Der Bundestag hat eine Reform des UWG beschlossen. Ziel des Verfahrens war es, durch klarstellende Anpassungen den Gleichlauf zwischen dem UWG und der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken sicherzustellen. Ist dies gelungen? Hier sind die wichtigsten Aspekte für den Online-Handel im Überblick.
Update: Gesetz ist am 10.12.2015 in Kraft getreten.
Die Gesetzesänderung beschränkt sich auf Kapitel 1 „Allgemeine Bestimmungen“ des UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb). Beibehalten wird die Grundstruktur einer einheitlichen Regelung des Lauterkeitsrechts im B2C- und B2B-Bereich. Bis auf §§ 6 und 7 werden sämtliche Vorschriften modifiziert.
Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 UWG n.F. beschränkt sich auf den Ausspruch
"Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig."
Dadurch werden Tatbestand („Unlauterkeit“) und Rechtsfolge („Unzulässigkeit“) voneinander getrennt. In der Praxis wird sich damit wenig ändern, da das Kriterium der Spürbarkeit künftig im Rahmen der Unlauterkeit zu prüfen ist.
Nicht durchgesetzt hat sich die im Referentenentwurf vorgesehene – nach dem Vorbild des § 3 Abs. 2 UWG formulierte – Generalklausel für geschäftliche Handlungen, die sich nicht an Verbraucher richten bzw. diese nicht erreichen. Diese Rolle übernimmt nach dem Hinweis des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz weiterhin § 3 Abs. 1 UWG.
Der Rechtsbruchtatbestand des geltenden § 4 Nr. 11 UWG wird lediglich in § 3a UWG n.F. verschoben. Da eine solche Sanktionsmöglichkeit in der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken (UGPRL) nicht vorgesehen ist, spricht sich das Schrifttum überwiegend für Beschränkung des Anwendungsbereichs der Regelung nur auf Fälle außerhalb des harmonisierten Bereichs. Dem hat sich der Gesetzgeber nicht angeschlossen. Vielmehr erschwert der pauschale Hinweis des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz:
"Diese betrifft ganz überwiegend Bestimmungen außerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie und ist im Übrigen im Einzelfall richtlinienkonform auszulegen."
die richtlinienkonforme Auslegung erheblich, da der Begriff „überwiegend“ gerade die Anwendung auf Fälle im Geltungsbereich der UGPRL ermöglicht.
Ob das Vorenthalten von Informationen wettbewerbswidrig ist, richtet sich danach, ob sie für die informierte geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers wesentlich sind. Dies regelt § 5a Abs. 2 UWG. Die Neufassung erfolgt deutlich detaillierter und nähert sich dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 UGPRL:
"Unlauter handelt, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält,
1. die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und
2. deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Als Vorenthalten gilt auch
1. das Verheimlichen wesentlicher Informationen,
2. die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise,
3. die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen."
Nicht nur für die Werbung via AdWords oder Werbebanner relevant ist Art. 7 Abs. 4 UGPRL, der die Informationserteilung bei eingeschränkten Kommunikationsmitteln regelt. Auch beim herkömmlichen Check-out ist es häufig schwierig, alle erforderlichen Informationen in einem Schritt bereitzustellen. Für Erleichterung sorgt der § 5a Abs. 5 UWG n.F.:
"Bei der Beurteilung, ob Informationen vorenthalten wurden, sind zu berücksichtigen:
1. räumliche oder zeitliche Beschränkungen durch das für die geschäftliche Handlung gewählte Kommunikationsmittel sowie
2. alle Maßnahmen des Unternehmers, um dem Verbraucher die Informationen auf andere Weise als durch das Kommunikationsmittel nach Nummer 1 zur Verfügung zu stellen."
Die gesetzliche Pflicht, die anderweitige Erteilung von Informationen durch den Unternehmer bei der Prüfung des Vorenthaltens einzubeziehen, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Was unter einem „Kommunikationsmittel“ zu verstehen ist, ist allerdings erstmal offen. Wenig hilfreich bei der Auslegung für den Online-Bereich ist die Begründung zum Regierungsentwurf, da diese sich primär auf die Printwerbung bezieht:
"Befindet sich eine … wesentliche Information nicht auf dem Werbemittel selbst, benötigt der Verbraucher sie jedoch …, so sind bei der Entscheidung, ob es sich hier um ein unlauteres Vorenthalten handelt, jedenfalls die in Absatz 5 genannten Aspekte in die Abwägung einzubeziehen. Zu denken ist hier etwa an Konstellationen, dass Werbeanzeigen oder Werbezettel nicht über ausreichenden Platz verfügen, … jedoch in deutlicher Weise etwa auf eine Internetseite verwiesen wird (siehe etwa Urteil des EuGH vom 12. Mai 2011, Az.: C-122/10, Rn. 56)."
Dass bei der Online-Werbung eine ähnliche Problematik besteht, hat der BGH bereits eingesehen (vgl. BGH, Urt. v. 06.06.2013, I ZR 2/12). Eine Konkretisierung für solche Sachverhalte bleibt wohl weiterhin der Rechtsprechung überlassen.
Nicht durchsetzen konnte sich weiterhin der Vorschlag des Bundesrates, die Möglichkeit des „fliegenden Gerichtsstands“ (§ 14 Absatz 2 UWG) aufzuheben oder einzuschränken.
Die „fachliche Sorgfalt“ wird zur „unternehmerischen Sorgfalt“, ohne dass sich die Definition in § 2 Nr. 7 UWG im Übrigen ändert. Legal definiert werden zudem die Begriffe der „wesentlichen Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ sowie der „geschäftlichen Entscheidung“.
Nachgeholt wird in § 4a UWG n.F. die bisher unzureichende Umsetzung des Verbots der sog. aggressiven Geschäftspraktiken aus Art. 8 und 9 UGPRL.
§ 4 UWG n.F. erfasst nur den Mitbewerberschutz. Gestrichen werden die § 4 Nr. 1 bis 6 der geltenden Fassung, da sie zum Teil von § 4a UWG, zum Teil von §§ 5, 5a UWG konsumiert werden. Ersatzlos gestrichen wird § 4 Nr. 6 UWG, den der EuGH bereits für richtlinienwidrig erklärt hat.
Ihr Ziel hat die Novelle zweifelsfrei für den Bereich der aggressiven Geschäftspraktiken erreicht. Positiv zu bewerten ist zudem die Anpassung der § 5a Abs. 2 bis 5 UWG n.F. Leider wurde das schwierige Verhältnis zwischen den – in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich ausschöpfenden – Irreführungstatbeständen der §§ 5, 5a UWG nicht gelöst und durch die missverständliche Hinweise in den Gesetzesmaterialien sogar erschwert. Wie auch beabsichtigt sind die Neuerungen lediglich redaktioneller Natur. Dadurch wird die Rechtsanwendung zwar erleichtert, wesentliche Änderungen in der Rechtspraxis sind - wie auch von der Wettbewerbszentralle prognostiziert – nicht zu erwarten. (ts)