Abmahnanwalt zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt

AbmahnanwaltFür einige erfolglose Anwälte ist die wettbewerbsrechtliche Abmahnung immer mal wieder ein Mittel, um schnell an Geld zu kommen. Dieser Schuss kann aber auch nach hinten losgehen. Mahnt der Anwalt nämlich ab, ohne dass er überhaupt vom Unternehmer mandatiert wurde, macht er sich schadenersatzpflichtig, wie das AG Warstein entschieden hat.

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Das AG Warstein (Urt. v. 13.9.2012, 3 C 408/11) hatte zu entscheiden, ob einer abgemahnten Unternehmerin ein Schadenersatzanspruch gegen den abmahnenden Anwalt zusteht, wenn dieser ohne Mandat abgemahnt hat.

Der beklagte Anwalt mahnte die Klägerin im Februar 2011 im Namen einer Frau MA. ab. Außerdem sollte die Klägerin 775,64 Euro an den Anwalt zahlen.

Nach Beratung mit einer Anwältin gab die Abgemahnte die Unterlassungserklärung ab und zahlte an den Anwalt 451,80 Euro. An ihre eigene Anwältin musste sie ein Beratungshonorar in Höhe von 265,70 Euro zahlen.

Diese Zahlungen forderte die Abgemahnte später vor Gericht zurück, weil der Anwalt nicht wie behauptet mandatiert worden war.

Der beklagte Rechtsanwalt behauptete, dass er sehr wohl mandatiert wurde. Die Mandantin habe ihn am 10.2.2011 in einem Telefonat mit seiner Bürovorsteherin mit der Abmahnung beauftragt.

"In der mündlichen Verhandlung erklärte er, nachdem die Mandantin von drei Firmen abgemahnt worden sei, weil sie deren Vertriebssystem gestört habe, habe sie sich selber auf das aktive Abmahnen verlegt und ihn häufig mit Abmahnungen beauftragt.

Zu diesem Zweck habe sie vielfach in seiner Kanzlei angerufen und entsprechende konkrete Aufträge erteilt. Er habe die Abmahnungen unter Versicherung der Bevollmächtigung vorgenommen. Wenn in diesen Verfahren eine Vollmacht angefordert worden sei, sei in seiner Kanzlei eine der Mandantin unterzeichneten ca. 20 Blankovollmachten ausgefüllt und versandt worden.

Es seien keine Kopien der Blankovollmachten gefertigt und versandt worden. Er hat weiter erklärt, wenn sein Honorar für die Abmahnung nicht von dem Abgemahnten ausgeglichen worden sei, sei es der Mandantin in Rechnung gestellt worden.

Die Mandantin habe auch verschiedentlich Zahlungen geleistet. Soweit Zahlungen für sie, nämlich Vertragsstrafen oder Zahlungen auf sein durch die Abmahnaufträge ausgelöstes Honorar, entgegen genommen worden seien, seien die mit Honorarverbindlichkeiten der Mandantin und Zahlungen, die für Mandantin die in den verschiedenen Prozessen zu leisten waren, verrechnet worden.

Zahlungen an sie seien nicht erfolgt."

Abmahnanwalt muss zahlen

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Anwalt ohne Mandat abgemahnt hatte. Damit wurde er zum Schadenersatz nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB (Betrug) verurteilt.

"Die Überzeugung, dass der Beklagte entgegen seiner Einlassung nicht bevollmächtigt und beauftragt war, stützt das Gericht auf die gegenteilige Zeugenaussage der vermeintlichen Mandantin. Diese hat bekundet, den Beklagten lediglich im Rahmen seines „Abmahnschutzbriefes“ beauftragt zu haben."

Diese Schilderung der angeblichen Mandantin waren - so das Gericht - "in sich schlüssig und klar".

"Sie war gleichwohl impulsiv, häufig sprunghaft und oft wenig chronologisch.

Damit zeigte sie sich weniger von einem Aussageziel, als von starken Emotionen geprägt. Diese Emotionen sowie die Intensität, mit der die Mandantin nach Angaben auch des Beklagten im Internet und durch aktive Ansprache von ihm Abgemahnter aktiv ihre Behauptungen verbreitet, lassen sich nachvollziehbar mit ihrer Verärgerung, ja Wut und Verzweiflung angesichts des von ihr behaupteten „Missbrauchs“ ihres Namens und ihrer Blankovollmachten und des dadurch bedingten wirtschaftlichen Schadens erklären.

Ohne die hierdurch hervorgerufene Betroffenheit, also auf der Grundlage der Behauptungen des Beklagten erscheint es wenig nachvollziehbar, dass die Zeugin mit solchem Aufwand und Nachdruck ein Gerüst (dann falscher) Verdächtigungen gegen den Beklagten aufgebaut haben soll.

Die Aussage war trotz der gezeigten Eloquenz insgesamt in solcher Weise homogen, dass das Gericht eine solche „Darbietung“ unter der Prämisse einer falschen Anschuldigung für nicht leistbar hält."

Keine Zahlungen der Mandantin

Die Aussage der angeblichen Mandantin wurde nach Auffassung des Gerichts durch die Aussage der Bürovorsteherin gestützt:

"Gestützt wird die Aussage der Zeugin durch die Angaben der Bürovorsteherin, wonach der Mandantin über lange Zeit keine Abrechnung über die von ihr zu zahlenden Honorare des Beklagten, die für sie vereinnahmten und die für sie verauslagten Gelder erteilt worden ist.

Angesichts des angesprochenen Umfangs entsprechender Verbindlichkeiten und Zahlungen ist das bei einer professionell geführten Rechtsanwaltskanzlei nicht nachvollziehbar.

Für die Behauptung der Mandantin spricht ferner, dass die von ihr erteilten Blankovollmachten entgegen der ausdrücklichen Behauptung des Beklagten doch vervielfältigt worden sind.

Diese Überzeugung stützt das Gericht auf die in Augenscheinnahme der Vollmachten betreffend B., A. und G.

Hier zeigen die Unterschriften der Mandantin nicht nur ein völlig gleiches Schriftbild, auch sind sie in völlig gleichen Abständen zu der unter ihnen befindlichen Unterschriftenlinie ausgeführt.

Die Unterschrift in der Vollmacht G. ist lediglich im Vergleich zu den beiden anderen geringfügig gestaucht. Da das in gleicher Weise für den Vollmachtstext gilt, ist es offenbar darauf zurückzuführen, dass die Vollmachtsurkunde eingescannt und dabei insgesamt entsprechend gestaucht worden ist. (Letzteres kann auch nach der Versendung durch den Beklagten erfolgt sein.)"

Das Gericht war der Überzeugung, dass die Aussage der Bürovorsteherin des Beklagten, die "Mandantin" habe ihn am 10.2.2011 beauftragt, falsch war.

"Das Gericht konnte in der Aussage der Zeugin nichts feststellen, was für eine wahrheitsgemäße Aussage sprach, während es an verschiedenen Stellen den Eindruck gewann, die Zeugin halte ihre Aussage vage, um nichts „Falsches“ zu sagen.

Ihre Aussage wirkte zurückhaltend, vorsichtig abgewogen und ohne jede emotionale Beteiligung, was für sich betrachtet sowohl auf eine wohl abgewogene, um Richtigkeit bemühte Zeugenaussage die auch auf eine Widersprüche möglichst vermeidende Falschaussage hinweisen kann.

Bezüglich der Frage, was mit den Abmahngebühren des Beklagten geschehen sei, wenn der Verfahrensgegner sie nicht ausgeglichen hätte, wollte die Zeugin nach Einschätzung des Gerichtes eine Antwort vermeiden.

Da es sich nach Aussage der Bürovorsteherin um einen sehr intensiven Kontakt handelte, überrascht es bereits, dass die Zeugin angeblich keine Antwort darauf geben konnte, ob die Mandantin zur Ausgleich der die Gebühren des Beklagten aufgefordert wurde, wenn der Abmahngegner sie nicht ausglich.

Die Begründung hierfür, sie würde solche Zahlungsaufforderungen nicht schreiben, ist angesichts der Tatsache, dass sie auf Nachfrage des Gerichts einräumen musste, die Zahlungseingänge zu kontrollieren, wenig überzeugend.

Dies gilt umso mehr, als sie wenig später angab, Kostenrechnungen seien auch mit für die Mandantin eingenommene Vertragsstrafen verrechnet worden, was bedeuten würde, dass ihr bekannt war, dass die Gebühren jedenfalls teilweise in Rechnung gestellt wurden.

Wenig glaubhaft ist auch, dass angesichts der Intensität des von der Bürovorsteherin und dem Beklagten geschilderten Abmahngeschäfts mit der Mandantin, das auch in den neun vermerkten Abmahnungen allein am 10.02.2011 zum Ausdruck kommt, der Mandantin jedenfalls über Monate keine Abrechnung erteilt worden ist.

Dies lässt sich mit einem halbwegs geordneten Geschäftsbetrieb nicht in Einklang bringen.

Diese Angaben der Bürovorsteherin stehen im Widerspruch zur Einlassung des Beklagten, der angab, es stehe im noch bildhaft vor Augen, dass von der Mandantin verschiedentlich Zahlungen in Höhe der Grundgebühr von etwa 590,00 € eingegangen seien."

Letztlich spielte für das Gericht eine große Rolle, dass der beklagte Rechtsanwalt trotz Hinweis des Gerichts keinen relevanten Schriftverkehr oder Nachweise über Überweisungen vorgelegt hatte.

Fazit

Solche Anwälte sind es, die das Instrument der Abmahnung in Verruf gebracht haben. Aber es ist erfreulich, dass nunmehr einige Urteile existieren, in denen ein derartiger Missbrauch geahndet wird und der Abgemahnte hier seine Kosten ersetzt bekommt. Unverständlich bleibt dann jedoch ein Urteil des OLG Köln, welches einen strafbaren Betrug bei derartigen Machenschaften nicht erkennen konnte. (mr)

13.11.13