Das Fehlen der Originalverpackung nach Rücksendung der Ware kann für den Händler den Wiederverkauf sehr schwierig machen. Daher findet man oft Klauseln in AGB, mit denen der Kunde darum geben wird, nach erfolgtem Widerruf die Ware in eben dieser Originalverpackung zurückzusenden. Das LG Hamburg hielt diese und weitere AGB Klauseln nun für zulässig.
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Vor dem LG Hamburg (Urteil v. 06.01.2011, 327 O 779/10) stritten sich zwei Händler für Süßwaren und Kaffeeprodukte über die Zulässigkeit diverser AGB-Klauseln sowie die Angabe von Grundpreisen.
In dem Online-Shop der Antragsgegnerin wurde ein Paket von 3 Espresso-Sorten zum Gesamtpreis von 22,90 Euro angeboten. Ein weiteres Angebot bestand aus einem Paket von 5 Kaffeespezialisten zum Gesamtpreis von 32,- Euro, wobei neben diesem Endpreis die Angabe „Grundpreis pro Kilogramm = 0,26 €“ aufgeführt war.
Bei der ersten Preisangabe fehlte also der Grundpreis und bei der zweiten war er fehlerhaft.
Der Unterlassungsanspruch hinsichtlich dieser Verstöße gegen die Preisangabenverordnung besteht, so das Gericht.
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 PAngV hat derjenige, der Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig u. a. Waren nach Volumen anbietet oder unter Angabe von Preisen bewirbt, neben dem Endpreis auch den Grundpreis anzugeben.
"Diese Anforderungen hat die Antragsgegnerin nicht erfüllt, denn das Angebot der Antragsgegnerin aus Anlage ASt 1 enthielt keine Angabe zu dem Grundpreis je Maßeinheit, die aus Anlage ASt 1a lediglich eine fehlerhafte. Damit liegt in beiden Fällen ein Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 PAngV im Sinne des §§ 3, 4 Nr. 11 UWG vor.
Es liegt auf der Hand, dass die Verpflichtung zur Grundpreisangabe nur derjenige erfüllt, der auch eine mathematisch zutreffende Grundpreisangabe macht; anderenfalls wäre ohnehin der Tatbestand der Irreführung nach §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG erfüllt."
Die Pflicht zur Grundpreisangabe ist in Umsetzung von Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 98/6/EG ("Preisangabenrichtlinie") in die Preisangabenverordnung eingeführt worden. Diese Vorschrift wird wiederum explizit im Anhang 2 der UGP-Richtlinie genannt. Verstößt man als Händler gegen Vorschriften, die in diesem Anhang 2 aufgeführt sind, ist eine Prüfung der Spürbarkeit dieses Verstoßes ausgeschlossen, da das Gesetz ausdrücklich festschreibt, dass derartige Verstöße immer spürbar sind.
Dies hat das LG Hamburg jetzt auch so bestätigt:
"Im Übrigen handelt es sich bei der Pflicht zur Grundpreisangabe um eine Umsetzung von Art. 3 Abs. 4 der EU-Richtlinie 98/6/EG durch den deutschen Gesetzgeber. Die Verletzung, deren Unzulässigkeit sich auch aus § 5a Abs. 2 UWG ergibt, ist nach § 5a Abs. 4 UWG i. V. m. Art 3 Abs. 4 der Richtlinie 98/6/EG stets spürbar."
Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche wegen der Verwendung angeblich unzulässiger AGB-Klauseln wies das Gericht jedoch vollständig zurück.
Die Antragsgegnerin verwendete folgende Klausel in ihren AGB:
"Falls Ware bei dem Besteller durch den Transport beschädigt ankommt, kann das kostenlose Widerrufsrecht nach § 5 genutzt werden."
Hierin sah der Antragsteller eine Verkürzung des Widerrufsrechtes, denn der Verbraucher könne dies so verstehen, als würde das Widerrufsrecht nur bei beschädigter Ware bestehen, wenn nicht gleichzeitig darauf hingewiesen würde, dass das Widerrufsrecht zusätzlich neben den Gewährleistungsrechten bestünde.
Dieser Argumentation konnte das Gericht nicht folgen, da für den Verbraucher eindeutig ersichtlich sei, dass dieser Satz im Zusammenhang mit der Gesamtklausel eine Handlungsmöglichkeit bei Lieferung defekter Ware eröffne und nicht das gesetzliche Widerrufsrecht einschränke:
"Die Klausel ist als Teil eines Vertragsangebotes nach § 133 BGB nach ihrem wirklichen Willen mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auszulegen. Hierfür ist der Kontext der Klausel maßgeblich. Die Klausel findet sich nämlich unter der Überschrift „§ 3 Lieferung“. Ihr vorangestellt ist ein Satz der besagt, dass das Transportrisiko der Versender übernimmt.
Einen Bezug zu den Voraussetzungen des Widerrufsrechts stellt der angesprochene Verkehr nicht her; im Gegenteil: Durch den ersten Satz der Klausel weiß der angesprochene Verkehr ... dass der Verwender das Transportrisiko trägt und eben nicht der Besteller.
Der folgende (angegriffene) Satz gibt dem Verbraucher daher lediglich eine Handlungsmöglichkeit, wie in den Fällen vorgegangen werden kann, wenn sich das Transportrisiko realisiert haben sollte."
Der Satz in den AGB
„Wir bitten Sie, die Ware in ihrer Originalverpackung an uns zurückzusenden.“
ist nach Ansicht des Gerichts ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere nicht als Einschränkung des Widerrufsrechtes oder als Hemmschwelle zur Ausübung zu verstehen.
"Der angesprochene durchschnittlich verständige und situationsangemessen aufmerksame Durchschnittsverbraucher versteht die Formulierung „Wir bitten Sie“ als das, was es ist, nämlich eine Bitte.
Weder ergibt sich daraus eine Verpflichtung, noch eine Bedingung für die Ausübung des Widerrufsrechts, noch ließe sich daraus ableiten, die Ware könne nur unbenutzt und unbeschädigt zurückgesandt werden (vgl. hierzu die anders gelagerten Fälle des LG Dortmund, Urt. v. 08.05.2008 - 18 O 118/07 und des LG Düsseldorf, Urt. v. 17.05.2006 - 12 O 496/05).
Vielmehr wird kommt die Unverbindlichkeit des Ersuchens klar zum Ausdruck. Ferner ist hinsichtlich des Kontextes zu sehen, dass in der Klausel des § 5 sich zunächst vier längere Absätze mit dem Widerrufsrecht als solchem und den Widerrufsfolgen befassen.
Ganz am Ende findet sich dann isoliert der angegriffene Satz. Der gewählten Formulierung ist daher für einen durchschnittlichen Verbraucher unzweifelhaft zu entnehmen, dass eine Rücksendung auch ohne Originalverpackung möglich ist; das zuvor erläuterte Widerrufsrecht wird dadurch nicht in Frage gestellt."
Die Antragstellerin führte zur Untermauerung ihrer Argumentation eine Entscheidung des OLG Koblenz (Beschluss vom 19.04.2007 - 4 U 305/07) an. Der dort behandelte Sachverhalt könne aber nicht mit dem hiesigen verglichen werden, so das Gericht.
"Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch erheblich von demjenigen, der der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des OLG Koblenz (Beschluss vom 19.04.2007 - 4 U 305/07) zugrunde lag.
Denn dort fanden sich gleich mehrere Bitten, von der Bitte, „die Ware bitte wenn möglich nicht unfrei, sondern als versichertes Paket“ zurückzusenden und „den Einlieferbeleg“ aufzubewahren, über die Bitte, „die Ware bitte möglichst in Originalverpackung“ zurückzusenden und zwar „mit allen Verpackungsbestandteilen“ und schließlich „ggf. eine schützende Umverpackung“ zu verwenden.
Eine derart ausführliche und umfangreiche Klausel, mag - was hier nicht zu entscheiden ist - einen anderen Klang und bei kundenfeindlichster Auslegung auch eine gewisse Verbindlichkeit auszustrahlen, weil in ihr Elemente der Gefahrtragung, Beweisführung und Produktschutz enthalten sind; im vorliegenden Fall ist dem jedoch, wie gesagt, nicht so."
Außerdem verwendete die Antragsgegnerin eine Rechtswahlklausel, wie man sie in vielen AGB findet:
„Es gilt deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts, auch wenn aus dem Ausland bestellt wird.“
Diese Klausel sei nicht unlauter gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.
Die Antragstellerin hielt diese Klausel für wettbewerbswidrig. Derjenige, der aus dem Ausland bestellt, würde über diese Klausel so gestellt wie ein im Inland ansässiger Verbraucher. Die Folge hiervon könne sein, dass dem ausländischen Verbraucher die nach seinem Heimatrecht zwingend zustehenden Verbraucherrechte entzogen würden. Hierin sah die Antragstellerin einen Verstoß gegen Art. 6 ROM-I-VO.
"Diese Auffassung wird von der Kammer nicht geteilt.
Es kann dabei dahin gestellt bleiben, ob - was bezweifelt werden kann - das deutsche Wettbewerbsrecht des UWG überhaupt den Schutz ausländischer Verkehrsteilnehmer bezweckt, insbesondere diese Verkehrsteilnehmer vor der Vereinbarung deutschen Rechts kraft Rechtswahl bewahren soll. Denn es handelt sich bei den Kollisionsnormen der ROM-I-VO schon nicht um Marktverhaltensregeln.
Zudem verstößt die Rechtswahlklausel nicht gegen AGB-Recht, insbesondere weder gegen § 305 c Abs. 1 BGB noch gegen § 305 c Abs. 2 BGB."
Die Rom-I-VO regelt das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, wenn diese Verträge einen Auslandsbezug aufweisen. Grundsätzlich können die Vertragsparteien gemäß Art. 3 dieser Verordnung eine freie Rechtswahl treffen. Diese Möglichkeit wird aber durch Art. 6 eingeschränkt. Darin heißt es, dass diese freie Rechtswahl nicht dazu führen darf, dass dem Verbraucher der Schutz seiner zwingenden Heimatvorschriften entzogen werde. Dies stelle aber keine Ausnahme von der freien Rechtswahl dar, so das Gericht.
"Vielmehr folgt aus dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 2 Satz 1, wonach die Parteien ungeachtet des Absatzes 1 [..] das auf einen Vertrag, der die Anforderungen des Absatzes 1 erfüllt, anzuwendende Recht nach Art. 3 wählen können, dass eine Rechtswahl gleichwohl auch bei allen Verbraucherverträgen zulässig bleibt.
Die Vorschrift des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 stellt lediglich die zusätzliche Anwendung der zwingenden Schutzvorschriften des Aufenthaltsstaates des Verbrauchers sicher - die Vorschrift des Art. 9 ROM-I-VO tut im Übrigen selbiges für zwingende nationale Eingriffsnormen. [...]
Denn Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ROM-I-VO stellt - wie das Kollisionsrecht insgesamt - schon keine Marktverhaltensregel dar. Die ROM-I-VO enthält das durch EU-Verordnung vereinheitlichte Kollisionsrecht zur Bestimmung des anwendbaren Rechts bei Sachverhalten mit Auslandsberührung und löste das auf völkerrechtlichen Verträgen beruhende deutsche Kollisionsrecht in den Art. 27 ff EGBGB ab. Derartige völkerrechtliche oder europarechtliche Regelungen des Kollisionsrechts verfolgen nicht den Zweck, das Marktverhalten zu regeln. Sie verfolgen allein den Zweck die Reichweite der nationalen Rechtsordnungen zu bestimmen. Ein wettbewerbsrechtlich relevanter Marktbezug fehlt demgegenüber gänzlich.
Zudem scheitert eine Einstufung des in Rede stehenden Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ROM-I-VO als eine Marktverhaltensregelung auch daran, dass, wie bereits ausgeführt, diese Vorschrift gerade keine Unzulässigkeit der Rechtswahl bei Verbraucherverträgen anordnet, sondern nur im Wege einer Sonderanknüpfung die ergänzende Anwendbarkeit weiterer Vorschriften des Aufenthaltsstaates des Verbrauchers, so dass auch unter diesem Blickwinkel ihr kein Gehalt einer Marktverhaltensregelung zugesprochen werden kann.
Diese angegriffene Rechtswahlklausel verstoße auch nicht gegen das deutsche AGB-Recht, so das Gericht weiter. Grundsätzlich sei eine Rechtswahl in AGB wie hier möglich, sodass also die Vorschriften zur Klauselkontrolle zur Anwendung kommen können.
Die Klausel ist nicht überraschend im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB. Dass ein Überraschungsmoment fehlt, ergibt sich schon daraus, dass die Vereinbarung deutschen Rechts für Kaufverträge, deren charakteristische Leistung von einem in Deutschland tätigen Unternehmer erbracht wird, im Zweifel ohnehin dem Vertragsstatut entspräche, das mangels Rechtswahl gelten würde, Art. 4 Abs. 1 lit. a) ROM-I-VO.
In Ermangelung einer Rechtswahl unterliegt nach Art. 4 Abs. 1 lit. a) ROM-I-VO das anwendbare Recht bei Kaufverträgen nämlich dem Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Eine solche Vereinbarung hätte daher zunächst einmal rein deklaratorischen Charakter; [...]
Auch für Verbraucherverträge gilt zunächst nichts anderes."
Die Besonderheit in diesem Verfahren lag darin, dass die Antragstellerin wohl nichts dazu vorgetragen hatte, dass sich die Antragsgegnerin überhaupt auf einen ausländischen Staat ausrichte, denn nur dann würden die Sondervorschriften des Art. 6 Rom-I-VO greifen.
Die Entscheidung zeigt, dass die Formulierung richtiger AGB oft Schwierigkeiten bereitet. Zwar hatte die Antragsgegnerin sich hier teilweise erfolgreich gegen die Abmahnung verteidigt, allerdings ist zum einen nicht sicher, dass sich andere Gerichte der Einschätzung des LG Hamburg anschließen. Zum anderen waren einige Klauseln nur deswegen zulässig, weil der Gesamtkontext "stimmte". Die verwendeten Klauseln könnten aber sehr schnell unwirksam werden, wenn die restlichen AGB nicht dazu passen.
Bei der Erstellung von AGB sollte man sich daher immer anwaltlichen Rat einholen. (mr)