Zahlungsausfälle belasten die deutsche Wirtschaft. Daher ist es nur zu verständlich, dass Unternehmer einen Verzugsschaden bei säumigen Zahlern geltend machen. Aber darf man dies in Form von Mahngebühren in AGB pauschal vereinbaren? Und wenn ja, welche Höhe ist noch angemessen?
Schon mehrfach mussten sich Gerichte mit der zulässigen Höhe von Mahngebühren oder Rücklastschriftpauschalen beschäftigen. Das LG Düsseldorf (Urt. v. 29.7.2015, 12 O 195/15) hatte sich aktuell auch einen solchen Fall zu entscheiden.
Rücklastschriftgebühr in AGB
Die Antragsgegnerin in dem Verfahren verwendete eine Klausel in den AGB, mit der eine Rücklastschriftpauschale vereinbart werden sollte:
Leistung Preise in Euro inklusive MwSt. (Preise in Euro ohne MwSt.)
Rücklastschriftpauschale**, *** 5,00 (4,2017)
Mahnpauschale *** 3,00 (2,5210)
** In der Berechnung sind die Gebühren der Kundenbank enthalten. Wir behalten uns das Recht vor, die Pauschale entsprechend zu erhöhen, wenn Ihre Kundenbank die an die W belasteten Gebühren anhebt.
*** Die Berechnung erfolgt nur, wenn der Kunde die zugrundeliegende Pflichtverletzung zu vertreten hat. Der Betrag ist niedriger anzusetzen oder entfällt, wenn der Kunde nachweist, dass ein wesentlich geringerer oder überhaupt kein Schaden eingetreten ist.
Diesem Verfahren gingen bereits mehrere Streitigkeiten zwischen dem abmahnenden Verbraucherverband und dem Unternehmen vor.
Gebühren sind überhöht
Das Gericht sah die Klauseln als unwirksam an, da sie gegen § 309 Nr. 5a BGB verstoßen. Nach dieser Vorschrift ist die
“Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung [unwirksam], wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt.”
Die Antragsgegnerin war der Meinung, dass sie nur die branchentypische Preisgestaltung solcher Pauschalen und Mahngebühren vortragen müsse, um nachzuweisen, dass sie nicht gegen das Verbot verstoße.
Das reichte dem Gericht aber nicht.
“Der Klauselverwender muss nachweisen, dass der vereinbarte Betrag seinem typischen Schadensumfang entspricht.
Dies bedeutet nicht, dass die Antragsgegnerin ihre interne konkrete Preisgestaltung offen legen muss.
Denn der Verwender muss nicht im konkreten Einzelfall seinen Schaden darlegen und glaubhaft machen. Der Verwender muss aber Tatsachen vortragen, und ggfls. glaubhaft machen, so dass Feststellung möglich sind, dass die erhobene Pauschale sich – an seinem – durchschnittlichen Schaden orientiert. Damit ist nicht gemeint, dass es auf eine branchentypische Schadenshöhe ankommt.”
Es werde zwar in der Rechtsprechung teilweise darauf abgestellt, so das Gericht, dass auf den branchentypischen Durchschnittsschaden abzustellen sei, dem könne jedoch nicht gefolgt werden. Das Gesetz beziehe sich eindeutig auf den Schaden beim Klauselverwender.
“Der Wortlaut des § 309 Nr. 5a BGB stellt auf die Klausel eines Verwenders zur Regelung von pauschaliertem Schadensersatz ab.
Diese Klausel, nämlich die des Verwenders, darf mit der Pauschale den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht übersteigen.
Sinn und Zweck der Regelung ist es, die Wirksamkeit der Klauselverwendung eines Verwenders zu beurteilen und nicht eine Regelung einer „Branche“.
Dies verbietet sich zum einen deshalb, weil Streitgegenstand nur die Regelung eines Verwenders ist, zum anderen weil gerade im Falle einer Schadenspauschale der Schaden nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge je Unternehmen unterschiedlich sein kann.”
Rücklastschriftgebühren: Überhöht
Die Antragsgegnerin hatte nichts zur Schadenshöhe bei einer Rücklastschrift vorgetragen, daher sah das Gericht 5 Euro als überhöht an.
“Der Antragsteller hat dagegen substantiiert vorgetragen, dass allenfalls im Falle einer Rücklastschrift regelmäßig nur Bankkosten in Höhe von 3,- EUR sowie Portokosten (0,62 EUR) und Materialaufwendungen von 0,07 EUR anfallen dürften (vgl. auch LG Potsdam, Urteil vom 05. September 2013 – 2 O 173/13).
Der Antragsteller trägt weiter vor, aufgrund des Abkommens über den Lastschriftenverkehr zwischen Banken betrügen die Kosten max. 3,00 EUR (Interbankenentgelt).
Ferner würden – wie vorliegend bei einer Benachrichtigung per SMS – noch Kosten in Höhe von 0,05 EUR anfallen.”
Personalkosten können nicht in diese Berechnung einbezogen werden.
Mahngebühren: Überhöht
Gleiches gelte auch für die Mahngebühren, so das Gericht weiter.
“Einen durch eine Mahnung verursachten branchentypischen oder individuellen Durchschnittsschaden in Höhe von 3,00 EUR hat die Antragsgegnerin hier nicht hinreichend dargetan.
Sie trägt zu den typischerweise anfallenden Kosten auch nichts Konkretes vor. So können Mahnkosten lediglich in Höhe von 1,20 EUR im Einzelfall gerechtfertigt sein.”
Statt AGB, einfach machen?
Nun könnte man auf die Idee kommen, entsprechende Klauseln nicht mit in die AGB aufzunehmen, aber in der Praxis einfach entsprechende Pauschalen und Mahngebühren zu verlangen.
Aber: Auch das ist unzulässig, da dies eine unzulässige Umgehung des AGB-rechtlichen Verbotes darstellen würde (§ 306a BGB).
Fazit
Häufig sind Mahngebühren überhöht, das LG Düsseldorf meint hier im Fall: Mahngebühren dürfen maximal 1,20 Euro betragen. Dazu muss der Unternehmer nachweisen, dass der Kunde überhaupt in Verzug ist, denn andernfalls dürfen gar keine Mahngebühren verlangt werden. Eng mit der Frage der Höhe von Mahngebühren hängt auch die Frage zusammen, ob ein säumiger Verbraucher Inkassokosten bezahlen muss. (mr)
was fehlt ist der Hinweis auf den Unterschied zwischen B2C und B2B. Bei B2B sind offenbar auch 40 EUR OK.
[Werbung entfernt, d. Red.]
Hallo Tanja,
damit hat sich das Gericht nicht beschäftigt. Deswegen fehlen solche Ausführungen auch nicht.
Aber das Gesetz schreibt eine Pauschale von 40 Euro vor, wenn ein Schulder in Verzug ist (wenn dieser Schuldner kein Verbraucher ist). Das ist ausdrücklich in § 288 Abs. 5 BGB geregelt. Hier unser Beitrag dazu: http://www.shopbetreiber-blog.de/2014/07/29/verzug-pauschale-zinsen/
Also langsam wird’s mit unserer Rechtsprechung doch echt lächerlich. 1,20 EUR Mahngebühren im “Einzelfall”…??? …und der Säumige lacht sich ins Fäustchen… Wenn die besagten 5 EUR schon zu hoch sind und davon 3 EUR alleine schon die Bank einbehält, wie ist das dann mit dem Zeitaufwand und der Personalkosten? Zitat:…”Personalkosten können nicht in diese Berechnung einbezogen werden”…
Schliesslich muß sich ja jemand damit eine Zeitlang beschäftigen, wie Kunden anschreiben, neue Lastschrift einreichen oder erneut in Rechnung stellen…?
Und dann soll man kundenfreundlichere Zahlungsmethoden anbieten…?
Das kann es ja wohl nicht sein. Nein, keine Lastschriften mehr, sondern Vorkasse oder bar cash auf die Ladentheke. Dann gibt’s auch keine Mahngebühren und Rücklastschriften!
Ein “Vertrag” kommt ja letzt endlich von “vertragen” und “vertrauen”. Und dazu gehört ja auch das “bezahlen” des Vertrages.
Dass Personalkosten nicht in Mahngebühren eingerechnet werden dürfen, ist schon seit Jahrzehnen gefestigt in der Rechtsprechung. Das ist nichts Neues.
Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass einige Unternehmer überrascht sind, was an Mahnkosten tatsächlich zulässig ist. In anderen Urteilen wurden 2,50 als gerade noch akzeptabel festgelegt, das halte ich schon für sehr hoch gegriffen. Am Ende sind zulässige Mahnkosten in aller Regel ein Blatt Papier, ein Kuvert und eine Briefmarke. Da sind wir also bei Kosten von unter 1 EUR. Die großen der Branche interessiert das dagegen herzlich wenig, Otto verlangt zum Beispiel satte 10 EUR Mahngebühr und kommt damit durch, weil der Verbraucher es bezahlt. Wenn man widerspricht, wird es im Einzelfall storniert, bei allen anderen aber fleißig weiter kassiert.
Aus Shopbetreibersicht finde ich die Regelung gar nicht so schlimm. Im Computerzeitalter ist doch niemand mehr stundenlang mit Mahnungen beschäftigt. In aller Regel werden die Dinger auf Knopfdruck generiert und für das versenden braucht man auch nur ein paar Minuten.
@Achim: 1,20 Mahngebühren haben nichts mit Rücklastschriftgebühren der Banken zu tun. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
als wir noch Rücklastschriftgebühren hatten (Lastschrift haben wir inzwischen eingestellt!) betrugen diese 8 EUR die ICH jeweils an Heidelberger Payment zahlen durfte – jetzt sind 5 EUR zu hoch????
Jede Behörde nimmt sofort 5 EUR Mahngebühren (zB. Grundabgabe nicht rechtzeitig bezahlt – Stadt Wilhelmshaven) ist das also auch illegal?
@Nils: Ich habe das schon verstanden und der Unterschied zwischen Mahngebühr und Rücklastschrift ist mir auch bewußt. Meine Aussage bezieht sich auf den zuvor genannten Text. Bitte auch im Zusammenhang lesen…
Ich finde, dass es auch nicht darum geht, wie schnell man etwas im “Computerzeitalter” erstellen oder erledigen kann! Es geht darum, dass hier zusätzlich vermeidbare Zusatzkosten, Mehraufwand und Ärger entstehen, die aber nicht Vertragsgrundlage waren. Warum sorgt der Schuldner, hier der Kunde, nicht für ausreichend Deckung auf seinem Konto…?
Weil es zum Volkssport geworden ist, “… ich hab halt gerade mal Lust zu shoppen…”, egal ob das Deckungsvolumen zum Ausgleichen ausreicht oder auch halt nicht.
Daher seit letzter Woche KEIN Lastschriftverfahren mehr. …und siehe da, auch kein Ärger mehr diesbezüglich…
Hallo Herr Rätze, wie verhält sich das eigentlich mit dem letzten Satz im obigen Text “…Eng mit der Frage der Höhe von Mahngebühren hängt auch die Frage zusammen, ob ein säumiger Verbraucher Inkassokosten bezahlen muss.” ..?
Wenn der Unternehmer diese Rücklastspielchen nicht mitmacht und die Angelegenheit gleich an ein Inkasso abgibt, wer zahlt die Zeche..?
Die Vertragskosten in jedem Fall der Kunde. Doch was ist mit dem Inkasso?
Als treuer Leser und Kommentator können Sie jetzt schon meine Gedanken lesen 🙂 Ich möchte die Antwort auf Ihre Frage gerne etwas zurückstellen, denn ich plane im Moment einen Beitrag dazu, weil es ein aktuelles Urteil dazu gibt.
Bis dahin möchte ich Ihnen diesen (schon etwas älteren) Beitrag empfehlen: http://www.shopbetreiber-blog.de/2013/06/07/verbraucher-inkassokosten-schadensersatz/
Und auch die Diskussion, die sich unter dem Beitrag in den Kommentaren entwickelt hat.
Tja, leider hat sich das bei den Inkassobüros offensichtlich noch nicht rumgesprochen, dass es da eine Pauschale von 40 Euro im B2B gibt.
Jedenfalls hat mein Inkassobüro mir gesagt, dass sie die 40 Euro nicht gelten machen können.
Oder verwechsel ich da was?
Schön wäre es mal einen konkreten Fall zu sehen wenn das ganze beim Inkassobüro (Anwaltliches Mahnschreiben) landet bzw. wie es beim gerichtlichen Mahnbescheid aussieht. Leider finde ich kein Beispiel…
5 Euro Mahngebühren halte ich schon für angemessen.. Wenn mit 2 € gemahnt wird, zahlt der Kunde ja nie