Verkaufen über amazon kann gefährlich werden. Vor allem, weil man als Online-Händler für Fehler haftet, deren Ursprung im Handeln von amazon liegt. So wie durch die Empfehlungsfunktion von amazon, bestätigte nun noch einmal das OLG Hamm. Amazon ist diese Problematik schon länger bekannt, gehandelt hat das Unternehmen bisher noch nicht und versetzt so alle seine Händler in akute Abmahngefahr.
Im Jahr 2014 wurden mehrere Sonnenschirm-Verkäufer wegen verschiedener Rechtsverstöße abgemahnt. Einer der Abmahngründe war dabei auch die Amazon-Empfehlungsfunktion.
Zur Begründung wurde angeführt, dass Mails, die über diese Empfehlungsfunktion verschickt werden, nach der Tell-a-Friend-Rechtsprechung des BGH unzulässige Werbung sei, weil der Empfänger nicht in den Empfang dieser Mails eingewilligt hatte.
Das LG Arnsberg (Urt. v. 30.10.2014, I-8 O 121/14) vertrat damals noch die eher abwegige Auffassung, dass der einzelne Händler für die Empfehlungsfunktion nicht hafte. Im dazugehörigen Berufungsverfahren äußerte der Senat des OLG Hamm seine Bedenken gegen die Rechtsprechung, der Beklagte gab daraufhin eine Unterlassungserklärung ab, sodass es zu keinem Urteil kam.
Jetzt hat allerdings das OLG Hamm (Urt. v. 9.7.2015, 4 U 59/15) in einem gleich gelagerten Fall ein Urteil veröffentlicht.
Das Gericht bezieht sich in seiner Begründung zur Rechtswidrigkeit der Empfehlungsfunktion in weiten Teilen auf das BGH-Urteil zu Tell-a-Friend.
"Danach ist jedenfalls die in der Weiterempfehlungs-E-Mail enthaltene Produktabbildung nebst der Wiedergabe des Produktnamens und dem gegebenenfalls auf die Produktangebotsseite der Verfügungsbeklagten führende Link "Weitere Informationen" Werbung i.S.d. § 7 UWG."
Und da der jeweilige Empfänger keine Einwilligung für den Erhalt dieser Werbung per E-Mail erteilt hat, ist sie auch rechtswidrig.
Anschließend setzt sich das Gericht mit der Frage auseinander, ob der Händler für den Versand der Mails bzw. die Zurverfügungstellung der Empfehlungsfunktion haftet.
"Die Verfügungsbeklagte haftet für die Zusendung der Empfehlungs-E-Mails als Täterin.
Auch insoweit ist es ohne Bedeutung, dass der Versand der Empfehlungs-E-Mails letztlich auf die Eingabe der E-Mail-Adresse durch einen Dritten zurückgeht.
Maßgeblich ist vielmehr, dass der Versand der Empfehlungs-E-Mails auf die gerade zu diesem Zweck von der Verfügungsbeklagten genutzte Weiterempfehlungsfunktion zurückgeht und die Verfügungsbeklagte beim Empfänger der Empfehlungs-E-Mail durch den Link auf ihre Angebotsseite als Absenderin erscheint.
Der Sinn und Zweck der Weiterleitungsfunktion besteht auch und gerade darin, Dritten (unter Mitwirkung unbekannter weiterer Personen) solchermaßen einen Hinweis auf den Internetauftritt der Verfügungsbeklagten zu übermitteln.
Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Verfügungsbeklagte den Missbrauch der Empfehlungsfunktion nicht in Kauf nimmt.
Denn es ist offensichtlich, dass die Weiterleitungsfunktion gerade dazu benutzt wird, an Dritte Empfehlungs-E-Mails zu versenden, ohne dass Gewissheit darüber besteht, ob sie sich damit einverstanden erklärt haben."
Anders als eBay hat Amazon seit den Abmahnungen von 2014 nicht reagiert und lässt seine Empfehlungsfunktion bisher unverändert online.
eBay hatte seinerzeit vorbildlich reagiert und die ursprüngliche Tell-a-Friend-Funktion in eine reine Mail-to-Funktion umgewandelt.
Auch dies sei aber nach Ansicht des LG Hamburg rechtlich angreifbar. Das sehen wir anders.
Der Handel auf amazon ist nach der Entscheidung des OLG Hamm für alle Händler gefährlicher geworden. Mit der Veröffentlichung der Entscheidung kommt das Thema sicher wieder bei den bekannten Abmahnkanzleien auf das Radar. Händler sollten dieses Risiko einkalkulieren oder im schlimmsten Fall die Konsequenz ziehen und den Handel über amazon einstellen. Das ist eine wirtschaftliche Entscheidung, die jeder Händler für sich und sein Unternehmen selbst treffen muss. (mr)
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