Im Oktober 2014 wurde die Empfehlungsfunktion von eBay abgemahnt. Hintergrund war ein Urteil des BGH zur Unzulässigkeit von Tell-a-Friend. eBay hatte daraufhin vorbildlich reagiert und die Funktion nachgebessert. Das LG Hamburg hat nun auch diese Ausgestaltung untersagt - und damit faktisch den Handel über die Plattform eBay. Ein Fehlurteil!
Auf eine Abmahnung wegen der Ausgestaltung der eBay-Empfehlungsfunktion reagierte das Unternehmen vorbildlich und schnell: eBay änderte die Ausgestaltung von einer "klassischen" Tell-a-Friend-Funktion hin zu einer reinen Mail-To-Funktion.
Was genau geändert wurde, hatten wir bereits in einem Beitrag ausführlich beschrieben.
Das reichte aber einem Abmahner aus der Mobilfunkbranche nicht. Deswegen mahnte er einen Mitbewerber ab. Der Fall landete am Ende vor dem LG Hamburg (Urt. v. 8.12.2015, 406 HKO 26/15). Er will wohl erreichen, dass die Funktion entweder komplett abgeschaltet wird oder dass seine Mitbewerber gar nicht mehr über eBay verkaufen können.
"Die Klägerin macht geltend, die Verwendung der Weiterempfehlungsfunktion verstoße gegen § 7 UWG, weil die Beklagte durch Nutzung dieser Funktion E-Mail-Werbung ohne Einverständnis des Empfängers betreibe."
Die Beklagte argumentierte, dass die Funktion von ihr gar nicht bereitgestellt werde. Außerdem bezweifelte sie, dass überhaupt ein eBay-Besucher diese Funktion nutze.
Ob das alle Argumente der Beklagten waren, ist unbekannt, es sind nur die Argumente, die das Gericht in seiner Entscheidung wiedergegeben hat. Wenn das wirklich alles war, was die Beklagte vorgebracht hat, war sie schlecht beraten und vertreten.
Das Gericht ließ diese Argumente nicht gelten. Dass die Argumente der Beklagten unzureichend sind, war aber abzusehen, da die Frage der Haftung seit Jahren schon entschieden ist und die tatsächliche Nutzung irrelevant ist, da es dann noch immer die sog. Erstbegehungsgefahr gibt.
Die Begründung des Gerichts ist denkbar kurz und absolut nicht geeignet, die angebliche Unzulässigkeit der Empfehlungsfunktion zu begründen:
"Die Klägerin kann von der Beklagten nach §§ 3, 7, 8 UWG verlangen, dass diese es unterlässt, Angebote für Mobilfunkverträge mit der hier streitigen Weiterempfehlungsfunktion zu versehen.
Denn das Angebot von Mobilfunkverträgen mit der hier streitigen Weiterempfehlungsfunktion beinhaltet jedenfalls eine Erstbegehungsgefahr für eine nach § 7 UWG unlautere Werbung per E-Mail gegenüber Verbrauchern ohne vorheriges Einverständnis des Empfängers mit dieser Werbung.
Die Weiterempfehlungsfunktion ermöglicht es dem Nutzer, das Angebot einem Bekannten per E-Mail weiterzuleiten, ohne dass sichergestellt ist, dass sich der betreffende Bekannte des Nutzers zuvor mit einer Übermittlung des Angebotes per E-Mail einverstanden erklärt hat.
Dabei ist es nach dem Wortlaut sowie nach dem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG ohne Bedeutung, dass die Weiterempfehlungsfunktion nicht von der Beklagten, sondern von der von Beklagtenseite genutzten Verkaufsplattform bereitgestellt wird, und dass die E-Mails, mit denen das Angebot der Beklagten weiterempfohlen wird, nicht von der Beklagten, sondern von Nutzern der Verkaufsplattform versandt werden.
Eine E-Mail-Werbung ohne Einverständnis des Empfängers verstößt auch dann gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, wenn sie nicht eigenhändig vom Gewerbetreibenden, sondern unter Mithilfe von Dritten versandt wird.
Entscheidend ist, dass die Versendung auf Veranlassung des Gewerbetreibenden erfolgt und eine Werbung für dessen Unternehmen bzw. dessen Angebote enthält.
Daher entlastet es die Beklagte nicht, dass die Weiterempfehlungsfunktion von der von ihr genutzten Verkaufsplattform eingerichtet wurde und etwaige Weiterempfehlungsmail von (privaten) Nutzern der Verkaufsplattform versandt werden.
Entscheidend ist, dass die Beklagte etwaige Weiterempfehlungen per E-Mail dadurch veranlasst hat, dass sie eine Verkaufsplattform genutzt hat, die eine derartige Weiterempfehlungsfunktion bereithält."
Man kann dem Gericht schon nicht folgen, wenn es meint, der Wortlaut von § 7 UWG sei eindeutig dahingehend, dass die Beklagte dafür hafte, dass der Nutzer von eBay die Mail versende.
Das kann man aus § 7 UWG nicht eindeutig herauslesen.
Die Vorschrift startet zunächst ganz allgemein:
"Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig."
Hier hätte das Gericht schon einmal genau prüfen müssen, ob in dem Versenden einer E-Mail durch eine Privatperson überhaupt eine geschäftliche Handlung zu sehen ist.
Es fehlt an dieser Prüfung. Wenn keine geschäftliche Handlung vorliegt, ist auch § 7 UWG nicht einschlägig. Insofern ist es also doch von Bedeutung, anders als das Gericht meint.
Richtig stellt das Gericht dann zwar fest:
"Eine E-Mail-Werbung ohne Einverständnis des Empfängers verstößt auch dann gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, wenn sie nicht eigenhändig vom Gewerbetreibenden, sondern unter Mithilfe von Dritten versandt wird."
Vergisst aber leider, dass eine solche wettbewerbsrechtliche Haftung für Dritte am Maßstab von § 8 Abs. 2 UWG zu messen ist. Der bestimmt:
"Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet."
Der empfehlende Nutzer handelt aber nicht im Auftrag des Unternehmens.
Eine Haftung kommt auch aus der Schaffung einer besonderen Gefährdungslage in Frage. Aber auch hierzu schweigt das Gericht sich aus.
Das LG Hamburg untersagt mit dieser Entscheidung letztlich private E-Mails. Denn wo ist der Unterschied, ob ein Nutzer eine Mail-to-Funktion angeboten bekommt oder sich manuell in sein E-Mail-Account einloggt und per Copy-Paste die URL des Angebotes an einen Bekannten schickt?
Nach der oben aufgeführten Argumentation des Gerichts würde auch dieser Fall eine unzulässige Werbe-Mail sind, für die der Unternehmer haftet. Das kann nicht sein!
Verwunderlich ist, dass der Einzelrichter am LG Hamburg sich mit keiner Silbe mit der BGH-Entscheidung zu Tell a Friend auseinandersetzt. Angebracht wäre das sicherlich gewesen.
Dort war es für die Wettbewerbswidrigkeit für den BGH u.a. maßgeblich, dass das Unternehmen in der Empfehlungs-Mail als Absender stand und nicht der eigentlich die Mail verschickende Verbraucher.
Genau das ist aber bei einer Mail-To-Funktion anders.
Wir halten die Ausgestaltung, wie sie derzeit bei eBay zu finden ist, für zulässig.
Es erschließt sich auch nicht, weshalb die Beklagte die Entscheidung rechtskräftig werden ließ und damit selbst entschieden hat, nicht mehr über eBay zu verkaufen. Schon allein aufgrund des enormen Streitwertes von 110.000 Euro hätte man die Sache bis zum BGH durchfechten können. Dann wäre die Entscheidung des LG Hamburg vielleicht noch korrigiert worden. So sind die bekannten Abmahnanwälte sicher schon wieder in den Startlöchern. Dabei bleibt abzuwarten, ob andere Gerichte dem LG Hamburg folgen oder - was wünschenswert ist - eine genaue rechtliche Prüfung vornehmen und zu einem anderen Ergebnis kommen.
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