Wann haftet der Betreiber einer Website für Links?

Haftung LinksOhne Verlinkungen würde es das Internet nicht geben. Da stellt sich aber die Frage: Wer haftet für verlinkte Seiten? Etwa, wenn auf diesen wettbewerbswidrige Inhalte zu finden sind? Diese Frage hat der BGH nun beantwortet. So viel vorweg: Ein Disclaimer im Impressum bringt absolut nichts.

Vor dem BGH (Urt. v. 18.6.2015, I ZR 74/14) ging es um die Frage, ob ein Webseiten-Betreiber für wettbewerbswidrige Äußerungen auf fremden Webseiten haftet, wenn er auf diese verlinkt.

Werbung für eigene Dienstleistung

Auf seiner Website war ein Orthopäde für eine bestimmte Behandlung. Am Ende der Seite befand sich der Text "weitere Informationen auch über die Studienlage", der auf die Website eines Forschungsverbandes verwies.

Auf den Seiten dieses Forschungsverbandes waren mehrere Aussagen, die ein Wettbewerbsverband für irreführend hielt.

Nach einer Abmahnung durch den Kläger entfernte der Orthopäde zwar die Links von seiner Seite, gab aber die Unterlassungserklärung nicht ab.

Das LG Köln (Urt. v. 26.2.2013, 33 O 181/12) hatte den Orthopäden in erster Instanz zur Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten verurteilt, das OLG Köln (Urt. v. 19.2.2014, 6 U 49/13) hatte in der Berufung die Klage abgewiesen.

Der BGH hat die Revision gegen das Urteil des OLG Köln zurückgewiesen, das heißt: Der beklagte Orthopäde haftete in diesem Fall nicht für die wettbewerbswidrigen Aussagen auf der verlinkten Seite.

Verlinkung ist eine geschäftliche Handlung

Damit überhaupt ein Wettbewerbsverstoß vorliegen kann, bedarf es einer sog. geschäftlichen Handlung.

Das OLG Köln sah in dem Setzen eines Links eine solche geschäftliche Handlung, da die Verlinkung im Grunde auch der Bewerbung der Dienstleistungen des Beklagten dienen sollte.

Diese Auffassung wurde vom BGH auch so bestätigt.

"Der Beklagte wirbt auf seiner Internetseite für die von ihm in seiner Praxis angebotene Behandlungsmethode der Implantat-Akupunktur.

Der Beklagte hat sich eigene weiterführende Darstellungen erspart, indem er den Nutzern seiner Internetseite mit dem Link am Ende der Ausführungen zur Implantat-Akupunktur "weitere Informationen auch über die Studienlage" anbot.

Durch den Link hat der Beklagte die fremde Internetseite für seinen eigenen werblichen Auftritt genutzt.

Der Streitfall unterscheidet sich dadurch maßgeblich von Sachverhalten, in denen Online-Medien zur Erläuterung redaktioneller Beiträge elektronische Verweise setzen, die allein der Information und Meinungsbildung ihrer Nutzer dienen sollen."

Keine Haftung für verlinkte Seite

Allerdings trifft den Beklagten im entschiedenen Fall keine wettbewerbsrechtliche Haftung.

Da es zum Thema "Haftung für verlinkte Seiten" keine speziellen gesetzlichen Vorschriften gibt, sind die allgemeinen Vorschriften für die Beantwortung dieser Frage maßgeblich.

Daher kommt es darauf an, ob derjenige, der eine Seite verlinkt, sich die Inhalte dieser Seite auch "zu Eigen macht".

Ob sich jemand fremde, verlinkte Inhalte zu Eigen macht, muss aus der objektiven Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers, beurteilt werden.

Fremde Inhalte zu Eigen machen

Wer sich fremde Inhalte zu Eigen macht, der haftet dafür wie für eigene Inhalte.

Der BGH hat diese Frage im vorliegenden Fall verneint:

"Der elektronische Verweis ist nicht wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells des Beklagten Über ihn sind auch keine Inhalte zugänglich, in denen offen oder versteckt für die Produkte des Beklagten geworben wird.

Der Link dient ferner weder zu einer Vervollständigung des eigenen Behandlungsangebots des Beklagten, noch ist er so in einen redaktionellen Beitrag auf der Internetseite des Beklagten eingebettet, dass er für das weitergehende Verständnis dort geäußerter Meinungen oder Ansichten erkennbar von Bedeutung und dadurch Bestandteil der vom Beklagten auf seiner Internetseite bereitgestellten Inhalte geworden ist."

Maßgeblich: Kein Deeplink

Als maßgeblichen sah das Gericht für diese Bewertung den Umstand an, dass der Beklagte nicht direkt auf die wettbewerbswidrigen Aussagen verlinkte, sondern nur auf die Startseite des Forschungsverbandes.

"Die beanstandeten Inhalte werden dem Internetnutzer also nicht schon durch einfaches Klicken auf den vom Beklagten bereitgestellten Link zugänglich, sondern erst durch weiteres unabhängiges und vom Beklagten nicht gelenktes Navigieren innerhalb des Internetauftritts XYZ.de."

Eine solche Verlinkung entspreche dem Hinweis auf weiterführende Literatur am Ende eines Aufsatzes oder Beitrages, über den sich interessierte Nutzer weitere Informationsquellen zu bestimmten Themen eigenständig einholen können.

Daher sei es fernliegend, dass der verständige Durchschnittsnutzer die Verlinkung so verstehen könne, der Beklagte wolle die inhaltliche Verantwortung für die Inhalte übernehmen, die auf der Seite verlinkt sind.

Störerhaftung

Wer sich Inhalte nicht zu Eigen macht, kann aber noch immer als sog. Störer in Anspruch genommen werden. Diese Haftung ist ein von der Rechtsprechung entwickeltes Konstrukt ohne klar definierbare Formen und Grenzen.

Eine solche Störerhaftung sei vorliegend aber ausgeschlossen, da keine absoluten Rechte auf der verlinkten Seite verletzt wurden.

Absolute Rechte wären etwa Marken-, Patent- oder Urheberrechte.

Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten

Letztlich kommt eine Haftung für verlinkte Seiten auch dann in Frage, wenn wettbewerbsrechtliche Verkehrspflichten verletzt worden wären.

Diese Haftung greift auch, wenn es sich um ein "gefahrerhöhendes Verhalten" handelt. Dieses kann grundsätzlich auch in der Setzung eines Links gesehen werden.

"Der Hyperlink erhöht die Gefahr der Verbreitung etwaiger rechtswidriger Inhalte, die sich auf den Internetseiten Dritter befinden.

Aus dieser Gefahrerhöhung für eine Verletzung durch das Wettbewerbsrecht geschützter Interessen von Marktteilnehmern folgt die Verpflichtung desjenigen, der den Link setzt, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen."

Um diese Haftung zu vermeiden treffen den Unternehmer, der den Link setzt bestimmte Prüfpflichten.

"Der Umfang der Prüfungspflichten, die denjenigen treffen, der einen Hyperlink setzt oder aufrechterhält, richtet sich insbesondere nach dem Gesamtzusammenhang, in dem der Hyperlink verwendet wird, dem Zweck des Hyperlinks sowie danach, welche Kenntnis der den Link Setzende von Umständen hat, die dafür sprechen, dass die Webseite oder der Internetauftritt, auf die der Link verweist, rechtswidrigem Handeln dienen, und welche Möglichkeiten er hat, die Rechtswidrigkeit dieses Handelns in zumutbarer Weise zu erkennen.

Auch dann, wenn beim Setzen des Hyperlinks keine Prüfungspflicht verletzt wird, kann eine Haftung begründet sein, wenn ein Hyperlink aufrechterhalten bleibt, obwohl eine nunmehr zumutbare Prüfung, etwa nach einer Abmahnung oder Klageerhebung, ergeben hätte, dass mit dem Hyperlink ein rechtswidriges Verhalten unterstützt wird.

Wenn Hyperlinks nur den Zugang zu ohnehin allgemein zugänglichen Quellen erleichtern, dürfen allerdings im Interesse der Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) an die nach den Umständen erforderliche Prüfung keine zu strengen Anforderungen gestellt werden.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren Informationsfülle im Internet ohne den Einsatz von Hyperlinks zur Verknüpfung der dort zugänglichen Dateien weitgehend eingeschränkt wäre."

Dabei ist eine proaktive Überwachung von verlinkten Inhalten zu verneinen. Das bedeutet also, dass der Unternehmer, der eine Seite verlinkt hat, nicht ständig nachschauen muss, ob sich im Laufe der Zeit auf dieser Seite irgendwelche rechtswidrigen Inhalte befinden.

"Sofern ein rechtsverletzender Inhalt der verlinkten Internetseite nicht deutlich erkennbar ist, haftet derjenige, der den Link setzt, für solche Inhalte grundsätzlich erst, wenn er von der Rechtswidrigkeit der Inhalte selbst oder durch Dritte Kenntnis erlangt."

Im vorliegenden Fall trafen den Orthopäden keine erhöhten Prüfpflichten etwa unter dem Aspekt, dass sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzung angelegt war.

Haftung nach Kenntnis

Eine Haftung trifft den linksetzenden Unternehmer aber dann, wenn er von einer Rechtsverletzung informiert wurde, aber dann untätig bleibt.

"Eine Haftung des Beklagten für den von ihm gesetzten Link setzte deshalb voraus, dass er - etwa durch einen Hinweis des Klägers - Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten erhielt, die über diesen Link erreichbar waren. [...]

Der Unternehmer, der den Hyperlink setzt, ist also bei einem Hinweis auf Rechtsverletzungen auf der verlinkten Internetseite zur Prüfung verpflichtet, ohne dass es darauf ankommt, ob die Rechtsverletzung klar erkennbar ist."

Da der Beklagte in dem entschiedenen Fall erst durch die Abmahnung von der Rechtsverletzung erfahren hat, haftete er auch erst ab diesem Moment.

Der Beklagte hat hier aber völlig korrekt gehandelt und den Link auf die entsprechende Seite unverzüglich entfernt.

Die Abmahnung war hier also als "erster Hinweis" zu werten, der die Haftung erst auslöst. Die Abmahnung an sich war deswegen unberechtigt. Aus diesem Grund konnte der abmahnende Verband auch keine Kostenerstattung verlangen.

Fazit

Wer Links auf fremde Seiten setzt, kann unter Umständen sofort für die verlinkten Inhalte wettbewerbsrechtlich in Anspruch genommen werden. Der linksetzende Unternehmer haftet in jedem Fall, sobald er Kenntnis von einer Rechtsverletzung auf der verlinkten Seite erhält und dann die Pflicht zur Prüfung bzw. Entfernung des Links unterlässt.

Vor dieser Haftung kann man sich nicht durch einen Disclaimer im Impressum schützen. Diese sind rechtlich wirkungslos. (mr)

09.02.16