Bei zahlreichen Produkten muss unmittelbar neben dem Endpreis zusätzlich der Grundpreis angegeben werden. Oft wird die Frage diskutiert, ob sich dieser Grundpreis ändert, wenn der Händler eine Gratiszugabe zu den gekauften Artikeln abgibt. Das OLG Köln entschied nun, dass diese Gratiszugaben in den Grundpreis mit einzubeziehen sind.
Lesen Sie mehr zu der aktuellen Entscheidung.
Das OLG Köln gab am Freitag, 29.6.2012 folgende Entscheidung des Gerichts per Pressemitteilung bekannt, dass bei der Angabe von Grundpreisen Gratis-Zugaben mit einberechnet werden müssen. Nun liegt das Urteil auch im Volltext vor.
Werbung mit Gratis-Zugaben
In dem zur Entscheidung stehenden Fall hatte eine Lebensmittel-Handelskette Kästen mit 12 x 1-Liter-Flaschen eines Erfrischungsgetränkes beworben mit dem Zusatz:
„Beim Kauf eines Kastens erhalten Sie zusätzlich 2 Flaschen GRATIS“
bzw.:
„2 Flaschen GRATIS beim Kauf eines Kastens“.
Dabei fand sich der Hinweis, dass ein Liter 0,57 Euro kosten solle. Dies war rein rechnerisch nicht der Preis des Kastens geteilt durch 12 Flaschen, sondern durch 14. Der Händler hatte also die zwei kostenlosen Flaschen mit einberechnet.
Eine Verbraucherzentrale sah diese Art der Berechnung als einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und als irreführend i.S.d. UWG an und nahm die Handelskette auf Unterlassung der Werbung in Anspruch.
Berechnung des Grundpreises
Der Kläger war der Auffassung, dass die 2 Gratis-Flaschen nicht mit in den Grundpreis einberechnet werden dürfen. Da diese “gratis” seien, haben sie entsprechend auch keinen Grundpreis.
Das Landgericht hatte die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Das OLG Köln (U.v. 29.6.2012, 6 U 174/11) folgte dem nicht.
Vergleichbarkeit von Angeboten
Sinn und Zweck der Pflicht zur Grundpreisangabe sei die Vergleichbarkeit von Angeboten.
“Dem Verbraucher soll im Interesse der Preisklarheit eine leichtere Übersicht über die Preisgestaltung für vergleichbare Warenangebote und damit eine vereinfachte Möglichkeit zum Preisvergleich verschafft werden.
Dieses Zielt wird durch die von dem Kläger erstrebte Berechnung des Grundpreises allein für die zu bezahlenden 12 Flaschen nicht erreicht.
Der Umstand, dass der Kunde nur 12 Flaschen zu bezahlen hat, ändert nämlich nichts daran, dass er tatsächlich nicht 12, sondern 14 Flaschen erhält.
Angesichts dessen kann die erstrebte Vereinfachung von Preisvergleichen mit anderen Angeboten von Erfrischungsgetränken nur dann erreicht werden, wenn auch die zusätzlich gratis angebotenen beiden Flaschen bei der Berechnung des Grundpreises mitgezählt werden.”
Andernfalls müsste der Verbraucher die Einbeziehung der zusätzlichen 2 Flaschen umständlich selbst vornehmen, da er bei einem Vergleich immer die Gratis-Flaschen mitzählen würde.
Gratis-Zugaben müssen einbezogen werden
Aus diesen Gründen gelangte der Senat zu dem Schluss, dass Gratis-Zugaben bei der Berechnung des Grundpreises zu berücksichtigend sind.
“Angesichts dieser Umstände ist die Bestimmung des §§ 2 PAngV nach Auffassung des Senats dahin auszulegen, dass in der vorliegenden Fallgestaltung, in der zusätzlich zu den angebotenen 12 Flaschen zwei weitere Flaschen kostenlos abgegeben werden, der Grundpreis auf der Basis von 14 Flaschen zu berechnen ist.”
Fazit
Der Senat hat auch nach Anregung der beteiligten Parteien die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Es ist also davon auszugehen, dass die Verbraucherzentrale von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machen wird und dann die Frage nach der Berechnung des Grundpreises auch höchstrichterlich entschieden wird. (mr)
Hinweis:
In einer früheren Version dieses Beitrages war lediglich die Pressemitteilung veröffentlicht. Zwischenzeitlich liegt aber der Volltext der Entscheidung vor, sodass der Beitrag überarbeitet wurde.
Lesen Sie mehr zum Thema Grundpreise:
- Die Angabe von Preisen und Versandkosten im Online-Shop
- Abmahngefahr: Grundpreis muss unmittelbar beim Endpreis stehen
- Fehlender Grundpreis ist immer wettbewerbswidrig
- Lesetipp: Keine Grundpreisangabe bei eBay möglich!
- Bei eBay muss der Grundpreis bereits in der Angebotsübersicht stehen
- Ist die falsche Grundpreisangabe immer wettbewerbswidrig?
Hat das Gericht jetzt wirklich geurteilt, dass die Gratiszugaben eingerechnet werden MÜSSEN? Oder einfach nur, dass es nicht wettbewerbswidrig ist, wenn man dies macht? Da wird es spannend sein, das Urteil im Wortlaut zu lesen.
Sehr geehrter Herr Rothe,
nachdem das Volltexturteil jetzt vorliegt, habe ich den Beitrag oben entsprechend angepasst. Das Gericht geht tatsächlich von einer Verpflichtung aus, die Gratis-Flasche mit einzubeziehen.
Herr Rätze, vielen Dank!
Ich finde es doch manchmal verwunderlich, was sich unsere Gerichte so einfallen lassen. GRATIS-Zugaben müssen in den Grundpreis mit eingerechnet werden…
Wenn man folgenden Teil genau liest, hat der Händler alles richtig gemacht!
“Dabei fand sich der Hinweis, dass ein Liter 0,57 Euro kosten solle. Dies war rein rechnerisch nicht der Preis des Kastens geteilt durch 12 Flaschen, sondern durch 14. Der Händler hatte also die zwei kostenlosen Flaschen mit einberechnet.”
Evtl. den Text richtig stellen. Danke!
Wenn ich mehr von der gleichen Sache erhalte für mein Geld, dann ist es zumindest für mich logisch das sich der Grundpreis ändert. Anders mag es bei Gratisgeschenken der Art Tasse, Becher, Tasche Kuscheltier etc. sein. Unsere Gerichte müssen sich laut Gesetz eben auch damit beschäftigen…. wenn einer kommt und sagt das darf der nicht….
Das ist doch ein Witz. Fakt ist, dass man in der nächsten Zeit weniger mit Gratis Zugaben werben wird.
Da schenkt man jemanden etwas und es wird wieder durch gelangweilte professionelle Abmahner, die sich selber lächerlicherweise “Verbraucherschützer” nennen vermiest.
Es wird auf höchster Ebene der Handel durch selten Wahnsinnige bekämpft. Nur würden wir alle ohne den handel nicht exisiteren.
Dieser ganze “Verbraucher-Schutz” ist ein neumodischer Irrsinn, die Menschen sind seit der Steinzeit ohne diesen lächerlichen Humbug ausgekommen. Auch ist das weltweit schon fast einmalig, was sich wieder mal die armen Deutchen da leisten.
Hallo Herr Rätze,
wie würde es sich denn verhalten wenn ich z.B.eine Kamera verkaufe und es gibt gratis eine Speicherkarte mit dabei… oder bezieht sich das Urteil nur auf Gegenstände wo man das überhaupt berechnen kann ( Lebensmittel,Flüssigkeiten etc ).
@Anja Schehl,
ja, der Händler hatte nach Ansicht des OLG hier auch alles richtig gemacht. Der Text stimmt also.
@Thomas
Da hier sogar beide Parteien beim OLG anregten, die Revision zuzulassen, weil diese Frage grundsätzliche Bedeutung für beide Seiten hat, kann man hier wohl nicht von “gelangweilten” sprechen. Ich persönlich teile hier die Rechtsauffassung des OLG. Immer wieder liest man aber die Frage, ob diese Gratisprodukte den Grundpreis reduzieren oder nicht. Das interessiert sehr viele Händler. Von daher ist es gut, dass diese Frage einmal höchstrichterlich entschieden werden wird.
@Bob Byte
Die Frage ist selbstverständlich nur für Produkte relevant, für die nach § 2 PAngV überhaupt ein Grundpreis angegeben werden muss.