In den meisten Online-Shops befindet sich der Hinweis auf das Widerrufsrecht im Rahmen des Bestellprozesses, meist oberhalb des Bestellbuttons. Aber reicht es auch aus, nur im Footer oder im rechten bzw. linken Frame den Link zu setzen? Und wie sieht es aus, wenn der Link unterhalb des Bestellbuttons platziert ist?
Das OLG Köln (Urt. v. 8.5.2015, 6 U 137/14) entschied jetzt, dass der Hinweis auf das Widerrufsrecht auch unterhalb des Bestellbuttons platziert werden darf.
Die IT-Recht Kanzlei aus München berichtet kürzlich von einer Abmahnung des vzbv, in der bemängelt wurde, dass der Hinweis auf das Widerrufsrecht nicht mit im Bestellprozess eingebunden war, sondern sich lediglich ein Link auf die Belehrung auf der Startseite.
Dies entspreche nicht dem Deutlichkeitserfordernis, heißt es dem Bericht zu Folge in der Abmahnung.
In der abschließenden Empfehlung heißt es dann, dass Online-Händler aufgrund der bestehenden Rechtsunsicherheit lieber auf Nummer sicher gehen sollen und die Verlinkung nur im linken oder rechten Frame nicht als ausreichend angesehen werden sollte. Ein Link auf die Widerrufsbelehrung sollte mit in den Bestellprozess aufgenommen werden.
In einem anderen Fall, der letztlich bis zum OLG Köln ging, mahnte ebenfalls der vzbv eine Dating-Plattform ab. Unter anderem deswegen, weil sich der Hinweis auf das Widerrufsrecht unterhalb des Bestellprozesses befand. Für LG Köln (Urt. v. 19.8.2015, 33 O 245/13) stellte diese Ausgestaltung einen Verstoß gegen die Vorschriften über die Belehrungspflichten dar:
"Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus den §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG, §§ 312c Abs. 1 i.V.m. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB. Danach muss der Unternehmer rechtzeitig vor Abgabe von Vertragserklärungen klar und verständlich über das Widerrufsrecht belehren.
Die Button mit der Aufklärung über das Widerrufsrecht, auf den man klicken muss, um die Belehrung ansehen zu können, befindet sich unterhalb des Buttons "Jetzt kaufen". Dies entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben, da sichergestellt werden muss, dass der Verbraucher vor Abgabe von Vertragserklärungen das Widerrufsrecht zur Kenntnis nehmen kann.
Da die Widerrufsbelehrung der Vertragserklärung nachfolgt, ist eine rechtzeitige Kenntnisnahme vor der Vertragserklärung nicht sichergestellt.
Denn auch ein im Internet erfahrener Verbraucher wird nach der Vertragserklärung keine für den Vertragsschluss relevanten Informationen mehr erwarten, so dass auch die farbliche Hervorhebung nicht ausreicht.
Es ist auch nicht technisch sichergestellt, dass der Verbraucher vor Abgabe seiner Erklärung die Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen hat. Aus dem vorliegenden Text ergibt sich, dass bei Ausübung der Kaufoption unterstellt wird, dass der Verbraucher die AGB und die Widerrufsbelehrung gelesen und akzeptiert hat.
Würde bei Ausübung des "Jetzt kaufen"-Buttons ein Hinweis auf die Widerrufsbelehrung aufleuchten und die Abgabe der Vertragserklärung ohne Lesebestätigung nicht möglich sein, wäre eine Belehrung nach dem "Jetzt kaufen"-Button unschädlich.
Vorliegend hat die Beklagte solche technischen Vorkehrungen nicht getroffen, so dass die erst nach dem "Jetzt kaufen"-Button platzierte Widerrufsbelehrung trotz der farblichen Hervorhebung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht."
Dieser Auffassung widersprach allerdings das OLG Köln in der Berufungsinstanz.
Das OLG zieht zur Begründung die Regeln der Button-Lösung heran.
"Der Kläger beanstandet lediglich, dass der Hinweis auf die Widerrufsbelehrung nicht „vor“ der Vertragserklärung erfolgt sei, weil sich der mit „Widerrufsbelehrung“ beschriftete Verweis im unteren Bereich der Seite befindet. Er vertritt mithin die Ansicht, dass die Belehrung auch räumlich „vor“ – im Sinn von „oberhalb“ – der Vertragserklärung des Verbrauchers zu finden sein muss; dem ist das Landgericht gefolgt.
Der Senat hat zwar einmal in anderem Zusammenhang eine ähnliche Sichtweise anklingen lassen, ohne dass diese Frage seinerzeit entscheidungserheblich gewesen wäre. Nach erneuter Prüfung der Rechtslage, insbesondere unter Einbeziehung der Gesetzgebungsmaterialien, ist allerdings die Vorschrift des Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB, ebenso wie die gleichlautende Bestimmung des § 312j Abs. 2 BGB, nicht so zu verstehen, dass die entsprechenden Informationen auch räumlich „vor“ im Sinn von „oberhalb“ zu erteilen sind.
„Vor“ ist primär zeitlich in dem Sinn zu verstehen, dass der Verbraucher die Information erhält, „bevor“ er seine Erklärung abgibt.
Räumlich genügt es, auch nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, dass sich die Informationen im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit der Schaltfläche, durch deren Betätigung der Verbraucher seine vertragliche Erklärung abgibt, erteilt werden, wie es in der amtlichen Begründung zu der Vorgängervorschrift (§ 312g Abs. 2 BGB) heißt:
„Die Informationen gemäß Satz 1 müssen ,unmittelbar‘, bevor der Verbraucher bestellt, gegeben werden. Die Anforderung der Unmittelbarkeit hat dabei sowohl einen zeitlichen wie auch einen räumlichen Aspekt. Die Informationen müssen direkt im zeitlichen Zusammenhang mit der Abgabe der Bestellung durch den Verbraucher gegeben werden, also zum Abschluss des Bestellprozesses, wenn der Verbraucher seine vertragsrelevante Willenserklärung abgibt. Informationen bereits am Beginn oder im Verlaufe des Bestellprozesses, zum Beispiel noch bevor der Verbraucher seine Adressdaten und etwaige Zahlungsinformationen angegeben hat, genügen den Anforderungen nicht. Der Verbraucher soll die Möglichkeit haben, die relevanten Informationen direkt zum Zeitpunkt seiner Bestellung zur Kenntnis zu nehmen.
Die Informationen müssen auch im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Abgabe der Bestellung stehen. Wenn – wie meist – die Bestellung über eine Schaltfläche erfolgt, müssen die Informationen in räumlicher Nähe zu der Schaltfläche für die Bestellung angezeigt werden, damit das Merkmal der Unmittelbarkeit erfüllt ist. Die Aufmerksamkeit des Verbrauchers, der im Begriff ist, die Schaltfläche zu betätigen, soll sich auch auf diese Informationen richten, ohne dass trennende Gestaltungselemente davon ablenken oder den Eindruck erwecken, zwischen den Vertragsinformationen und der Bestellschaltfläche bestünde kein innerer sachlicher Zusammenhang. Vielmehr soll es dem Verbraucher bewusst werden, dass die in den Informationen erläuterte Zahlungspflicht gerade dann eintritt, wenn er die Schaltfläche betätigt. Diese Anforderung ist nur dann erfüllt, wenn die Informationen und die Schaltfläche bei üblicher Bildschirmauflösung gleichzeitig zu sehen sind, ohne dass der Verbraucher scrollen muss“
Eine bestimmte räumliche Anordnung ist daher nicht zu fordern, solange nur der räumliche Zusammenhang gewahrt ist. Eine Internetseite wird üblicherweise auch nicht wie ein gedruckter Text zwingend von oben nach unten gelesen, so dass die Forderung, die Widerrufsbelehrung müsse stets räumlich „vor“ im Sinn von „über“ erfolgen, zu weitgehend ist. Aus der vom Kläger herangezogenen Entscheidung OLG Frankfurt, GRUR-RR 2007, 56 folgt nichts anderes: Das OLG hat dort ausdrücklich offengelassen, ob eine „Zwangsführung” des Nutzers in dem Sinne erforderlich ist, dass ein Kaufabschluss nicht getätigt werden kann, ohne dass der Besteller zuvor mit dem Text der Widerrufsbelehrung konfrontiert worden ist. Im konkreten Fall hat es lediglich beanstandet, dass der Verweis auf die Widerrufsbelehrung nicht als „sprechender“ Verweis, bei dem bereits die Kennzeichnung des Verweises Angaben zum Inhalt der Informationen enthält, auf die verwiesen wird, ausgestaltet gewesen sei. Dies ist hier aber der Fall, da der Verweis ausdrücklich als „Widerrufsbelehrung“ bezeichnet ist.
Der vorliegende Fall gibt auch keinen Anlass, sich mit der Frage, ob eine solche „Zwangsführung“ geboten sei, auseinanderzusetzen. Der Kläger hat in der Berufungserwiderung ausdrücklich vorgetragen, dass er die Einbettung der Widerrufsbelehrung in die über einen Verweis erreichbaren AGB nicht beanstandet, sondern lediglich den Umstand, dass sich dieser Verweis nicht „vor“ im Sinn von „oberhalb“ der Bestellschaltfläche befindet.
Diese Beanstandung ist jedoch im hier zu beurteilenden Fall nicht begründet. Auf der Seite K 4 ist der räumliche Zusammenhang des Verweises auf die Widerrufsbelehrung zu der „Jetzt kaufen“-Schaltfläche gewahrt. Er ist zwar in einer – im Vergleich zur Beschriftung der Schaltfläche – kleineren Schrifttype gehalten, und zwischen der Schaltfläche und dem Verweis findet sich bei genauer Betrachtung ein „trennendes Element“, da sie in leicht voneinander abgesetzten Farbblöcken untergebracht sind. Die farbliche Differenzierung ist jedoch so schwach (hellblau/weiß) ausgeprägt, dass sie überhaupt nur bei genauer Betrachtung auffällt. Sie ist daher nicht geeignet, den inneren Zusammenhang zwischen dem Verweis und der Schaltfläche zu unterbrechen. Dieser Verweis hebt sich durch die orangefarbene Hervorhebung der Bezeichnung „Widerrufsbelehrung“ vom umgebenden Text auffällig ab und ist damit im Ergebnis noch hinreichend deutlich.
Es mag zwar zutreffen, dass auf manchen Endgeräten oder dem Abruf der Seite in einem extrem kleinen Programmfenster der Hinweis nicht gleichzeitig mit der „Jetzt kaufen“-Schaltfläche angezeigt wird, wie der Vertreter des Klägers in der Verhandlung vor dem Senat ausgeführt hat. Darauf kann es aber nicht ankommen. Ausreichend ist vielmehr, dass sich der Hinweis bei – wie es in der oben wiedergegebenen Gesetzesbegründung heißt – „üblicher Bildschirmauflösung“ in einem ausreichenden räumlichen Zusammenhang mit der Schaltfläche befindet. Bei entsprechender Verkleinerung des Programmfensters lässt sich der Bildausschnitt immer so weit reduzieren, dass außer der Schaltfläche keine weiteren Teile der Benutzeroberfläche sichtbar sind und sich daher auch Texte in unmittelbarer räumlicher Nachbarschaft nur noch durch Scrollen erreichen lassen. Dass dies bei der Internetseite der Beklagten, wie sie in der Anlage K 4 wiedergegeben ist, bei dem Abruf unter üblichen Nutzungsbedingungen (übliche Anzeigegeräte mit üblicher Fenstergröße) der Fall wäre, ist nicht ersichtlich, vom Kläger jedenfalls nicht dargelegt worden."
Dem Gericht genügte in der konkreten Ausgestaltung daher die Platzierung unmittelbar unterhalb des Buttons.
Die Frage der Platzierung des Links auf die Widerrufsbelehrung ist mit dieser Entscheidung nicht abschließend geklärt. Andere Gerichte können die Rechtslage völlig anders beurteilen. Letztlich wird man abwarten müssen, bis sich der BGH oder der EuGH zu dieser Frage äußern.
Händler sollten trotz gesetzlichem Muster Vorsicht walten lassen, denn Fehler bei der Widerrufsbelehrung zählen nach der aktuellen Studie "Abmahnungen im Online-Handel 2015" von Trusted Shops zu den am häufigsten abgemahnten Verstößen. (mr)