Ob Verstöße gegen die Datenschutzgesetze wettbewerbsrechtliche abgemahnt werden kann, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem Verbraucherschutzverbänden ein Klagerrecht bei Missachtung des Datenschutzes eingeräumt werden soll. Außerdem soll das AGB-Recht mit dem Gesetz geändert werden.
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Am 4. Februar 2015 beschloss das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts. Mit diesem soll Verbraucherschutzverbänden ein Unterlassungsanspruch bei Verstößen gegen den Datenschutz eingeräumt werden, d.h. Verbraucherschützer sollen Datenschutzverstöße in Zukunft abmahnen können.
Hierzu soll das Unterlassungsklagengesetz geändert werden. Damit wäre dann gesetzlich geklärt, dass Verstöße gegen die Datenschutz-Gesetze zumindest von Verbänden verfolgt werden können. Mitbewerber erhalten allerdings keinen expliziten Unterlassungsanspruch, können nach Ansicht mancher Gerichte aber schon heute solche Verstöße nach UWG abmahnen.
Das Unterlassungsklagengesetz regelt Unterlassungsansprüche von Verbänden. Damit ein solcher Anspruch überhaupt besteht, muss ein Verstoß gegen ein sog. "Verbraucherschutzgesetz" vorliegen. In § 2 Abs. 2 UKlaG findet sich eine Liste mit solchen Verbraucherschutzgesetzen. Diese Liste soll um Verstöße gegen den Datenschutz als Nr. 11 erweitert werden.
Verbraucherschutzgesetze sollen also auch
"Vorschriften [sein], welche die Zulässigkeit regeln
a) der Erhebung personenbezogener Daten eines Verbrauchers durch einen Unternehmer oder
b) der Verarbeitung oder der Nutzung personenbezogener Daten, die über einen Verbraucher erhoben wurden, durch einen Unternehmer,
wenn die Daten zu Zwecken der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung, des Betreibens einer Auskunftei, des Erstellens von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen, des Adresshandels, des sonstigen Datenhandels oder zu vergleichbaren kommerziellen Zwecken erhoben, verarbeitet oder genutzt werden."
Macht ein Verbraucherverband solche Ansprüche geltend und kommt es zu einem Gerichtsverfahren, schreibt § 12a dann vor, dass in einem solchen Verfahren das Gericht die inländische Datenschutzbehörde anzuhören hat. Diese Verpflichtung zur Anhörung greift nur dann nicht, wenn eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen wird.
Die Bundesregierung sieht es als notwendig an, die Vorschriften zum Datenschutz mit in die Liste der Verbraucherschutzgesetze aufzunehmen, da angesichts der Digitalisierung und der Geschäftsmodelle im Internet die Erhebung und Verarbeitung von Daten erheblich zugenommen hat.
"Deshalb ist es zweckmäßig, wenn Verbraucherdaten zu diesen Zwecken unzulässig erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, neben den Individualansprüchen der betroffenen Verbraucher auch Ansprüche von Verbraucherverbänden- und anderen klageberechtigten Stellen zu schaffen, um die datenschutzrechtlichen Vorschriften im Interesse des Verbraucherschutzes durchzusetzen."
Mit den neu in die Liste der Verbraucherschutzgesetze aufgenommenen Vorschriften werden alle Fälle der Datenverarbeitung erfasst, so die Begründung weiter, durch die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung von Verbrauchern besonders gefährdet werden könne.
"Neben der Datenverarbeitung zu diesen ausdrücklich genannten Zwecken sollen aber auch die Fälle erfasst werden, in denen ein Unternehmer Daten von Verbrauchern für vergleichbare kommerzielle Zwecke erhebt, verarbeitet oder nutzt. Gemeint ist jede Datenverarbeitung zu Zwecken, bei der der Unternehmer die Daten für sich oder einen Dritten in vergleichbarer Weise wirtschaftlich nutzt wie bei den ausdrücklich aufgeführten Zwecken."
Neben der Aufnahme der Vorschriften über den Datenschutz in das Unterlassungsklagengesetz soll auch das BGB im Bereich des AGB-Rechts geändert werden. Derzeit ist eine AGB-Klausel unwirksam, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Unternehmer oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden.
Im Regierungsentwurf vorgesehen ist der Ersatz des Wortes "Schriftform" durch das Wort "Textform".
Zur Begründung heißt es im Entwurf, dass in Verträgen mit Verbrauchern häufig in AGB vorgesehen sei, dass Kündigungen oder auch andere Erklärungen schriftlich abzugeben seien. Insbesondere seien diese Schriftformklauseln auch bei Online-Geschäften immer wieder anzutreffen.
"Verbraucher können die Verträge im Internet meist einfach formfrei schließen. Häufig ist nur das bloße Anklicken eines Bestellbuttons nötig. Für eine Kündigung oder andere rechtserhebliche Erklärungen des Verbrauchers ist dann aber in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oft Schriftform vorgesehen. Solche Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen werden von Verbrauchern häufig falsch verstanden.
Viele Verbraucher meinen, dass sie eine Erklärung, für die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Schriftform vereinbart wurde, immer eigenhändig unterschrieben und per Post an den Unternehmer senden müssen. Sie wissen nicht, dass § 127 Absatz 2 und 3 BGB für die vereinbarte Schriftform im Zweifel Erleichterungen vorsieht. Die Erklärung muss nach § 127 Absatz 2 und 3 BGB nicht eigenhändig unterschrieben sein. Es reicht aus, dass erkennbar ist, wer die Erklärung abgegeben hat.
Eine solche Erklärung kann dem Unternehmer auch durch Telefax oder E-Mail übermittelt werden. Die vereinbarte Schriftform kann also auch durch eine Erklärung in Textform erfüllt werden."
Außerdem, so die Begründung weiter, gäbe es immer wieder Klauseln, die festlegen würden, dass eine Erklärung nur auf eine bestimmte Art abgegeben werden kann, z.B. nur per Post oder nur per Telefax. Derartige Klauseln sind aber bereits nach heute geltendem Recht unzulässig. Das könnten aber Verbraucher häufig nicht erkennen.
"Wenn sich ein Unternehmer auf eine solche unwirksame Schriftformklausel beruft und behauptet, dass eine Kündigung oder eine andere Erklärung des Verbrauchers unwirksam sei, können sich viele Verbraucher dagegen nicht wirksam wehren, da ihnen nicht bewusst ist, dass eine solche Schriftformklausel unwirksam ist."
Damit solche Missverständnisse zukünftig vermieden werden, soll die Vorschrift entsprechend geändert werden.
Das bedeutet natürlich auch für Online-Händler, die derzeit eine Klausel in ihren AGB verwenden, in denen für die Abgabe von Erklärungen Schriftform vereinbart wurde, ihre Klauseln ändern müssen, sofern das Gesetz so verabschiedet werden sollte.
Zunächst handelt es sich hier um einen Entwurf der Bundesregierung, also noch nicht um geltendes Recht!
Die Erweiterung der Klagebefugnisse für Verbraucherverbände im Bereich des Datenschutzes ist schon länger geplant, nun liegt also der Gesetzentwurf vor. Dieser wird nun dem parlamentarischen Verfahren zugeleitet. Wird das Gesetz so verabschiedet, bedeutet dies für Unternehmer, dass Abmahnungen im Bereich Datenschutz zunehmen werden. Außerdem sollten dann AGB überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. (mr)
Lesen Sie hier die Pressemitteilung des vzbv zum Gesetzesentwurf: Erweiterte Verbandsklagebefugnis sorgt für besseren Schutz persönlicher Daten
https://www.youtube.com/watch?v=3QxM37j8NU0
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