Im Falle der Ausübung des Widerrufsrechtes können dem Verbraucher im Rahmen der sog. 40-Euro-Klausel die Kosten der Rücksendung auferlegt werden. Umstritten ist aber die Frage, ob die 40-Euro-Klausel greift, wenn der Verbraucher zwei Artikel zurücksendet, die zwar in Summe die Grenze von 40 Euro übersteigen, beide Einzelwerte aber unterhalb von 40 Euro liegen. Das AG Augsburg hat sich nun dazu geäußert.
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Vor dem AG Augsburg (Urt. v. 14.12.2012, 17 C 4362/12) klagte ein Verbraucher gegen einen Online-Händler auf Erstattung der Rücksendekosten. Der Kunde hatte bei dem Shop eine Leinenhose zum Preis von 29,95 Euro und ein Paar Schuhe für 12,90 Euro gekauft.
Beide Artikel schickte der Verbraucher im Rahmen seines Widerrufsrechtes an den Händler zurück. Der Händler vereinbarte in seinen AGB die Geltung der sog. 40-Euro-Klausel.
Händler erstattet keine Rücksendekosten
Der Händler zahlte die vom Verbraucher verauslagten 6,90 Euro Rücksendekosten nicht, daher klagte der Verbraucher.
Das Gericht folgte der Argumentation des Händlers und entschied, dass in diesem Fall der Verbraucher die Rücksendekosten tragen müsse.
Einzelwert der Waren zählt
Das Gericht interpretiert die Vorschrift dahingehend, dass nicht der Gesamtwert der zurückgesandten Ware für die Beurteilung maßgeblich ist. Das wären in dem Fall 42,85 Euro gewesen und die “magische Grenze” von 40 Euro wäre überschritten gewesen. In diesem Fall hätte der Händler die Rücksendekosten zahlen müssen.
Das Gericht legt allerdings die jeweiligen Werte, also einmal 29,95 Euro und einmal 12,90 Euro zu Grunde. Da keines der beiden Produkte einen Wert von über 40 Euro hatte, musste der Verbraucher die Rücksendekosten selbst tragen.
“Hinsichtlich der Preisgrenze von 40,00 Euro folgt das Gericht der Argumentation der Beklagtenseite, wonach es hierbei auf die einzelne Sache und nicht auf die Gesamtheit der Bestellung ankommt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der verwendeten Ausschlussklausel, welche von der “zurückzusendenden Sache” spricht und damit bewusst im Singular formuliert.
Außerdem ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung, nämlich nicht nur die Zahl der nicht ernsthaften Bestellungen zurückzudrängen, sondern ebenso die missbräuchlichen Bestellungen einer Mehrzahl von Waren, von denen dann nur eine gekauft wird, zu verhindern.”
Das Gericht schließt sich mit der Entscheidung einer sehr starken Meinung in der juristischen Literatur an.
Fazit
Das Gericht beantwortet eine Frage, die sich sicher schon viele Händler gestellt haben. Als Händler muss man sich aber auch entscheiden, ob man wegen 6,90 Euro Geld und Zeit in einen Rechtstreit investiert, wenn ein Kunde die Rückzahlung einfordert, um evtl. von einem anderen Gericht eine andere Einschätzung zu erhalten. (mr)
Ist doch schon alles ziemlich seltsam… Im Widerrufsrecht wird vom Preis der zurückgesendeten Sache gesprochen, also gehe ich mal davon aus, dass “Sache” sich hier auf die komplette Rücksendung bezieht. Ich jedenfalls habe Portokosten bisher immer zurückerstattet, wenn der Gesamtwert der Rücksendung mind. 40€ betrug, aus meiner Sicht ist dies auch ursprünglich genau so vorgesehen. Die Aufsplittung des Rücksendewarenwertes bei mehreren Teilen führt doch nur zu Hickhack. Davon abgesehen, hat es sich ja 2014 zum Glück erledigt mit der 40€ Klausel und der Tragung der Rücksendekosten durch den Händler.
Wer es jedoch darauf ankommen lassen will und jetzt Rücksendungen gemäß diesem Urteil behandelt, der brauch dem Verbraucher ja nur einen Link zu diesem Artikel schicken und schon wird sich dieser wohl überlegen, ob er klagt… 😉
Hurra! Endlich mal ein Gericht für den armen Händler. Ich habe mich schon immer über Amazon geärgert, die dies schon lange so handhaben, nur aber offentsichtlich mit dieser Praxis Recht haben. Werden wir auch einführen.
Ein sehr gutes Urteil, wenn man bedenkt, dass 90% aller Rücksendungen mißbräuchlich sind. Ich persönlich gebe allerdings zu, dass ich eine Rücksendung bereits als mißbräuchlich ansehe, wenn eine Artikelbeschreibung nicht richtig gelesen wurde. Um das lesen zu unterlassen, hat der Gesetzgeber zugegebenermaßen jedoch einen Freibrief eingeräumt.
Uns allen Händlern muss einfach endlich bewusst werden, welch volkswirtschaftlicher Schaden mit der deutschen Rückgabementhalität entsteht. Die Unverschämtheit unserer Verbraucher ist in keinem Land der Welt wieder zu finden.
Ein Unternehmen, welches Kundenfeundlich mit Retouren umgeht, ist kaum in der Lage, Gewinne zu erwirtschaften. Ach ja.. Umsatz ist kein Erfolgsindikator, liebe Freunde von Zalando.., sondern der Gewinn!:-)
So sehr ich Ihnen ansonsten auch Recht gebe, Herr Nils Woratschka, das Urteil ist trotzdem sinnlos. Wo liegt bitte der Unterschied, ob ein Kunde 2 Artikel zu je 29,90€ zurückschickt und dafür laut diesem Urteil kein Rückporto erstattet bekommt oder aber 2 Artikel zu 49,90 und 9,90€ zurückschickt und dafür laut 40€ Klausel dann das Rückporto erstattet bekommt? In beiden Fällen liegt der Warenwert der zurüclgesendeten Ware bei 59,80€ und somit ja über 40€…
@Dunkelwelt: Der Unterschied liegt darin, dass man mit dem Urteil in Waren unter 40 EUR keine Rückversandkosten von vornherein in die Preise solcher Artikel einkalkulieren muss!
So muss man nur in Artikel über 40 EUR eine entsprechende Rücksenderücklage einkalkulieren. Vereinfacht ausgedrückt: Rücksendekosten * Rücksendequote = Preisaufschlag für > 40 EUR Artikel
@tokra: Andersrum, wie es eigentlich gemäß Widerrufsrecht richtig wäre, müsste man bei JEDEM Artikel, auch wenn dieser preislich unter 40€ liegt, Rücksendekosten einkalkulieren, denn wenn man eben rein vom gesamten Rücksendewarenwert von >40€ ausgeht, ohne diesen gemäß diesem Urteil auf die einzelnen Artikel aufzusplitten, muss durch den einkalkulierten Aufschlag JEDE Rücksendung mit Warenwert >40€ abgedeckt werden. Das Urteil ist und bleibt sinnlos bzw. falsch. Ich wäre mal auf die Diskussion mit den Kunden gespannt, der zwar für 50€ zurückgesendet hat, jedoch besteht die Rücksendung aus zwei 25€ Artikeln… Aber egal, Mitte 2014 hat der Spuk wie gesagt zum Glück ein Ende… Nach diesem Urteil müsste die 40€ Klausel auch eigentlich in 80€ Klausel umbenannt werden, denn der Kunde kann nun zwei Artikel zu je 40€ zurückschicken und hat dabei das Rückporto selbst zu tragen… Sozusagen ist das Widerufsrecht, insbesondere die 40€ Klausel eine Täuschung des Kunden vom Gesetzgeber aus. Der Händler würde für sowas ratzbatz abgemahnt werden, der Gesetzgeber wohl nicht. Und der Kunde sieht letzendlich noch weniger durch…
Liebe Dunkelwelt,
der Unterschied liegt seit dem Jahr 2004 im Detail.
Früher: Wert der Rücksendung
= die Preise werden zusammen gezählt
Heute: Preis der Rücksendung
= Einzelpreis
@Sepppo
Das ist so nicht ganz richtig.
Früher war der Bestellwert maßgeblich, unabhängig davon, welche Sachen zurückgeschickt wurden. Bestellte früher also ein Verbraucher 3 Hemden zu jeweils 20 Euro und schickte eines davon zurück, trug der Händler die Versandkosten, weil der Wert er Bestellung über 40 Euro lag.
Hierin lag ein großes Missbrauchspotential, deswegen hat der Gesetzgeber reagiert und ins Gesetz geschrieben, dass der “Preis der zurückzusendenden Sache” maßgeblich ist.
Wie schauts denn aus, wenn der Kunde 2 Artikel bestellt hat, einer kostet über 40 Euro und einer weniger.
Es wird jedoch bei der kostenfreien Rücksendung des teureren Artikels der zweite beigelegt, aber der Händler berechnet für diesen zweiten Artikel die Rücksendekosten und begründet dies mit der Bearbeitung der Rücksendung….obwohl keine tatsächlichen Rücksendekosten entstanden sind…. (Betragsgutschrift wurde um 3,50 EUR gekürzt)
@Franzl:
In diesen Fällen kann man es wie Amazon machen: Man berechnet dem Kunden die Hälfte der Rücksendekosten. Schließlich haben doch beide profitiert … Der Händler und der Kunde. Der Händler muss nicht die vollen Rücksendekosten tragen und der Kunde braucht seinerseits nicht die Rücksendekosten für das zweite nicht vom Rücksendekosten-Privileg erfasste Produkt in voller Höhe zu tragen.
Du kannst natürlich auch großzügig sein und dir sagen: Ich habe ja eh zahlen müssen, also ist es egal und daher übernimmst du halt die vollen Kosten. Letztlich ist es Deine Entscheidung. Ich glaube aber, dass die von Amazon bereits seit langem praktizierte Regelung ein fairer Mittelweg ist, der die Interessen beider Seiten angemessen berücksichtigt.
@Ralph P. Görlach
Hätte ich sowas (50/50) als Amazon Händler gemacht, ist eine negative Bewertung vorprogrammiert. Ab und zu sind Amazon Kunden wütend, wenn für eine 20Eurige Ware Rückporto zahlen müssen.
Wir hatten bisher nie Probleme damit. Wir haben schon mehrmals mehrere Sachen zur Auswahl bestellt und auch (teilweise leider sogar komplett) zurückgeschick. Obwohl die Einzelpreise oft unter EUR 40 lagen, hatten wir bisher nie Probleme mit der Ersattung der Rücksendekosten, wenn der Gesamtwert der Rücksendung über EUR 40 lag.
Vor einigen Wochen haben wir allerdings Pflasterfugenmörtel für unsere neue Terasse bestellt. Aufgrund der Gebindegröße mussten wir allerdings 2 Stück zur je EUR 39,90 des selben Typs bestellen.
Leider konnten wir erst bei der Verlegung der Terrassenplatten sehen, dass es mit der Fugenbreite sehr sehr knapp wird, d. h. die notwendige Mindestfugenbreite vorallem in der Tiefe kaum einzuhalten ist. Von daher hat uns unserer Pflasterer davon abgeraten. Da kein Rücksendeaufkleber dabei war, haben wir den Händler angerufen, der uns mitgeteilt hat, dass sie generell keine Rücksendeaufkleber beifügen. Wir sollten aber bloß nicht unfrei zurücksenden, da das zu teuer kommt. Wir sollten die Ware mit GLS oder DHL zurücksenden und die Quittung für die Rücksendekosten in eines der beiden Pakete legen und zudem unsere Bankverbindung für die Rückerstattung anzugeben. Wir haben uns dann aufgrund der niedrigeren Kosten für die Rücksendung mit GLS entschieden und die Quittung und unsere Bankverbindung beigefügt. Parallel haben wir dann auch noch eine E-Mail an den Händler geschickt und alle Daten nochmals angegeben und um Erstattung des Warenwertes und der Rücksendekosten – wie vorab telefonisch besprochen – gebeten. Erst auf eine zweite Erinnerungsmail erfolgte kurz vor Ablauf der 30 Tage-Frist ein Anruf mit Entschuldigung, dass sie sich erst so spät melden und die Erstatung noch am seleben Tag in die Wege leiten. Ein paar Tage später ging dann der Warenwert auf unserem Bankkonto ein. Die verauslagten Rücksendekosten aber leider nicht. Daraufhin haben wir mehrere E-Mails mit weiteren Fristen geschrieben, aber es erfolgte weder eine Antwort darauf noch die Ersattung der verauslagten Rücksendekosten. Heute – über 7 Wochen nach der Rücksendung – haben wir dann den Händler angerufen. Dieser teilte uns dann mit, dass wir die Rücksendekosten selbst tragen müssen, weil die Einzelwerte unter EUR 40 liegen. – Dies war uns völlig neu, weil wir immer vom Gesamtwert der Rücksendung ausgegangen sind und auch vorher nie Probleme damit hatten. – Fraglich ist, warum uns vor der Rücksednung vom Händler etwas anderes gesagt worden ist und nicht auf unsere E-Mails reagiert worden ist. Der Mitarbeiter des Händlers hatte hierauf keine Antwort und wollte nicht antworten.
Hätten wir das vorher gewusst, hätten wir versucht den Pflasterfugenmörtel selbst privat zu verkaufen.
Ungeachtet dessen sehen wir das in unserem Fall als eine Sache im Wert von EUR 79,80, da es sich um zwei völlig identische Artikel handelt. Von daher müsste von einem Wert der Sache von über EUR 40 ausgegangen werden und der Händler die kompletten Rücksendekosten tragen.
@NZ Ihre Logik wäre evtl. richtig, wenn Sie zwei Säcke zurückgeschickt hätten. In Ihrem Fall haben Sie ja nur Ware im Wert von 39,90 zurückgeschickt.
Gott sei Dank ist eine Gesetzesänderung in Sicht! Der Verbraucher muß ab Sommer 2014 immer die Retourkosten tragen wenn er im Vorfeld darüber informiert wird, was in meinen Augen nur richtig ist – denn in welchem Ladengeschäft wird der Fahrtpreis für die Anfahrt zur Retour erstattet! Und aus der Erfahrung heraus weiß der Händler, dass 85% aller Retouren darauf zurück zu führen sind das der Kunde nicht richtig gelesen oder gemessen hat. Und wir werden es erleben, ab 2014 ließt der Kunde die Beschreibung der Ware im Internet. 🙂
Na dann geht eben ab 2014 der Umsatz im Online-Handel zurück… Viel vergnügen damit ^^
Ja, dann geht der Umsatz im Onlinehandel eben zurück. Da freut sich doch unser Ladengeschäft. Viel Umsatz mit hohen Retourenkosten haben schon Großen wie Quelle das Genick gebrochen.
10 ernsthafte Kunden sind mir lieber als 30 Spaßbesteller, die mal “Zalando Party” feiern möchten. Im nächsten Jahr trennt sich dann die Spreu vom Weizen und das ist gut so. Da kann jeder Händler selbst entscheiden, welche Art von Kunden er anziehen wird.
Wir begrüßen diese Entscheidung, denn wir haben regelmäßig Rücksendungen, denen man ansieht, dass noch Artikel “dazubestellt” wurden, um die 40-Euro-Grenze zu knacken. Oder es werden mehrere Exemplare eines Artikels bestellt, um über 40 Euro zu kommen.
Ich freue mich auch auf 2014, wenn der Kunde sich vorher überlegen muss, was er online bestellt.
Mein lieber Herr Woratschka: “Die Unverschämtheit unserer Verbraucher ist in keinem Land der Welt wieder zu finden.” Mit dieser Aussage schießen Sie den Vogel ab. Vielleicht sollten Sie zunächst erst einmal Ihre eigenen “Geschäftspraktiken” vor dem Hintergrund dieser Aussage überdenken… Die zahlreichen Bewertungen über Ihre diversen Shops sprechen Bände.
Sehr geehrter Herr Woratschka, Ihre Schüsse gegen den Verbraucher sind beachtenswert – und ich nehme an, dass Sie das auch so meinen, was Sie da vom Stapel lassen. Es ist Ihnen also nicht klar, dass ein “gut gepflegter” Kunde immer wieder bei Ihnen einkaufen wird? Ein Kunde hingegen, der sich mit Ihren bösen Behauptungen und Ihrem Selbstmitleid auseinander zu setzen und viel Zeit mit Hick-Hack vergeuden muss, wohl eher nicht wieder bei Ihnen einkaufen wird? Und nun fragen Sie sich doch bitte einmal, wer hier mehr Gewinn erwirtschaften wird: Ein Unternehmen, dass mit Retouren kundenfreundlich umgeht – oder Sie? Wer nur auf Gewinn aus ist und alles andere in den Hintergrund stellt, der sich lieber mit dem Verbraucher streitet als auf ihn zuzugehen, weil er nämlich abhängig vom Kunden ist, der hat irgend etwas nicht verstanden. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Und noch eines: Die Waren, die qualitativ einwandfrei sind, werden vom Verbraucher gern behalten. Wer hingegen nur Schund anbietet, muss selbstverständlich auch mit einer Großzahl von Retouren rechnen. So schwer ist das gar nicht. Ich selbst mache lieber hier und dort klitzekleine Abstriche, halte aber meine Verbraucher bei Laune, die dann auch immer wieder gern bei mir kaufen. Und noch etwas: Es gibt Sonderkonditionen, die man mit den vielen Transporteuren ermitteln und anwenden kann. Also nochmal: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Vielleicht findet der eine oder andere Händler ja den richtigen …
M. Katnus