Darf man kompatible Produkte mit namhaften Markenprodukten vergleichen?

BGHVerbraucher suchen oft nach preiswerten Alternativen, wenn es um Zubehör geht, seien es Kapseln für ihre Nespresso-Maschine, Staubsaugerbeutel oder Druckerpatronen. Aber dürfen Händler, die solch "nachgemachtes" Zubehör anbieten, den Markennamen des Originals zum Vergleich verwenden? Der BGH hat diese Frage nun entschieden.

Was war geschehen?

Das klagende Unternehmen stellt seit langer Zeit Staubsaugerbeutel her und vertreibt diese.

Im Zuge dessen besteht für das Zeichen „ Swirl“ sowohl eine eingetragene Marke als auch eine bekannte Marke. Das beklagte Unternehmen vertreibt auch über das Internet Staubsaugerbeutel und bewarb dabei die eigenen, „nachgebauten“, funktionell jedoch vergleichbaren Produkte, mit solchen der Klägerin und nutzte dabei die Marke „Swirl“ und zusätzlich die Worte „alternativ“ und „ähnlich“.

Ein Beispiel der angegriffenen Werbung war wie folgt:

„4 Vlies - für AEG - alternativ (ähnlich Swirl PH 86)“

Darin sah das klagende Unternehmen sowohl eine Markenrechtsverletzung als auch eine unlautere Rufausnutzung und machte mithin Ansprüche aus den Wettbewerbs- und Markenrecht geltend.

Diese Ansprüche konnte das klagende Unternehmen jedoch auch vor dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 2. April 2015, Az.: I ZR 167/13 – Staubsaugerbeutel im Internet) nicht durchsetzen.

Strenge Vorgaben für vergleichende Werbung

Die Richter des BGH bestätigten dem beklagten Unternehmen, dass die Nutzung der eingetragenen Marke beziehungsweise der bekannten Marke hier in der vorgenommenen Art und Weise rechtlich zulässig war.

Für die Richter besteht keine Möglichkeit, im Rahmen einer rechtlich zulässigen vergleichenden Werbung nach § 6 UWG die Benutzung einer Marke zu verbieten, da ansonsten eine vergleichende Werbung nicht mehr möglich wäre. Im konkreten Fall war durch die oben genannte Darstellung die rechtliche Regelung des § 6 UWG eingehalten  worden.

Ein Verstoß gegen § 6 Abs.2 Nr.1 und Nr.2 UWG, die wie folgt lauten:

„Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich

sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht,

nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist.“

lag nach Ansicht des Gerichtes nicht vor:

„Die in den Vergleich einbezogenen Waren der Beklagten und der Klägerin sind für denselben Zweck bestimmte Staubsaugerbeutel. Die funktionelle Gleichwertigkeit, also die Möglichkeit, einen von der Beklagten angebotenen Staubsaugerbeutel anstelle des damit verglichenen Staubsaugerbeutels der Klägerin zu verwenden, ist auch eine wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaft der Waren der Beklagten.“

Auch eine Verwechslungsgefahr und damit ein Verstoß gegen §  6 Abs.2 Nr.3 UWG, der wie folgt lautet

„Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt“,

verneinten die Richter:

„Das Berufungsgericht hat in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung der Umstände der beanstandeten Werbung angenommen, der Gebrauch des Adjektivs "ähnlich" in den Angeboten der Beklagten stelle unmissverständlich klar, dass es sich nicht um Produkte der Klägerin handele, sondern um Erzeugnisse eines Wettbewerbers. Die Revision legt nicht dar, warum das Berufungsgericht gleichwohl von einer Verwechslungsgefahr hätte ausgehen müssen.“

Überdies sahen die Richter in der Verwendung im Rahmen des Vergleiches auch keine unlautere Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Kennzeichens „Swirl“ nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG, der wie folgt lautet:

„Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt“

Für die Richter fehlt es hier insoweit an dem unlauteren Verhalten:

„Zwar kann der Verbraucher die Kompatibilität eines bestimmten Staubsaugerbeutels für seinen Staubsauger auch mit der Information feststellen, zu welchem Staubsauger welchen Herstellers der jeweilige Staubsaugerbeutel passt.

Je nach den Umständen des Einzelfalls mag ein berechtigtes Interesse fehlen, in einer Internetwerbung für einen Zubehörartikel die Marke eines konkurrierenden Zubehörherstellers zu nennen, wenn die legitime Funktion der vergleichenden Werbung, die Verbraucher objektiv zu informieren, schon durch einen Hinweis auf die Kompatibilität für das Produkt erfüllt werden kann, für das das Zubehör bestimmt ist. Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor.

Wenn viele Verbraucher ihren Ersatzbedarf an Staubsaugerbeuteln mit einem bestimmten Produkt der Klägerin decken, werden sie sich eher dessen Bezeichnung, die sie regelmäßig in Erinnerung behalten werden, merken als die Typenbezeichnung ihres Staubsaugers. Daher würde der Wettbewerb in erheblicher Weise beeinträchtigt, wenn der Beklagten verboten würde, bei Angeboten ihrer Staubsaugerbeutel die Marken der entsprechenden Staubsaugerbeutel der Klägerin zu verwenden.“

Schließlich wurden auch die Verstöße gegen § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG und § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG, die wie folgt lauten:

„Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft oder eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt.“

durch den Bundesgerichtshof verneint:

„Ein Fall des § 6 Abs.2 Nr.5 UWG liegt nicht vor. Die Angebote der Beklagten im Internet stellen keine Herabsetzung oder Verunglimpfung der Werbung oder der persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse der Klägerin dar. Die Revision macht das auch nicht geltend.

Anders als die Revision meint, ergibt sich aus §6 Abs.2 Nr.6 UWG ebenfalls keine Unlauterkeit der vergleichenden Werbung der Beklagten. Darin, dass die Beklagte sich nicht auf die Marken und Typenbezeichnungen der Hersteller beschränkt, sondern vergleichend auf die Produkte der Klägerin Bezug nimmt, liegt noch keine Imitations- oder Nachahmungsbehauptung. Vielmehr handelt es sich dabei lediglich um eine im Rahmen der grundsätzlich zulässigen vergleichenden Werbung erforderliche Angabe.“

Keine Irreführung durch Verwendung der Marke

Da klar und deutlich das Wort „ähnlich“ im Rahmen der Darstellung gewählt wurde, wurde auch eine Irreführung nach § 5 UWG durch das Gericht verneint:

„Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, das Adjektiv "ähnlich" stelle für die Waren der Beklagten unmissverständlich klar, dass es sich um keine Produkte der Klägerin handelt. Es hat außerdem angenommen, nach den Umständen liege fern, dass die Klägerin der Beklagten eine Lizenz erteilt habe, mit dieser kooperiere oder deren Staubsaugerfiltertüten autorisiert habe.“

Fazit

Mit dieser Grundsatzentscheidung geben die Richter des Bundesgerichtshofes klare Leitlinien für die Anbieter von Zubehörartikel vor.

Soweit diese sich an die wettbewerbsrechtlichen Regelungen halten, ist grundsätzlich von einer Zulässigkeit der Verwendung auch geschützter Kennzeichnen im Rahmen eines Angebotes von „nachgebauten“ Waren möglich. Nur dann, wenn und soweit im Rahmen des Vergleiches die gesetzlichen Vorgaben aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb  (UWG) überschritten werden, kann hier im konkret zu betrachtenden Einzelfall eine wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit als auch eine Kennzeichenrechtsverletzung in Betracht kommen.

Über den Autor

RA Rolf Albrecht

Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.

09.10.15
Rolf Albrecht

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