Nach den vielen Jahresrückblicken, die traditionell Ende Dezember erfolgten, wagt Stephanie Schmidt, Justiziarin des Bundesverband des Deutschen Versandhandel (bvh), eine kleine Vorschau, was für Online- und Versandhändler 2012 an rechtlichen Neuerungen Bedeutung erlangen könnte.
Größere und kleinere Veränderungen kündigen sich an.
Für Deutschland werden folgende Neuerungen die Interaktiv-Händler besonders betreffen:
Die sogenannte Buttonlösung, bereits in 2011 Gegenstand umfangreicher Presseberichte, wird bereits seit Dezember 2011 im Bundestag diskutiert. Danach muss der Händler dem Verbraucher unmittelbar vor Abgabe der Bestellung eine deutliche Zusammenfassung von Eigenschaften der Ware, Gesamtpreis (inklusive Versand- und sonstiger Nebenkosten) und gegebenenfalls der Vertragsdauer angeben und die Schaltfläche für die Bestellung mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer ähnlich deutlichen Formulierung beschriften.
Diese Informationen müssen bereits nach heutiger Rechtslage dem Verbraucher gegeben werden. Neu ist aber die Voraussetzung der beschrifteten Schaltfläche ("Button"), ebenso wie die Konsequenzen: Fehlt hieran, so soll nach dem Gesetzesentwurf der Vertrag gar nicht erst zustande kommen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes werden sämtliche Onlinehändler daher gezwungen sein, ihre Onlineshops entsprechend umzuprogrammieren.
Bereits 2011 wurde vom Bundestag die Novelle des Telekommunikationsgesetzes beschlossen, die derzeit aber noch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat diskutiert wird. Änderungen werden sich hier für all diejenigen Anbieter ergeben, die eine kostenpflichtige Service-Hotline betreiben.
Nach Inkrafttreten des Gesetzes folgt zunächst eine dreimonatigen Übergangsfrist. Danach müssen in der einjährigen "Phase 1" bei allen zeittarifierten Telefonnummern, die aus Deutschland angerufen werden (Ausnahmen: Festnetz, Mobilfunk, kostenfreie Rufnummern), die ersten zwei Minuten der Warteschleife kostenfrei sein.
Ab Phase 2, d.h. 15 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes, müssen alle Warteschleifen auf den genannten Rufnummern für den Anrufer aus Deutschland kostenfrei sein. Problem hierbei: auch sogenannte nachgelagerte Warteschleifen, bei denen der Anrufer nach Annahme seines Anrufs an den konkreten Sachbearbeiter weitervermittelt wird, fallen unter das Gebot der Kostenfreiheit. Dazu bestehen Informationspflichten über die voraussichtliche Dauer und die Kostenfreiheit der Warteschleife oder über die Höhe des Festpreises für den Anruf. Vertreter der Wirtschaft haben wiederholt auf Schwierigkeiten bei der technischen Umsetzung des Gesetzes und mögliche negative Konsequenzen für Verbraucher und Unternehmen hingewiesen.
Ende Dezember 2011 hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger ein Gesetzespaket angekündigt, das private Internetnutzer und Kleinunternehmen vor missbräuchlichen Abmahnungen wegen angeblicher Verletzungen des Urheberrechts oder des Wettbewerbsrechts schützen soll. Nach Aussagen der Ministerin handele es sich oft um Bagatellen, die aber für die Betroffenen erhebliche Kosten nach sich zögen.
Für Betreiber von Onlineshops könnte dies zukünftig die Gefahr einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung verringern.
Das ändert sich in der europäischen Gesetzgebung:
Bereits am Ende November wurde die neue Europäische Richtlinie über Rechte der Verbraucher (2011/83/EU) veröffentlicht. Die Umsetzung in nationales Recht muss zum 13. Dezember 2013 erfolgen. Hier könnten bereits Änderungen im deutschen Recht zu erwarten sein.
Für Ende Januar hat die Europäische Kommission einen Entwurf für eine neue Europäische Gesetzgebung zum Datenschutz angekündigt. Ein erster Entwurf einer Verordnung wurde bereits Anfang Dezember aus inoffiziellen Quellen in den Medien bekannt. Er sieht eine Verschärfung der datenschutzrechtlichen Vorschriften in verschiedenen Punkten vor und wäre in allen EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar anwendbar. Das Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene dürfte allerdings noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
Stephanie Schmidt ist seit April 2010 als Justitiarin für den Bundesverband des Deutschen Versandhandels e.V. (bvh) tätig und betreut dort schwerpunktmäßig Rechtsfragen und aktuelle Entwicklungen des Fernabsatz-, E-Commerce-, Datenschutz- und Wettbewerbsrechts.