Die rechtsverletzende Nutzung bestehender Marken durch Online-Händler und sonstige E-Commerce-Anbieter führt zu Abmahnungen, die zum einen dazu führen, dass erhebliche Kosten entstehen können, zum anderen aber auch nach abgegebenen Unterlassungserklärungen eine zeitlich unbegrenzter Vertrag geschlossen wird, innerhalb dessen eine bestimmte Marke nicht genutzt werden kann.
Was passiert aber, wenn die Marke nachträglich gelöscht wird?
Besteht eine entsprechende Marke nicht mehr, so kann man sich auch nicht wirksam auf eine mögliche Vertragsstrafe und deren gerichtliche Geltendmachung berufen.
So entschieden durch das Oberlandesgericht Karlsruhe (U. v. 7.5.2012, 6 U 187/10).
Die Klägerin war im Wege der außergerichtlichen markenrechtlichen Abmahnung gegen die Beklagte vorgegangen.
Infolge dessen gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab, wonach die Wortmarke "physiomobil“ für bestimmte Waren nicht mehr genutzt werden sollte.
Im Rahmen der Unterlassungserklärung wurde eine Einschränkung dahingehend vorgenommen, dass die Unterlassungsverpflichtung nur so lange gelten sollte, „wie es sich bei diesen Begriffen für Frau XX um markenrechtliche Begriffe handelt“.
Nachdem es im Jahre 2009 zu dieser Unterlassungserklärung kam, erfolgte im Jahr 2010 durch die Klägerin wegen der Verwendung des zur Unterlassung verpflichteten markenrechtlichen Begriffs an verschiedenen Stellen im Internet, nämlich in Online-Branchenverzeichnissen und Stellenanzeigen in Online-Jobbörsen, die Geltendmachung einer Vertragsstrafe.
Zugleich wurde auch eine neue Unterlassungsverpflichtung wegen des Verstoßes gegen die alte Verpflichtung auf Unterlassung der Markennutzung begehrt.
Nachdem das zuständige Landgericht noch in der ersten Instanz zu einer fast vollständigen Verurteilung der Beklagten kam, kam es zu einer rechtlichen Besonderheit:
Während des laufenden Rechtsstreites wurde die Marke, die Bestandteil der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung gewesen ist, durch das Deutsche Patent- und Markenamt gelöscht.
Zunächst nahm das Oberlandesgericht Karlsruhe hier eine Markenverletzung durch die Verwendung der Wortmarke "physiomobil“ in den oben bezeichneten Darstellungen an:
Dazu führte das Gericht folgendes aus:
„Die Benutzung von "physiomobil" in Online-Branchenverzeichnissen mag in erster Linie unternehmenskennzeichenmäßig sein; sie hat aber zugleich – untrennbar damit verbunden – auch dienstleistungsmarkenmäßige Funktion.
Wer in einem Branchenverzeichnis nach physiotherapeutischen Praxen sucht, ist in der Regel an den physiotherapeutischen Dienstleistungen interessiert, die solche Praxen anbieten. Das Zeichen „phsiomobil“ wird daher in einem Branchenverzeichnis (auch) als Herkunftshinweis für die angebotenen Dienstleistungen wahrgenommen.“
Zugleich nahm das Oberlandesgericht Karlsruhe auch an, dass durch die Löschung der zugrunde liegenden Marke hier ein Unterlassungsanspruch aufgrund eines mangelnden markenrechtlichen Verletzungstatbestandes nicht mehr gegeben ist.
Dazu führt das Gericht folgendes aus:
„Mit der rechtskräftigen Löschung der Marke ist die auflösende Bedingung des Unterlassungsvertrages eingetreten. Damit ist der Unterlassungsanspruch während des Laufs des Berufungsverfahrens entfallen, so dass insoweit Erledigung eingetreten ist. Dies ist aufgrund der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung, die eine stets zulässige Klageänderung darstellt, auf Antrag der Klägerin festzustellen.“
Schließlich sieht das Oberlandesgericht Karlsruhe das weitergehende Fordern einer Vertragsstrafe durch die Klägerin als rechtsmissbräuchlich an.
Das Gericht geht insbesondere davon aus, dass wenn und soweit die zugrunde liegende Marke, die zu dem eigentlichen Verletzungstatbestand und der daraus folgenden Unterlassungserklärung führte, nicht mehr rechtsbeständig eingetragen ist, hier keinerlei Rechtsgrundlage mehr besteht, überhaupt noch eine Vertragsstrafe zu fordern.
Dazu führt das Gericht folgendes aus:
„Dem kann der allgemeine Grundsatz entnommen werden, dass die Berufung auf ein Vertragsstrafeversprechen trotz einer nicht rechtzeitig erfolgten Kündigung immer dann rechtsmissbräuchlich ist, wenn dem Gläubiger der mit dem Vertragsstrafeversprechen gesicherte Unterlassungsanspruch wegen einer mittlerweile eingetretenen Änderung eindeutig, d.h. ohne dass es weiterer Feststellungen oder einer Wertungsentscheidung bedürfte, nicht mehr zusteht.
Im Streitfall führt die Löschung dazu, dass die Wirkungen der Eintragung der Marke als von Anfang an nicht eingetreten gelten (§ 52 Abs. 2 MarkenG). Die Klägerin muss sich also nunmehr – ohne dass es weiterer Feststellungen oder Wertungen bedürfte – so behandeln lassen, als hätte sie die Rechte aus der Marke nie erlangt.
Damit hätte auch von Anfang an kein durchsetzbarer markenrechtlicher Unterlassungsanspruch bestanden, der durch einen strafbewehrten Unterlassungsvertrag hätte gesichert werden können. Nach der Wertung, die der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegt, muss sich die Klägerin, wenn sie nunmehr den Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe durchsetzen will, den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten lassen.“
Diese Entscheidung zeigt, dass markenrechtliche Unterlassungserklärungen immer dann angreifbar sind, wenn und soweit die zugrunde liegende Marke keinen Rechtsbestand mehr hat.
Hier sollte besondere bei Abgabe von Unterlassungserklärungen darauf geachtet werden, ob und inwieweit entsprechende Unterlassungserklärungen mit Bedingungen, wie hier geschehen, mit auflösenden Bedingungen versehen wird, oder ob dann, wenn und soweit festgestellt wird, dass eine Marke nicht mehr eingetragen ist, eine entsprechende Unterlassungserklärung aus wichtigem Grund gekündigt werden muss.
Sollten Sie in der Vergangenheit entsprechende markenrechtliche Abmahnungen erhalten haben und Unterlassungserklärungen abgegeben haben, sollten Sie eine Prüfung veranlassen, ob und inwieweit überhaupt noch ein Markenschutz für die damals angeführte Marke besteht.
RA Rolf Albrecht
Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.