Der deutsche Gesetzgeber diskutiert derzeit über eine Änderung des Unterlassungsklagengesetzes. Durch diese Änderung sollen Verbraucherverbände die Möglichkeit haben, bestimmte Datenschutzverstöße abmahnen zu können. Dem Bundesrat gingen diese Pläne noch nicht weit genug. Jetzt liegt die Gegenäußerung der Bundesregierung vor.
Ob Verstöße gegen das Datenschutzrecht derzeit mit den Mitteln des UWG angegriffen werden können, ist umstritten. Der Gesetzgeber nahm diese Diskussion zum Anlass, um zumindest Verbraucherverbänden ein explizites Klagerecht im Falle von Verstößen gegen bestimmte Datenschutzgesetze einräumen.
Hierzu sollte das Unterlassungsklagengesetz geändert werden. Zukünftig sollen nach dem Willen der Bundesregierung Verstöße abgemahnt werden können gegen Vorschriften,
"welche die Zulässigkeit regeln
a) der Erhebung personenbezogener Daten eines Verbrauchers durch einen Unternehmer oder
b) der Verarbeitung oder der Nutzung personenbezogener Daten, die über einen Verbraucher erhoben wurden, durch einen Unternehmer,
wenn die Daten zu Zwecken der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung, des Betreibens einer Auskunftei, des Erstellens von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen, des Adresshandels, des sonstigen Datenhandels oder zu vergleichbaren kommerziellen Zwecken erhoben, verarbeitet oder genutzt werden."
Dieser Plan ging dem Bundesrat noch nicht weit genug. Der Bundesrat störte sich daran, dass nur Verstöße verfolgt werden können, wenn die Daten zu kommerziellen Zwecken gesetzeswidrig erhoben, verarbeitet oder genutzt werden.
Vielmehr sollte jede gesetzeswidrige Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung verfolgt werden dürfen.
Zusätzlich zu den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Vorschriften wollte der Bundesrat außerdem eine Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes in den Gesetzentwurf mit aufnehmen. Es sollte geregelt werden, dass der Abschluss eines Vertrages nicht von der Zustimmung zur Datenverwendung zu Werbezwecken abhängig gemacht werden darf.
Zur Begründung führt der Bundesrat aus:
"Mit der Einführung eines allgemeinen Koppelungsverbots soll eine der Hauptursachen für die im Gesetzentwurf beschriebene besondere Gefahr erheblicher Verletzungen des Persönlichkeitsrechts unterbunden werden, indem Unternehmen wirksam untersagt wird, Angebote von dem Einverständnis der Kunden in die Datennutzung abhängig zu machen oder auf einen anderen Erlaubnistatbestand zurückzugreifen.
Dies gilt umso mehr, als dem Kunden oftmals nicht klar sein wird, welche der Angaben zu seiner Person und zu seinen persönlichen Verhältnissen zu Werbe-, Marketing-, Score oder anderen erlaubten Zwecken verwendet wird. Wichtig ist, dass der Einwilligende in Kenntnis aller Umstände frei bestimmt, wenn er sich mit der Erhebung und Verwertung seiner persönlichen Daten einverstanden erklärt, also er selbstbestimmt entscheidet, ob er für das Angebot mit Daten oder Euro bezahlen will.
Insoweit wird es für erforderlich gehalten, dass die Einwilligung in Datennutzungsrechte nicht mit Vorteilen, die Dritte einräumen, gekoppelt werden darf.
Nach § 28 Absatz 3b BDSG in seiner aktuell geltenden Fassung ist es zwar grundsätzlich untersagt, den Abschluss eines Vertrages von der Einwilligung zur Datennutzung abhängig zu machen.
Zu diesem Koppelungsverbot gibt es allerdings eine sehr weitreichende Ausnahme, denn es soll nach derzeitiger Rechtslage nur gelten, wenn "dem Betroffenen ein anderer Zugang zu gleichwertigen vertraglichen Leistungen ohne die Einwilligung nicht oder nicht in zumutbarer Weise möglich ist".
Damit ist es Unternehmen in der Regel immer noch erlaubt, eigene Angebote von dem "freiwilligen" Einverständnis der Kunden in die Datennutzung abhängig zu machen. Solange es aber erlaubt ist, sich große Datenmengen "legal" von Verbrauchern zu beschaffen, und auch an Dritte weiterzugeben, dürfte ein wirksames Unterbinden späterer Verstöße gegen Datenschutzvorschriften nicht nur unerheblich erschwert werden.
Die mit der Einführung eines allgemeinen Koppelungsverbots verbundene Einschränkung der Vertragsgestaltungsfreiheit erscheint gerechtfertigt vor dem Hintergrund der hier zu schützenden Persönlichkeitsrechte, die - wie im Gesetzentwurf ausführlich dargestellt - einer zunehmenden Bedrohung ausgesetzt sind. Auf lange Sicht dürften damit nur noch solche Geschäftsmodelle der Internetwirtschaft am Markt Erfolg haben, die sich auch als datenschutzkonform erweisen."
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wird nun inklusive der Stellungnahme des Bundesrates und der darauf erfolgten Antwort der Regierung dem Bundestag zugeleitet, in dem dann das parlamentarische Verfahren weitergeht. Schon morgen, Donnerstag, den 23. April, wird der Entwurf in erster Lesung im Bundestag beraten. In aller Regel läuft diese Beratung aber so ab, dass der Entwurf in die entsprechenden Ausschüsse verwiesen wird. Angesetzt für diesen Punkt sind morgen auch nur 30 Minuten.
Die Vorschläge des Bundesrates lassen vermuten, dass es noch eine spannende Diskussion geben wird, welche Änderungen dann am Ende tatsächlich dabei herauskommen.
Fest steht aber: Gewisse Verstöße gegen das Datenschutzrecht werden in Zukunft von Verbraucherverbänden abgemahnt werden können. Unklar ist derzeit noch, welche Art von Verstößen genau.
Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.
Die Überwachung der Einhaltung der Datenschutzvorschriften obliegt derzeit den Datenschutzbehörden. Eine wirksamere Kontrolle wäre sicherlich damit erreicht, den Verbraucherverbänden ein Klagerecht einzuräumen. Damit steigt zwar das Risiko für Online-Händler, wegen solcher Verstöße in Anspruch genommen zu werden, allerdings gehen die Verbraucherverbände mit ihren Klagerechten sehr sorgsam um und man kann ihnen nicht "Abmahnen aus Profitgier" oder ähnliches vorwerfen. Eine Abmahnfalle ist in der Gesetzesänderung also nicht zu sehen.
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