Im August 2010 entschied das Landgericht Berlin, dass das Fehlen der Angaben zum Handelsregister sowie der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zwar einen Verstoß gegen das Gesetz darstelle. Dieser Verstoß sei aber nicht spürbar und könne somit auch nicht abgemahnt werden. Das Kammergericht hob dieses Urteil nun auf und entschied, dass das Fehlen dieser Informationen niemals eine Bagatelle sein könne.
Das KG Berlin (Urteil v. 6.12.2011, 5 U 144/10) hat eine Entscheidung des LG Berlin aufgehoben. Darin hatte das Landgericht eine Klage auf Erstattung von Abmahnkosten abgewiesen.
Fehlende Impressums-Angaben
Der zunächst abgemahnte und später verklagte Händler nannte in seinem Impressum weder die Angaben zum Handelsregister, in welches er eingetragen war, noch seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.
Zwar gab der Beklagte eine Unterlassungserklärung ab, weigerte sich aber zur Zahlung der Abmahnkosten. Daher wurde er auf Zahlung diese Kosten verklagt.
Begründung des Landgerichts
Das Landgericht entschied, dass ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nicht bestehe, da die erfolgte Abmahnung nicht berechtigt war. Das Gericht erkannte zwar einen Verstoß gegen § 5 TMG, sah diesen allerdings wettbewerbsrechtlich nicht als spürbar an:
“Die im Internetangebot der Beklagten fehlenden Angaben sind nicht geeignet, die Interessen der Verbraucher, nämlich die Fähigkeit, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen. Sinn und Zweck des § 5 TMG ist es, dem Verbraucher die Geltendmachung von Rechten zu ermöglichen.
Dazu braucht er weder die Angabe des Handelsregisters und der Registernummer noch erst recht nicht die nur dem Finanzamt dienende Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.
Auch für die Entscheidung, ob der Verbraucher mit der Beklagten überhaupt in geschäftlichen Kontakt treten will, sind diese Angaben irrrelevant.”
Bereits in unserem damaligen Bericht über das Urteil des Landgerichtes bezweifelten wir, dass diese Entscheidung im Falle einer Berufung Bestand haben würde.
KG Berlin: Keine Bagatelle
Im Berufungsverfahren folgte das Kammergericht der Entscheidung des LG Berlin nicht.
Das Landgericht nahm zwar zu Recht an, dass es sich bei den vorenthaltenen Informationen um “wesentliche” Informationen i.S.d. § 5a Abs. 2 UWG handelte. Falsch war jedoch die Einschätzung des Gerichts, dass man auch bei derartigen Verstößen noch die sog. Spürbarkeit nach § 3 Abs. 2 UWG prüfen müsse und dann im Ergebnis dazu kommen könne, dass ein Vorenthalten dieser Informationen nicht spürbar sei.
“Maßgeblich ist sonach (auch) im Streitfall, dass die Beklagte den Adressaten ihrer Werbung Informationen vorenthält, die sie … gemäß Art. 5 der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr und der die dortigen Vorgaben umsetzenden Bestimmungen des § 5 TMG zu liefern hat.
Diese Informationen sind … gemäß § 5a UWG, womit Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken in das deutsche Recht umgesetzt worden ist, als wesentlich i.S. des § 5a Abs. 2 UWG anzusehen.
Schon aus diesem Grund kann ihre Vorenthaltung nicht als nicht spürbar i.S. von § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 UWG angesehen werden.”
Hierzu führt das Gericht einige BGH-Urteile als Beleg an. Aber auch schon der eindeutige Gesetzeswortlaut spricht für diese Auffassung.
Fazit
Das Urteil des Kammergerichts überrascht nicht, da die Entscheidung des Landgerichtes schon entgegen der eindeutigen BGH-Rechtsprechung erging. Für den Abgemahnten ist das Urteil natürlich keine Freude, da er nun die Kosten für beide Instanzen zu tragen hat. Für alle anderen Händler herrscht nun aber wieder ein Stück mehr Rechtssicherheit. Nach dem OLG Hamm hat nun auch ein weiteres Obergericht die Frage hinsichtlich eines Bagatellverstoßes bei fehlenden Impressums-Angaben verneint.
Es mag zwar richtig sein, dass dem Verbraucher die hier vorenthaltenen Angaben tatsächlich nicht in der Kaufentscheidung beeinflussen werden – was übrigens sogar das OLG Hamm (Urteil v. 02.04.2009, Az: 4 U 213/08) bezweifelt hat. Allerdings sah der europäische Gesetzgeber diese Informationen als so wichtig an, dass er per Gesetz definierte, dass ein Verstoß gegen die Angabepflicht keine Bagatelle darstellen kann. Und an diese gesetzliche Vorgabe müssen sich die Gerichte halten. Hier bleibt nur zu hoffen, dass bei einer Überarbeitung der e-Commerce-Richtlinie die Zahl der Informationspflichten verringert wird. (mr)
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solche Kommentierungen versteh ich nicht!
Wenn hier geschrieben wird: “Für alle anderen Händler herrscht nun aber wieder ein Stück mehr Rechtssicherheit.” Frag ich mich: Gab es denn vorher irgendeine Unsicherheit?
Nein, es gab überhaupt keine RechtsUNsicherheit. Gerade vor dem Urteil herrschte durch den Gesetzgeber ein Maximum an Rechtssicherheit: Eine GmbH hat in seinem Impressum die HR-Angaben und die Angaben zur UStId. zumachen. Punkt – Aus – Ende! Diese Anfoderungen sind im Gesetzestext klipp und klar formuliert worden – und sogar in einer Weise, die noch nicht einmal ansatzweise juristisches Grundwissen voraussetzt.
Auch durch das (falsche) Urteil des LG Berlin ist nicht der Hauch einer RechtsUNsicherheit entstanden. Jeder war auch weiterhin auf der absolut richtigen Seite, wenn er die Angaben in seinem Impressum gemacht hat.
Man kann sich sicherlich streiten, welchen Sinn die HR-Angaben bzw. die Angabe des USt.Id. speziell für Verbraucher macht. Und von mir aus, kann man die diese Info-Pflichten vom Gesetzgeber streichen. Aber die Umsetztung dieser Informationspflicht kann man nun wirklich als Bagatelle für jeden Shopbetreiber umsetzen. Von daher ist nicht zuverstehen, wieso der Abgemahnte der diesen wirklich als dummen Anfänger-Fehler zu bezeichnenden Faux-Pax jetzt mit viel Geld bezahlen muss anstatt, die berechtigte Abmahnung zu akzeptieren bzw. UE abzugeben.
@Shopper
Da gebe ich Ihnen Recht, die Pflicht ist ganz eindeutig im Gesetz formuliert. Allerdings scheint das noch nicht bis zu jedem Landgericht durchgedrungen zu sein. Auch die einschlägige BGH-Rechtsprechung ist noch nicht überall bekannt. So entschieden auch das LG Hamburg und das LG München I, dass fehlerhafte bzw. fehlende Impressumsdaten lediglich eine Bagatelle darstellen. Und durch solche Fehlurteile machen sich manche Abgemahnte falsche Hoffnungen. Außerdem machen derartige Fehlurteile das Verfahren unnötig teuer für den Abgemahnten. Denn, und das zeigt auch das Urteil des KG, hat eine Berufung dagegen Erfolg und dann muss der Abgemahnte die Kosten für beide Instanzen zahlen.
Ich habe aber mit diesen Abgemahnten nur sehr geringes Mitleid. Wer eine GmbH gründen und führen kann/will, der sollte Minimum in der Lage sein, ein Impressum richtig zu gestalten. Das ist wahrlich kein juristisches Hexenwerk. Und wer das nicht hinbekommt, der sollte in der Lage sein (in Zeiten des fliegenden Gerichtsstandes) auch seine Erfolgsaussichten richtig einzuschätzen bzw. durch einen Rechtsanwalt richtig einschätzen zu lassen.
Recht oder nicht Recht… muss man wegen so einem Fehler aber direkt Gerichte einschalten? Der Kläger ist in meinen Augen ein parasitärer Verbrecher der inhaltliche Fehler dazu nutzt defizite seines kaufmännischen Handels durch Abzockerklagen auszugleichen.
Der Händler hätte ein Bußgeld bekommen sollen damit die Sache erledigt ist. So aber hat ein weiterer Parasit Blut geleckt um auch noch nach den kleinsten Fehlern in Angaben zu suchen.
Naja, da muss man sich immer fragen, wie solche Abmahnungen zustande kommen.
Es kann ja z.B. sein, dass der Wettbewerber der abgemahnt hat in dem Shop noch andere, ganz massive Verstöße festgestellt hat. Er geht damit zu seinem Rechtsanwalt, der das prüft, und dabei eben auch diese weiteren Verstösse feststellt und die auch mit abmahnt.
Oder das ganze war eine Gegenabmahnung. D. h. der ist selber abgemahnt worden, worauf man sich den Shop des Abmahners angeguckt hat und “nur” diese beiden Verstösse gefunden hat.
Ob man ihn deshalb als “parasitären Verbrecher” bezeichnen kann?
@Michael
Im übrigen muss man ja auch mal feststellen, dass in diesem Fall eben nicht direkt ein Gericht eingeschaltet wurde. Man hat ja vorher versucht sich außergerichtlich über eine Abmahnung zu “einigen”.
Wer so eine Abmahnung entgegen einer do mehr eindeutigen Gesetzeslage ignoriert muss dann auch mit dem Risiko leben, dass die Angelegenheit vor einem Gericht landet.