noch Cotton steht? Die Hersteller aus anderen Ländern ändern doch nicht einfach ihre Beschriftungen nur weil Deutschland oder die EU es so will? Darf man diese Artikel nun noch verkaufen oder reicht es, wenn man an der Verpackung die richtigen Bezeichnungen anbringt?
Ist das noch Verbraucherschutz oder ist es nicht vielmehr einmal mehr Lobbypolitik für die großen Global-Player-Unternehmen. Als ich unseren chinesischen und indischen Großhändlern sagte, dass ich ihre Waren nur noch verkaufen kann, wenn ich sie umetikettiere und dadurch die volle Verantwortung dafür übernehme, dass die Zusammensetzung auch stimmt, erntete ich nur verständnisloses Schmunzeln. Die deutschen Zwischenhändler für chinesische Direktimporte haben dieses Geschäft aufgegeben oder die Preise erhöht… – Die chinesischen und indischen Einzelhändler machen weiter wie bisher. Sie fürchten keine Kontrolle und kein Bußgeld. – Darf ein Online-Händler nun seine Waren erst dann selbst etikettieren, wenn er weiß, in welches europäisches Land er die Ware liefert? Wer sollte das bezahlen?!
Hallo, ich bin ein kleines Einzelunternehmen und fertige meine Mode selbst.
Reicht es aus wenn ich die Materialzusammensetzung meiner verarbeitenden Stoffe auf das Preisetikett (für jeden Kunden ersichtlich) schreibe.
Beisp: Material: 96% Viskose, 4%Elastan
oder muss noch ein Webetikett in die Klamotte genäht werden.
Die gesetzlich geforderte Textilkennzeichnung muss fest am Textil verankert sein, also als Fähnchen eingenäht, darf also nicht einfach entfernbar und muss waschfest sein. Ein Aufkleber auf der Verpackung oder ein Schlaufenetikett am Textil genügen den Anforderungen nicht. Verschickt man ins EU-Ausland, muss die Materialzusammensetzung auch in der Landessprache des Ziellandes auf dem Etikett stehen. Somit müssten Materialbezeichnungen eigentlich in allen europäischen Amtssprachen ausgewiesen werden. – Hauptsache, jeder weiß in Landessprache, aus welchem Material sich das Kleidungsstück zusammensetzt, die tausenden Schwermetalle, Gift- und textilen Hilfsstoffe in Bekeleidung, müssen jedoch nirgends deklariert werden bzw. dürfen weiterhin eingesetzt und auf den Markt gebracht werden… EU-Irsinn! Eine Deklaration in der eigenen Landessprache und auf englisch sollte eigentlich völlig ausreichen, aber warum einfach, wenns auch kompliziert geht!
Es ist doch völlig richtig, dass die Kennzeichnung in den Landessprachen anzubringen ist. Letztlich sollen z.B. Allergiker auf das Material aufmerksam gemacht werden. Die Deklaration nur in Englisch und Deutsch wäre damit ganz offensichtlich nicht ausreichend. Kein Händler ist ja gezwungen, ins Ausland zu verkaufen. Wenn Händler aber ihre Waren ins Ausland verkaufen wollen, dann ist es in meinen Augen nur normal, dass man für zusätzliches Geschäft auch etwas investieren muss. Es reicht halt nicht, mittels Google Translater Texte halbherzig zu übersetzen und dann zu hoffen, dass der Rubel rollt.
@ Carmen
Artikel 2
(4) Diese Verordnung gilt nicht für maßgeschneiderte Textil
erzeugnisse, die von selbständigen Schneidern hergestellt wur den.
@ R.Ibold
Für die Zwecke dieser Verordnung werden die folgenden
Erzeugnisse in der gleichen Weise wie Textilerzeugnisse behan
delt:
b) Bezugsmaterial für Möbel, Regen- und Sonnenschirme mit
einem Gewichtsanteil an Textilkomponenten von mindestens
80 %;
Herr Rätze zwischen “etwas investieren” und “soviel investieren, dass sich der Verkauf nicht mehr lohnt”, liegen Welten. Wieder ein typischer Fall, die EU heult rum, dass der grenzüberschreitende Handel nicht in Schwung kommt, hat diesem aber gerade wieder einen weiteren Stein in den Weg gelegt. Allergiker hin oder her, wie gesagt, auf die ganzen Zusatzstoffe in Textilen, die bis zu 30% des Gewichtes ausmachen, muss nicht hingewiesen werden, aber Hauptsache, niemand kriegt mal nen Bläschen bei Polyesterkontakt, was im Übrigen äußerst selten der Fall sein dürfte…
Aber “dieser Stein” ist weder ein weiterer noch ein neuer Stein. Gerade in diesem Punkt hat sich die Rechtslage überhaupt nicht geändert.
Herr Rätze, muss die Etikettierung eigentlich schon vor dem Import stattgefunden haben, oder kann mal als Händler der importierten Produkte in Deutschland “nachetikettieren”?
Herzlichen Dank!
wie ist das denn bei Textilien wie Bändern ,
Spitzen , Borten, Tischdecken , Stoffen etc. von 1800 – 1970 ???
Wo gibt es jemanden , der in diesem Bereich eine
rechtsverbindliche Auskunft geben kann ?????
Es gibt nur einen Artikel über gekennzeichnete gebrauchte konfektionierte Textilien , aber keinen über Altwaren im textilen Nähzubehörbereich
Dieser Bereich wird in der Textilkennzeichnungsverordnung komplett ausgespart.
Wie soll man Restmeter , die aus alter Zeit stammen , aber keine Etiketten mehr aufweisen — wobei heute diese Bezeichnung der Textilien gar
nicht mehr zulässig wären deklarieren ???
eigentlich lustig, wenns nicht so traurig wäre…
Den Politikern, die solche Gesetze durchwinken, sollten sofort und gnadenlos alle Textilien aus ihrem Schränken entfernt und enteignet werden,
die diesen neuen Anforderungen nicht entsprechen. (am besten auch gleich Alles ausziehen was nicht gesetzconform gekennzeichnet ist)
Dann dürfen sie sich waschbare legal-Etiketten bestellen und nackt mit Nadel und Faden in der Hand darauf warten das die Teile geliefert werden und sie diese selbst einnähen können. Dann erst dürfen sie die Klamotten wieder nutzen….
Auf diese Art hätten sie Zeit und Gelegenheit, einmal darüber nachzudenken, was sie da getan haben.
Mit dem vorgeschobenen Verbraucherschutz hat sowas nichts zu tun, sonst wäre es erstmal wichtiger über verwendete Chemikalien im Textil zu informieren, anstatt Wert darauf zu legen 100% cotton mit 100% Baumwolle zu übersetzen.
Wäre es legal, die Kunden darauf hinzuweisen, das die Ware englischsprachig als 100% cotton
etikettiert ist und der Kunde versichert, das er verstanden hat, auf was er sich da einläßt ?
Hallo,
ich importiere Textilien aus China und verkaufe Sie in Deutschland an Online Händler.
Muss meine Firma als Quasi-Hersteller auf dem Etikett zu finden sein?
Und muss der Online-Händler als in den Verkehr-Bringer auf dem Webetikett gelistet sein?
Vielen Dank!
Jules