Rechte und Pflichten bei Transportschäden Teil 1: Grundlagen

Ein häufiges Problem beim Versendungskauf sind Transportschäden oder gar der Verlust der Sendung auf dem Transportweg. In einer Artikelserie werden die Rechte des Händlers und des Kunden sowohl beim Hinversand (zum Kunden) als auch beim Rückversand (zum Händler) dargestellt.

Lesen Sie mehr zur Rechtslage beim Hinversand.

Ein flüchtiger Blick ins Gesetz wird Online-Händler zunächst erfreuen, besagt doch § 447 BGB, dass die Gefahr beim Versendungskauf auf den Käufer übergeht, „sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, Frachtführer oder der zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat“. Stimmt das aber immer?

Transportgefahr im b2b Geschäft

Wenn Online-Händler Ihre Produkte einem Unternehmer verkaufen, trägt dieser tatsächlich das Transportrisiko. Wird also die Ware auf dem Weg zum Kunden (Unternehmer) beschädigt oder geht diese verloren, kann der Kunde keinen Ersatz von Ihnen verlangen.

Weiterhin können auch sog. Rügefristen vereinbart werden, die den Unternehmer verpflichten, innerhalb einer bestimmten Frist Mängel anzuzeigen. Diese sind bei einem Handelsgeschäft sogar in § 377 HGB gesetzlich normiert. Weitergehende Regelungen in AGB mit Unternehmern sind aufgrund der eingeschränkten AGB-Kontrolle bei Verträgen mit Unternehmern möglich.

Der Abschluss einer Transportversicherung ist also im b2b Geschäft vor allem für den Käufer sinnvoll, denn andernfalls bleibt dieser auf einem möglichen Schaden sitzen.

Transportgefahr im b2c Geschäft

Etwas ernüchtert muss man dann jedoch feststellen, dass die Regelung des § 447 BGB beim sog. Verbrauchsgüterkauf, also dem Kauf einer beweglichen Sache bei einem Unternehmer durch einen Verbraucher, keine Anwendung findet (§ 474 Abs. 2 BGB). Vergleichbare Regelungen finden sich in den meisten europäischen Ländern seit Umsetzung der sog. Verbrauchsgüterrichtlinie 1999/44/EG (in Deutschland seit 1.1.2002).

Im Verbrauchsgüterhandel können auch keine hiervon abweichenden Vereinbarungen getroffen werden. Denn von § 474 Abs. 2 BGB kann nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden (§ 475 I BGB).

Werden Waren an einen Verbraucher versendet, trägt der Online-Händler stets das Transportrisiko. Wird die Ware auf dem Weg zum Verbraucher beschädigt oder geht diese verloren, kann dieser Ersatz vom Händler verlangen.

Nachfolgend werden einige Einzelfragen hinsichtlich des Versendungskaufs im b2c Geschäft näher untersucht.

Rechte des Verbrauchers bei einem Transportschaden

Wird die Ware beim Transport zum Verbraucher beschädigt, liegt ein Sachmangel i.S.v. von § 434 BGB vor, denn die Beschädigung erfolgte gerade vor Gefahrübergang  (d.h. vor Übergabe an den Verbraucher ). Der Verbraucher hat dann die Wahl, ob er den Kauf widerruft, sofern ein Widerrufsrecht besteht, oder ob er von seinen Gewährleistungsrechten Gebrauch macht.

Sollte sich der Kunde für einen Widerruf entscheiden, ist der Händler zur Rückzahlung des vollständigen Kaufpreises verpflichtet, der Kunde muss die Ware zurücksenden.

Entscheidet sich der Kunde für die Inanspruchnahme der Gewährleistungsrechte, kann er zunächst Nacherfüllung gem. § 437 BGB verlangen, also nach seiner Wahl entweder die Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache fordern (§ 439 Abs. 1 BGB).

Der Kunde muss sich also nicht mit dem Versandunternehmen auseinandersetzen. Dies bedeutet, dass der Händler einem Verbraucher den Kaufpreis auch dann erstatten muss, wenn der Schaden mit dem Transportunternehmen noch nicht reguliert wurde.

Geht die Ware unterwegs verloren, so ist der Händler zwar nicht zur erneuten Lieferung verpflichtet, er hat allerdings ebenfalls den evtl. bereits gezahlten Kaufpreis zu erstatten (siehe auch: Transportverlust: Welche Rechte und Pflichten Shopbetreiber haben).

Unzulässig: Abwälzen der Transportgefahr

Aus den oben genannten Gründen ist ein Abwälzen der Transportgefahr auf den Verbraucher nicht möglich. AGB-Klauseln wie “Versand auf Risiko des Käufers” sind also im b2c Bereich unzulässig (LG Landau, Urteil vom 17.02.2006, HK O 977/05).

Vorbeugen und  Umgang mit Transportschäden

Kann man denn vorbeugend etwas unternehmen, beispielsweise Mängelanzeigepflichten vereinbaren oder seinen Kunden eine kostenpflichtige Transportversicherung anbieten? Wie verhält man sich als Händler im  Schadensfall am besten? Wer muss erforderliche Nachweise erbringen?

Mit diesen Fragen beschäftigen sich die folgenden Beiträge der Artikelserie zu Transportschäden und -verlusten.

Alle Beiträge dieser Reihe

 

12.07.12
Gerrit Jung

Gerrit Jung