Online-Händler weisen auf der Startseite ihres Shops oder innerhalb der Produktpräsentation häufig auf gesetzliche Rechte wie das Widerrufs- oder Gewährleistungsrecht hin. Bei diesen Hinweisen ist aber auf die Darstellung und die Wortwahl genau zu achten, da schnell die Grenze zur Werbung mit Selbstverständlichkeiten überschritten ist. Eine solche Wertbung kann abgemahnt werden.
Der BGH hat diese Grenze nun konkretisiert.
Seit der Reform des UWG im Jahr 2008 gibt es eine sog. “Schwarze Liste”. In dieser stehen Geschäftspraktiken, die gegenüber Verbrauchern in jedem Fall wettbewerbswidrig sind und somit abgemahnt werden können. Darin enthalten ist in Nr. 10 dieses Anhangs auch das Verbot der sog. “Werbung mit gesetzlichen Selbstverständlichkeiten”:
„Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Absatz 3 sind…die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, gesetzlich bestehende Rechte stellten eine Besonderheit des Angebots dar“
Der BGH (Urt. v. 19.3.2014, I ZR 185/12 – Geld-Zurück-Garantie III) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob für eine solche “Werbung mit Selbstverständlichkeiten” eine besondere Hervorhebung der Aussagen erforderlich ist.
Was war geschehen?
Der BGH hatte den Rechtsstreit zweier Onlinehändler für PC-Druckerzubehör zu entscheiden. Das beklagte Unternehmen verwendete im Rahmen seines eBay-Angebotes innerhalb der Produktbeschreibungen mit folgenden Aussagen:
„Sollten Sie mit einem kompatiblen Produkt nicht zufrieden sein, haben Sie eine 14-tägigeGeld-Zurück-Garantie. Das Porto der Rücksendung übernehmen wir.“
„Für alle Produkte gilt selbstverständlich ebenfalls die gesetzliche Gewährleistung von 2 Jahren.“
„Der Versand der Ware erfolgt auf Risiko von XXX.“
Der BGH sah als abschließende Instanz in Abweichung der Vorinstanz des OLG Hamm in zwei der vorbezeichneten Aussagen (Werbung mit Geld-Zurück-Garantie und Versandrisiko) eine unzulässige geschäftliche Handlung als gegeben an.
Die Aussage „Für alle Produkte gilt selbstverständlich ebenfalls die gesetzliche Gewährleistung von 2 Jahren.“ stufte der BGH jedoch nicht als wettbewerbswidrig ein.
Aussage zu Versandrisiko und Geld-Zurück-Garantie ist unzulässig
Die Werbung mit der Geld-Zurück-Garantie sowie der Übernahme des Versandrisikos sah der BGH als Verstoß gegen die Nr. 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, also als wettbewerbswidrige Werbung mit Selbstverständlichkeiten, an.
Das OLG Hamm hatte als Vorinstanz noch entschieden, dass die Aussagen besonders hervorgehoben werden müssen, um als Werbung mit Selbstverständlichkeiten qualifiziert zu werden. Dieser Ansicht folgte der BGH jedoch nicht.
„Eine hervorgehobene Angabe wird daher weder im deutschen Recht noch im für dessen Auslegung maßgeblichen Unionsrecht vorausgesetzt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass bei Verbrauchern der unrichtige Eindruck erweckt wird, der Unternehmen hebe sich bei seinem Angebot dadurch von den Mitbewerbern ab, dass er dem Verbraucher freiwillig ein Recht einräume.
Das kann durch eine blickfangmäßige Darstellung entstehen. Zwingend ist ein Blickfang aber nicht. Für diese Sichtweise spricht vor allem der Wortlaut der genannten Bestimmung. Dieser stellt auf eine Besonderheit des Angebotes und nicht auf eine besondere oder hervorgehobene Darstellung des Angebotes ab.
Es kommt hinzu, dass nach der Nr. 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG auch das Erwecken des Eindrucks, dass seiner Natur nach nicht ausdrücklich in hervorgehobener Weise erfolgen muss, unzulässig ist.“
Nach diesen Grundsätzen waren die Aussagen zur Geld-Zurück-Garantie und zum Versandkostenrisiko wettbewerbswidrig.
„Die „14-tägige Geld-Zurück-Garantie“ … geht weder über das bei Fernabsatzverträgen für Verbraucher nach § 312c BGB grundsätzlich zwingende bestehende Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB … hinaus.
Die … beanstandete Aussage über die Risikotragung beim Versand der Waren entspricht der nach § 475 Abs. 1 BGB zwingenden Regelungen in § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB.
Danach ist bei einem Verbrauchsgüterkauf die Vorschrift des § 447 BGB nicht anzuwenden. Dies hat zur Folge, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung erst dann auf den Verbraucher übergeht, wenn dieser den Besitz an der Sache erlangt hat (§ 446 Satz 1 BGB) oder in Annahmeverzug geraten ist (§ 446 Satz 3, §§ 293 ff. BGB).“
Ort und Platzierung der Werbeaussagen
Die Platzierung der Werbeaussagen und der durch sie vermittelte Eindruck sei maßgeblich bei der Beurteilung, ob es sich um eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten handelt, so der BGH weiter.
„In der beanstandeten Werbung wird auch der Eindruck hervorgerufen, die „Geld-Zurück-Garantie“ und die Regelungen über die Risikotragung beim Versand seien freiwillige Leistungen der Beklagten und stellen deshalb Besonderheiten ihres Angebotes dar. Dies folgt aus der Wiedergabe der beiden beanstandeten Aussagen unter den Vorzügen kompatiblen Verbrauchsmaterials, durch die der Eindruck einer freiwilligen Leistung erweckt wird.
Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass in unmittelbarem Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden Angaben die Gewährleistung von 2 Jahren ausdrücklich als ein gesetzliches Recht bezeichnet wird, dass selbstverständlich gilt.“
Aussage zu Gewährleistungsrechten
Die dritte Aussage „Für alle Produkte gilt selbstverständlich ebenfalls die gesetzliche Gewährleistungsfrist von Jahren“ stufte der BGH dagegen nicht als wettbewerbswidrig ein.
Grund ist, dass durch die Wortwahl klar und deutlich zum Ausdruck gekommen sei, dass nur eine reine Darstellung der gesetzlichen Rechte erfolgte. Es fehlte am Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, diese Rechte stellten eine Besonderheit des Angebotes dar.
„Mit dieser Formulierung wird für den angesprochenen Verbraucher klargestellt, dass er von der Beklagten insoweit keine Rechte eingeräumt bekommt, die ihm nicht schon kraft Gesetzes zustehen.
In dieser Hinsicht liegt auch keine gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 UWG, Art. 6 Abs. 1g der Richtlinie 2005/29 EG irreführende Werbung mit bei Leistungsstörung selbstverständlich bestehenden Gewährleistungsansprüchen vor; denn die dann bestehenden Ansprüche werden nicht als etwas ungewöhnliches herausgestellt, sondern als selbstverständlich bestehende bezeichnet.“
Widerspruch zu gesetzlicher Informationspflichten über Gewährleistungsrechte?
Seit dem 13. Juni 2014 sind Onlinehändler nach Art. 246a § 1 Absatz 1 Nr.8 EGBGB verpflichtet, den Verbraucher über „das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechtes für Waren“ zu informieren. Im Regelfall beträgt die Frist zur Geltendmachung von Gewährleistungsrechten dabei zwei Jahre.
Das Urteil des BGH steht dazu nicht im Widerspruch, da nur der Eindruck, dass eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren eine Besonderheit des Angebotes darstellt, wettbewerbswidrig ist.
Die Aussage „Es gelten die gesetzlichen Gewährleistungsrechte. Die Frist beträgt 2 Jahre ab Ablieferung der Waren.“ dürfte also grundsätzlich zulässig sein. Anders kann dies aber zu werten sein, wenn z.B. in den FAQ die Besonderheit solcher Leistungen betont wird.
Fazit
Dieses grundsätzliche Urteil des BGH hinsichtlich der Werbung mit Selbstverständlichkeiten und gesetzlichen Rechten und damit insbesondere der Nr. 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG zeigt, dass es nicht auf eine besonders hervorgehobene Darstellung ankommt, sondern auf die einzelne Wortwahl entsprechender Formulierungen. Grundsätzlich besteht bei entsprechenden Aussagen immer die Gefahr, wettbewerbsrechtlich abgemahnt zu werden.
Über den Autor
RA Rolf Albrecht
Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.
Unabhängig davon, wie die Gerichte entschieden haben, macht es auch für den shop wenig Sinn, ausschließlich mit Selbstverständlichkeiten zu werben. Die Kunden erkennen es schnell und wenn man nicht mehr zu bieten hat, stellt sich die Frage, warum man dort kaufen soll. Somit werden durch diese Urteile auch indirekt die shops angehalten, sich Alleinstellungsmerkmale zu überlegen, um sich abzusetzen.
@Mathias: Nicht unbedingt. Ich selbst habe immer wieder Kunden, welche anfragen, ob man im Falle des Nichtgefallens oder -passens die Ware auch zurückschicken kann und das Geld zurückbekommt. Ob ich den Kunden nun per Emailantwort über sein Widerrufsrecht unterrichte oder ob ich die wichtigsten Details direkt auf der Startseite darstelle, mach für mich keinen Unterschied, würde mir eher sogar noch die Arbeit erleichtern. Wenn man somit nur die wichtigsten Passagen des Widerrufsrechtes zitiert, diese auch mit diesem konform gehen und nicht mit einem “nur bei Uns” präsentiert werden, sehe ich eigentlich nur einen Mehrwert für den Kunden. Die meisten Kunden verstehen den Gesetzeswust des Widerrufsrechtes eh nicht.
Dieses ganze Selbstverständlichkeiten-Blabla dient wie viele andere rechtliche Bestimmungen auch wieder nur einem Zweck, Abmahnungen und somit Geld für Anwälte und Staat zu generieren.
Dass die EU Richtlinien nur mit dem Ziel erlässt, damit in Deutschland Abmahnungen ausgesprochen werden können, halte ich doch für eine sehr weit hergeholte Vermutung.
Die Kunst ist hier einfach, die Vorteile des Widerrufsrechts und anderer Gesetze genau so zu formulieren, dass sie für den normalen Kunden positiv erscheinen, aber nicht abmahnfähig sind. Also vielleicht so:
“Selbstverständlich:
– 14 Tage Widerrufsrecht ab Erhalt der Ware durch Sie
– null Versandrisiko für Sie
– volle 2 Jahre Gewährleistung ab Lieferung bei Ihnen
(lt. Gesetz)”
Mit den Zauberwörtern “Selbstverständlich” und/oder “lt. Gesetz” dürfte den Abmahnern der Wind aus den Segeln genommen sein.
Ich muss leider Dunkelwelt recht geben. Bei uns fragen auch viele Kunden nach ob und unter welchen Umständen zurück geschickt werden darf. Die vorgeschriebenen Texte liest sich kein Mensch durch.
Andererseits ärgern mich shops, die mit Selbstverständlichkeiten werben. Ich schreibe die regelmäßig an, meistens mit link zum shopbetreiber-blog und oft wird dann auch abgeändert, ohne Anwalt.
In diesem Sinn vielen Dank an die Redaktion für Eure oft hilfreichen und meist sehr interessanten Beiträge.
Grüße!
Kann ich nicht ganz nachvollziehen dieses Urteil.
Eine Geld-zurück-Garantie ist ja nichts vom Gesetz vorgeschriebenes, bzw. ist es ja auch keine Selbstverständlichkeit.
Nicht jeder Shop bietet diese Garantie z.B. über Trusted Shops an.
Es ist doch eine erkaufte Serviceleistung für den Kunden oder sehe ich das falsch ?
Und ist der Händler insolvent, dann hat der Kunde ohne eine solche Garantie gar nichts in der Hand.
Werbung mit Widerrufsrecht etc. leuchtet mir natürlich ein.
@Jochen:
Eine Geld-zurück-Garantie ist sicher nichts Selbstverständliches, da haben Sie Recht. Hier hatte der Händler aber das Widerrufsrecht als 14-tägige Geld-zurück-Garantie bezeichnet. Und das ist die Werbung mit einer gesetzlichen Selbstverständlichkeit.
Hiermit war auch nicht die Trusted Shops Garantie gemeint – diese würde auch nicht nur 14 Tage gelten. Diese dürfte man als Besonderheit des Angebotes herausstellen, weil sie – wie Sie richtig feststellen – nicht selbstverständlich ist.
Finde ich absolut richtig.