Das Heranhängen an Amazon-Verkaufsangebote ist urheberrechtlich zulässig

Urheberrecht

Durch die Möglichkeit, bereits vorhandene Artikelbeschreibungen inklusive Produktfotos bei amazon zu nutzen (ASIN), werden immer wieder urheberrechtliche Abmahnungen ausgesprochen. Dies auch dann, wenn der Marketplace-Anbieter denkt, dass er sich problemlos an die entsprechende Angebotsdarstellung „heranhängen“ kann. Die urheberrechtliche Zulässigkeit wurde jetzt von OLG Köln bestätigt.

Bereits in einem Gastbeitrag unserer Kanzlei vom 8. April 2014 haben wir über die Rechtsprechung des LG Köln zu einer Problematik berichtet, die sich für Amazon-Marketplace-Anbieter ergibt.

Nunmehr hat im Berufungsverfahren das OLG Köln die erstinstanzliche Entscheidung des LG Köln bestätigt (Urteil vom 19. Dezember 2014, Az.: 6 U 51/14).

Für die Richter des OLG Köln sind zwei maßgebliche Argumente zu Gunsten des Marketplace-Anbieters ausschlaggebend gewesen.

AGB von amazon wirksam

Für das Gericht ist der ursprüngliche Vorgang, der Zurverfügungstellung eines Produktfotos für eine Artikelbeschreibung bei Amazon und die damit verbundene Rechteübertragung aus den Amazon-AGB für Verkäufer rechtswirksam.

Dort war im Zeitpunkt des gerichtlichen Verfahrens folgende Regelung enthalten:

„Die Teilnehmer übertragen amazon.de ein vergütungsfreies, zeitlich unbefristetes … Nutzungsrecht, insbesondere zur Vervielfältigung, Verbreitung, … an allen Werken oder Werkteilen, sowie Datenbanken oder jedem anderen Katalog oder jeden anderen Produktinformationen, die Teilnehmer im Rahmen des Online-Angebotes von amazon.de an amazon.de übermitteln... einschließlich des Rechts, diese Inhalte … online ... zu publizieren, auch zu Werbezwecken.“

Aufgrund dessen, dass der ursprüngliche Rechteinhaber und/oder Urheber sein Produktfoto Amazon zur Verfügung stellt und damit diesen ermöglicht, eine feste Artikelbeschreibung in ihr Verkaufsangebot aufzunehmen, kann dies nach Ansicht des OLG Köln auch zu Gunsten des jeweiligen Marketplace-Teilnehmer seine Wirkung entfalten.

Entgegen der ersten Instanz sehen die Richter auch kein Problem dahingehend, dass die Überlassung der Produktfotos an Amazon entgeltlich erfolgt.

Die Richter begründen wie folgt:

„Die Ansicht des Landgerichts, die Klausel in den Amazon-AGB, durch die sich Amazon ein Nutzungsrecht an den von Teilnehmern am „Marketplace“ eingestellten Werbematerialien, insbesondere Lichtbildern, einräumen lässt, sei gemäß §§ 310 Abs. 1 S. 2, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, wird vom Senat nicht geteilt.

Das Landgericht hat seine Auffassung in erster Linie damit begründet, die Klausel verstoße gegen das gesetzliche Leitbild der §§ 11, 32 UrhG, da sie vorsehe, dass Amazon ein unentgeltliches und umfassendes Nutzungsrecht an den Materialien der Teilnehmer eingeräumt werde, auch soweit die Nutzung nicht für das konkrete Angebot benötigt würde. Das Landgericht hat dabei vor allem beanstandet, dass die Einräumung des Nutzungsrechtes unentgeltlich erfolge.

Bei dieser Argumentation hat das Landgericht jedoch nicht hinreichend das Grundprinzip des Amazon „Marketplace“ berücksichtigt. Dadurch, dass Amazon den Teilnehmern die Möglichkeit bietet, durch „Anhängen“ an bereits bestehende Angebote einzelne Angebote zusammenzuführen – ohne dass es in diesem Zusammenhang auf die zwischen den Parteien streitigen Einzelheiten ankäme, unter denen dieses Zusammenführen erfolgt –, wird die Attraktivität des „Marketplace“ für den Nutzer gesteigert, der ohne weiteres die Preise und Konditionen der einzelnen Teilnehmer für ein bestimmtes Angebote vergleichen kann. Damit ist die Teilnahme an dem System auch für die einzelnen Teilnehmer vorteilhaft.

Es greift daher zu kurz, wenn auf die Unentgeltlichkeit der einzelnen Rechteeinräumung abgestellt wird. Zwar trifft es zu, dass der Teilnehmer Amazon und im Ergebnis auch anderen Teilnehmern, mithin seinen Konkurrenten, unentgeltlich die Nutzung bestimmter Materialien erlaubt. Im Gegenzug erhält er jedoch die Möglichkeit, seinerseits die Materialien anderer Teilnehmer für seine Angebote, bei denen er nicht Ersteinsteller ist, zu nutzen.

Auch die Befürchtung des Landgerichts, die unentgeltliche Rechteeinräumung an Amazon könne dazu führen, dass die Werkschöpfer nicht mehr angemessen entlohnt würden, erfordert keine andere Bewertung. Es liegt in der Natur von Werbematerialien, dass durch ihren Einsatz regelmäßig keine eigenständigen Einnahmen erzielt werden. Der Fotograf, der einem Unternehmen Lichtbilder für die Produktwerbung zur Verfügung stellt, kann in aller Regel nicht darauf vertrauen, dass das Unternehmen durch die Nutzung dieser Lichtbilder unmittelbar Einnahmen erzielt.

Vielmehr ist es so, dass durch die Werbung der Umsatz der beworbenen Produkte gesteigert werden soll, und aus den Erlösen dieser Produkte können auch diejenigen, die die Werbematerialien geschaffen haben, entlohnt werden. Auch im vorliegenden Fall entspricht es dem Grundgedanken der Plattform, dass durch das Zusammenführen von Angeboten der Gesamtumsatz der einzelnen Anbieter gesteigert werden soll, was diesen wiederum die Möglichkeit eröffnet, aus ihren gesteigerten Umsätzen ihre Mitarbeiter und Vertragspartner zu entlohnen.

Dem Landgericht ist zuzugestehen, dass die Rechteeinräumung, wie sie Amazon in der Klausel vorgesehen hat, sehr weitgehend ist. Für den vorliegenden Fall ist jedoch nicht die Klausel insgesamt, sondern nur die – abteilbare – Einräumung eines einfachen, unbefristeten und unentgeltlichen Nutzungsrechts für die Nutzung der Materialien durch amazon.de zu beurteilen.“

Online-Händler können von Rechteübertagung in Amazon profitieren

Aufgrund der vorbezeichneten Darstellung, dass das Gericht hier von einer wirksamen Übertragung von Nutzungsrechten bei Amazon ausgeht, erfolgt für die Richter im Umkehrschluss zugleich, dass ein Onlinehändler, der den Amazon-Marketplace nutzt und sich an eine bestehende Artikelbeschreibung „heranhängt“ auch nicht als Täter oder Teilnehmer oder Störer einer Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen kann.

Dazu das Gericht wie folgt:

„Entgegen der Annahme des Landgerichts kann sich auch der Beklagte auf ein Nutzungsrecht aus den AGB berufen. Zutreffend ist, dass der Rechteinhaber das Nutzungsrecht zunächst nur Amazon einräumt. Stellt sich diese Rechteübertragung jedoch als wirksam dar, so entfällt bereits der Ausgangspunkt des Landgerichts, das den Beklagten als Mittäter eines rechtswidrigen öffentlich Zugänglichmachens als passivlegitimiert angesehen hat.

Bei einer wirksamen Nutzungsrechtsübertragung ist jedenfalls das öffentlich Zugänglichmachen durch Amazon nicht rechtswidrig. Eine Haftung des Beklagten für eben dieses Verhalten ist kaum zu begründen.

Im Übrigen verkennt die Betrachtungsweise, nach der das Nutzungsrecht alleine Amazon, nicht aber den anderen Teilnehmern am „Marketplace“ übertragen worden sei, wiederum die Funktionsweise des Systems: Die Einräumung des Nutzungsrechts erfolgt, damit auch andere Teilnehmer die Materialien für ihre Zwecke nutzen können. Amazon erteilt daher jedenfalls konkludent den Teilnehmern an dem System das Recht, die Gegenstände, an denen Amazon von anderen Teilnehmern Nutzungsrechte übertragen worden sind, ihrerseits für eigene Angebote zu nutzen.

Diese Entscheidung des Oberlandesgerichtes Köln beschäftigt sich ebenso wie die Entscheidung des Oberlandesgerichtes München über die wir ebenfalls in einem Gastbeitrag bereits informiert hatten, mit einer grundsätzlichen Frage, die Onlinehändler beschäftigen sollte, die bei Amazon-Marketplace verkaufen.“

Fazit

Die Entscheidung ist erfreulich für Online-Händler. Zwar sehen die Oberlandesgerichte hier grundsätzlich keine Rechtsverletzung des Online-Händlers, der sich an bestehende Angebote „heranhängt“, jedoch kann es immer wieder zu Urheberrechtsverletzungen kommen oder aber in einigen Fällen ggf. der Bundesgerichtshof eine abweichende Entscheidung treffen.

Umso wichtiger ist es für Online-Händler, genauestens darauf zu achten, dass sie entsprechende Nutzungsrechte besitzen; dies gilt auch für Internetverkaufsangebote auf Amazon.

Über den Autor

RA Rolf Albrecht

Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.

10.04.15
Rolf Albrecht

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