Das Weihnachtsgeschäft steht vor der Tür, bei manchen Händlern hat es schon angefangen. Gerade in dieser umsatzstärksten Zeit des Jahres werben Händler gerne mit Preisreduzierungen und Streichpreisen. Alte, höhere Preise dürfen aber nicht einfach so durchgestrichen werden. Was gilt es zu beachten, um Abmahnungen zu vermeiden?
Streichpreise sind immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Die Grundsätze bei der Werbung mit Preisvergleichen hat meine Kollegin Madeleine Pilous in ihrem Blog-Beitrag anschaulich dargestellt.
Das LG Bochum (Urt. v. 10.09.2015, 14 O 55/15) musste sich aktuell auch mit der Frage der Zulässigkeit einer Werbung mit einem Streichpreis beschäftigen.
Die Beklagte bot unter anderem eine Schutzhülle für ein iPhone an. Bei diesem Angebot war ein Streichpreis von 29,99 Euro angegeben und mit einem Sternchen versehen.
Das Sternchen wurde mit folgendem Hinweis aufgelöst:
"Die durchgestrichenen Preise sind unverbindliche Preisempfehlungen."
Außerdem erfolgte ein Hinweis "73% sparen", der Kunde musste nur 7,99 Euro zahlen.
Diesem Hinweis wiederum war eine rückwärtslaufende Uhr abgebildet, vor der der Zusatz "nur noch" angebracht war. War die Uhr abgelaufen, wurde sie erneut geladen und es begann erneut eine Laufzeit von 96 Stunden rückwärts zu laufen.
Diese Werbung mit einem Streichpreis und der Uhr wurde als irreführend abgemahnt. Zum einen gäbe es gar keine unverbindliche Preisempfehlung für dieses Produkt, meinte der Abmahner. Zum anderen verlange kein seriöser Anbieter auf dem Markt einen Preis von 29,99 Euro, vielmehr könne man die gleichen Schutzhüllen im Internet für 1,56 US-Dollar erwerben, was einem Preis von 1,44 Euro entspreche.
Auch die rückwärtszählende Uhr sei irreführend, da der Verbraucher unnötig unter Zeitdruck gesetzt würde, er könne annehmen, dass nach Ablauf der Zeit ein höherer Preis zu zahlen sei.
Diese Ausgestaltung hielt auch das LG Bochum für wettbewerbswidrig.
Zunächst beschäftigte sich das Gericht mit dem Streichpreis, also der Gegenüberstellung des reduzierten Preises mit der angeblichen unverbindlichen Preisempfehlung.
"Die Beklagte bewirbt intensiv einen Preisnachlass, der sich gemäß dem Sternchenzusatz auf eine unverbindliche Preisempfehlung bezieht.
Derartige unverbindliche Preisempfehlungen werden vom Hersteller ausgegeben, dass vorliegend eine solche unverbindliche Preisempfehlung vorliegt, ist nicht feststellbar.
Soweit die Beklagten behaupten, die Fa. P., Limited in Shenzhen, China, sei Hersteller dieser Schutzhülle, kann dies dahinstehen, obwohl es irgendwelche Belege dafür nicht gibt. Weiter hat die Beklagte keine veröffentlichte unverbindliche Preisempfehlung dieses Herstellers nachgewiesen. Ihre Bezugnahme auf ein Schreiben vom 12. Juni 2015 (Bl. 163 der Akten) ist unergiebig.
Zum einen ist diese Erklärung unterschrieben mit „Mary“, wobei überhaupt nicht ersichtlich ist, wer das sein könnte und in welcher Beziehung sei zu der Fa. P., Limited stehen könnte. Von daher ist der Aussteller dieses Schreibens bereits nicht feststellbar. Darüber hinaus besagt dieses Schreiben gerade nicht, dass es sich bei dem Preis von 29,99 € um eine unverbindliche Preisempfehlung handelt, sondern dass es sich dabei um einen Preis handelt, den sie gerne für den Verkauf ihrer Produkte ansetzen möchten. Irgendeine offizielle unverbindliche Preisempfehlung stellt dies nicht dar und wird durch dieses Schreiben auch nicht belegt.
Von daher wird der Verkehr bereits schwerwiegend dadurch irregeführt, dass er die Preisreduzierung um 73 %, die zudem noch hervorgehoben beworben wird, ausgehend von einer nicht existenten unverbindlichen Preisempfehlung eines Herstellers annimmt. Hinzu kommt, dass nicht festgestellt werden kann, dass ein Preis von 29,99 € tatsächlich in Deutschland gefordert worden wäre.
Es mag sein, dass das Angebot bei B in China nicht ganz vergleichbar ist, da lange Lieferzeiten vorhanden sind, wenn man nicht gegen erheblichen Aufpreis eine Expresslieferung wünscht. Angesichts dieses Preisunterschiedes ist allerdings für manche Kunden sicherlich gleichwohl das Angebot attraktiv. Aber selbst wenn dieses Angebot als nicht ganz vergleichbar angesehen wird, gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieser Preis von 29,99 € irgendwo in Deutschland jemals verlangt worden wäre.
Angesichts dieser Umstände hätte es der Beklagten zumindest oblegen, im Wege der sekundären Darlegungslast anzugeben, wo derartige Preise angesetzt worden sein könnten."
Das Gericht sah auch die rückwärtslaufende Uhr, die immer wieder von vorn anfing zu zählen, sobald sie auf Null abgelaufen war, als Irreführung an, denn der Streichpreis gilt auch nach Ablauf der Zeit noch weiter. Dem Kunden werde suggeriert, das Angebot bestünde nur noch für kurze Zeit, er müsse sich also schnell entscheiden und würde somit unter Druck gesetzt, damit er von dem Angebot noch profitieren kann.
Das Argument des Beklagten, dass ein Kunde bei einem Warenpreis von 7,99 Euro ein solcher Druck nicht entstehe, ließ das Gericht nicht gelten.
Wird eine zeitlich befristete Rabattaktion beworben, darf man diese Aktionen nicht verlängern. Das hat der BGH schon im Jahr 2011 entschieden.
Aber auch das Gegenteil ist unzulässig: Wird eine Rabattaktion mit einer zeitlichen Befristung versehen, darf der Unternehmer die Rabattaktion nicht vor Ablauf dieser Befristung abbrechen. Auch dies stellt eine wettbewerbsrechtliche Irreführung dar.
Ob eine Rabattaktion (oder auch andere Aktionen) überhaupt zeitlich befristet werden müssen, ist immer eine Frage des Einzelfalls. Das gilt auch für einen Streichpreis. Weiß der Unternehmer von vornherein, dass eine Aktion an einem bestimmten Tag enden soll, so muss er das auch konkret in der Werbung angeben. Steht dies aber bei der Bewerbung einer Aktion noch nicht fest, so muss die Befristung auch nicht genannt werden, entschied das OLG Hamm im Jahr 2013.
Wer mit einem Streichpreis wirbt, muss diesen außerdem erklären. Das heißt, man muss darüber aufklären, welche Bedeutung der durchgestrichene Preis hat, entschied ebenfalls der BGH. Zum Beispiel könnte man schreiben "alter, gültiger Preis bis DATUM".
Wird mit Preisvergleichen gearbeitet, dürfen dem reduzierten Preis keine sog. Mondpreise gegenüber gestellt werden. Mondpreise sind Preisangaben, die der Händler noch nie ernsthaft (oder nur vor sehr langer Zeit einmal) verlangt hat.
Das LG Wiesbaden (Urt. v. 10.6.2015, 13 O 18/15) dass ein Zeitraum von 12 Wochen für einen solchen Preisvergleich zu lang ist. Wann die zulässige Dauer eines solchen Preisvergleichs überschritten ist, kann nicht mit Gewissheit gesagt werden. Länger als vier Wochen sollte man einen solchen Vergleich mit einem Streichpreis aber nicht bewerben.
Gerade in der Weihnachtszeit, in der viele Händler mit Rabatten, Preisaktionen und Streichpreisen werben, sollte man darauf achten, dass man auch hier alles richtig macht. Zum einen sollen die Kunden von solchen Aktionen angelockt und überzeugt werden, da ist es wichtig, dass sie auch verstehen, was ein Rabatt bedeutet. Zum anderen wollen Händler aber natürlich auch Abmahnungen vermeiden. Denn diese kosten nicht nur Geld, sondern auch viel Zeit.
Fehlerhafte Preisangaben in Online-Shops sind mit der häufigste Grund für Abmahnungen, wie die Studie "Abmahnungen im Online-Handel 2015" von Trusted Shops zeigt. (mr)