Rechte und Pflichten bei Transportschäden Teil 3: Vorgehen im Schadensfall

In den vorherigen Teilen der Artikelserie zum Thema Transportschäden und Transportverluste wurden die Grundlagen im b2b und b2c Geschäft erläutert und die engen gesetzlichen Schranken beim Handel mit Verbrauchern aufgezeigt. Aber was kann unternommen werden, wenn der Schadensfall eingetreten ist? Hierauf geht der letzte Teil der Artikelserie ein.

Lesen Sie mehr zum Umgang mit Mängelanzeigen.

Ein Schaden an der Ware, der auf dem Transportweg eintritt, ist sowohl für den Händler als auch für den Verbraucher ärgerlich, da immer mit Aufwand verbunden.

Schadensanzeige (erst nach Monaten)

Meldet sich der Kunde erst sehr spät, um einen Transportschaden zu melden, wird der Händler den Schaden in aller Regel nicht mehr direkt über den Transportdienstleister regulieren können. Wie ist also die Rechtslage, wenn sich der Verbraucher erst nach Tagen, Wochen oder Monaten mit einem Transportschaden beim Händler meldet?

Wie bereits dargelegt kennt das Gesetz keine Rügepflichten im Verbrauchsgüterhandel. Die Gewährleistungsfrist beträgt bei Verbrauchsgüterkäufen regelmäßig zwei Jahre (§ 438 Abs.1 Nr. 3 BGB). Kürze Rügepflichten wurden vom OLG Hamm (U. v. 24.5.2012, I-4 U 48/12) für unwirksam erklärt. Auch der BGH hat kürzlich bestätigt, dass diese unwirksam sind und auch abgemahnt werden können.

Zu beachten bleibt aber, dass bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) während der ersten 6 Monate eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Kunden besteht.

Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe der Sache an den Kunden ein Mangel, wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar (§ 476 BGB).

Nachweis des Mangels

Das bedeutet, der Verkäufer muss innerhalb der ersten 6 Monate nachweisen, dass der Mangel bei Übergabe noch nicht vorhanden war. Da der Händler aber in aller Regel nicht selbst die Ware ausliefert, kann dieser Nachweis in der Praxis fast nie erbracht werden.

Ob die Vermutung (Beweislastumkehr) mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist (§ 476 BGB), ist eine Frage der gelieferten Sache bzw. des Mangels.

Von der Rechtsprechung anerkannt sind z.B. auch solche Mängel, die auch dem fachlich nicht versierten Käufer bei Übergabe der Kaufsache auffallen müssen. In einem solchen Fall ist zu erwarten, dass der Käufer den Mangel bei der Übergabe beanstandet.

Nimmt er die Sache ohne Beanstandung entgegen, so spricht dies gegen die Vermutung, der Mangel sei schon bei Gefahrübergang vorhanden gewesen.

Ob die Beweislastumkehr in Ihrem konkreten Fall tatsächlich ausgeschlossen ist und somit der Kunde das Vorliegen des Mangels schon bei Gefahrübergang beweisen muss, lässt sich nicht in allgemeiner Form beantworten, sondern hängt von einer genauen Prüfung aller Umstände des Einzelfalls ab.

Sollte der Mangel erst beim Öffnen des Paketes feststellbar gewesen sein, der Kunde das Paket aber wochenlang nicht geöffnet haben, so spricht dies beispielsweise schon gegen den Ausschluss der Beweislastumkehr.

Das Bestehen des Gewährleistungsrechts (oder des Widerrufsrechts) darf nicht - wie dies zwischen Unternehmern üblich ist - von einer sofortigen Prüfung der Ware abhängig gemacht werden. Dem Kunden kann ein Transportschaden auch infolge grober Fahrlässigkeit verborgen bleiben. Grundsätzlich kann ein Verbraucher daher auch noch nach Wochen oder Monaten einen Transportschaden melden.

Umgang mit Transportschäden

Meldet sich ein Verbraucher bei Ihnen, um einen Transportschaden anzuzeigen, können Sie Ihn natürlich zunächst dennoch höflich bitten, diesen Schaden bei dem Transportunternehmen anzuzeigen. Der Verbraucher ist hierzu zwar nicht verpflichtet, aber eine höfliche Bitte kann dennoch Wirkung zeigen.

Alle weiteren Maßnahmen zur Transportschadensregulierung müssen Sie selbst mit dem Transportunternehmen bzw. mit dem Hersteller klären. Ein Abhängigmachen der Nacherfüllung oder der Rückerstattung des Kaufpreises (im Falle eines Widerrufs) von der erfolgreichen Geltendmachung des Transportschadens Ihrerseits ist unzulässig.

Nacherfüllung

Verlangt der Verbraucher Nacherfüllung, hat er die Wahl zwischen Reparatur der defekten Sache oder Neulieferung. Als Händler sind Sie nicht berechtigt, dieses Wahlrecht des Verbrauchers in AGB oder auch per Mail zu beschränken.

Als Unternehmer kann man die gewählte Art der Nacherfüllung nur in ganz bestimmten Fällen verweigern und auf die andere Art wechseln. Das wäre z.B. der Fall, wenn eine LED im Wert von 10 Euro bei einer Küche im Wert von 10.000 Euro defekt wäre und der Verbraucher die Lieferung einer komplett neuen Küche verlangen würde.

Sämtliche Kosten für die Nacherfüllung sind vom Unternehmer zu tragen - dies gilt übrigens online wie offline.

Ort der Nacherfüllung

Dem Händler muss die Möglichkeit eingeräumt werden, dass er die Ware untersuchen daraufhin untersuchen kann, ob der behauptete Mangel überhaupt vorhanden ist.

Der BGH (U. v. 13.4.2011 – VIII ZR 220/10) hat hier klargestellt, dass der Verbraucher die mangelhafte Ware (auf Kosten des Unternehmers) grundsätzlich zum Sitz des Unternehmers bringen muss, da sich dort der Erfüllungsort der Nacherfüllung befindet.

Umgang mit Transportverlusten

Manchmal geschieht es auch, dass die Ware auf dem Weg nicht "nur" kaputt geht, sondern gar nicht erst beim Verbraucher ankommt. In diesem Fall kann der Unternehmer zwar einen Nachforschungsauftrag beim Transportdienstleister stellen.

Macht der Verbraucher jedoch glaubhaft - z.B. mittels eidesstattlicher Versicherung - dass die Ware nie bei ihm angekommen ist, müssen Sie ihm den bereits gezahlten Kaufpreis erstatten.

Die erneute Lieferung der Ware ist jedoch keine Pflicht des Händlers, solange er nachweisen kann, dass die Ware ordnungsgemäß abgeschickt wurde. Aus Kundenbindungssicht, kann es jedoch manchmal vorteilhafter sein, die Ware ein zweites Mal an den Kunden zu schicken und nicht einfach den Kaufpreis zurückzuzahlen.

Für die Zustellung der Ware beim Verbraucher ist man übrigens als Händler in der Beweislast. Dies kann besonders problematisch werden, wenn das Paket beim Nachbarn abgegeben wurde. Denn ohne ausdrückliche Erklärung des Verbrauchers, dass auch der Nachbar zur Entgegennahme berechtigt ist, erfolgt damit noch keine Zustellung. Diese ist erst dann erfolgt, wenn der Besteller die Sendung tatsächlich in der Hand hält.

Nachweise

Behauptet der Verbraucher, die Ware sei beschädigt oder überhaupt nicht angekommen, sollte man ihn um entsprechende Nachweise bitten. Am besten geeignet ist hier die Versicherung an Eides statt. Diese sollte am besten mit Fotos von der defekten Ware versehen sein.

Dies ist ein bewährtes Mittel zur Glaubhaftmachung von Tatsachen. Steht darin nicht die Wahrheit, macht sich der Abgebende strafbar. Hierüber ist er anfangs zu belehren.

Bereits die Drohung mit der Strafbarkeit wegen einer falschen Versicherung an Eides statt, dürfte viele Kunden zur Genauigkeit und vor allem zur Wahrheit bringen. Ganz ausschließen kann man aber natürlich nie, dass man Opfer eines Betrügers geworden ist.

Die Frage des Nachweises ist sicherlich die komplizierteste. Hier sollte man als Unternehmer genau Aufwand und Nutzen gegeneinander abwägen.

Lohnt es sich z.B. für ein Produkt von 20 Euro evtl. einen teuren Rechtsstreit zu führen oder ist es wirtschaftlich evtl. sinnvoller, diese an den Kunden zu erstatten und ihn damit gleichzeitig dazu zu bringen, erneut Kunde im Shop zu werden? Das ist natürlich immer eine Einzelfallbetrachtung und hier muss jeder Händler für sich entscheiden, was für ihn die beste Variante ist.

Dass die Ware gar nicht angekommen ist, kann der Kunde ebenfalls nur durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft machen. Wie oben dargelegt, obliegt es dem Händler, den Zugang der Ware zu beweisen.

Oft reicht dafür der Track-and-Trace-Code nicht.

Fazit

Die Lieferung von Waren birgt viele Risiken, die aufgrund des starken Verbraucherschutzcharakters des Fernabsatzrechtes fast vollständig der Händler zu tragen hat. Diese Risiken lassen sich durch zuverlässige Transportdienstleister zwar verringern, aber wohl nie ganz aus der Welt schaffen. Händler müssen diese Faktoren unbedingt in Ihre Berechnungen mit einbeziehen, sonst kann das Online-Geschäft schnell unwirtschaftlich werden.

Im Falle eines Transportschadens oder -verlustes ist der Verbraucher nach dem Willen des Gesetzgebers eindeutig in der besseren Position. (mr)

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30.07.12