Google+ ist in aller Munde und beeindruckt mit einem rasanten Anstieg der Mitgliederzahlen. Erst vor wenigen Tagen wurde die 10-Millionengrenze erreicht und diese Tendenz dürfte sich fortsetzen. Diese Zahlen lassen auch Händler aufhorchen, die in Google Chancen sehen neue Kunden anzusprechen oder sie beim Wechsel aus anderen sozialen Netzwerken zu begleiten. Die anfängliche Euphorie wurde jedoch getrübt, als Google anfing Unternehmensprofile zu löschen.
Lesen Sie mehr dazu und zum "+1-Button" in einem Gastbeitrag von RA Thomas Schwenke.
Google Plus (vereinfacht geschrieben „Google+“ oder“ G+“) lässt sich als ein Mittelweg zwischen Facebook und Twitter umschreiben.
Das Prinzip von Facebook beruht darauf, dass Mitglieder einvernehmlich „Freunde“ werden und nur so Zugriff auf die Inhalte der anderen erhalten. Die Beziehung zu Unternehmensseiten wird durch einen Klick auf „Gefällt mir“ begründet und die Kunden werden zu „Fans“.
Twitter basiert dagegen darauf, dass man bestimmten Personen oder Unternehmen „folgt“, ohne mit ihnen in näheren Kontakt zu treten. Ein weiterer Unterschied zu Facebook besteht bei Twitter darin, dass die Beiträge nur 140 Zeichen lang sein dürfen und Videos oder Bildern nicht eingebunden werden können.
Bei Google+ können wie bei Facebook Bilder oder Videos in die Beiträge eingebunden werden. Dagegen werden keine „Freundschaften“ zwischen den Mitgliedern geschlossen. Wie bei Twitter können die Nutzer anderen Mitgliedern ohne deren Zustimmung „folgen“.
Dazu werden diese in so genannte Kreise (engl. Circles) einsortiert, die sowohl beim Lesen wie beim Verfassen von Beiträgen eingesetzt werden. So ist es möglich, nur die Beiträge von Mitgliedern im Kreis „Handelspartner“ anzuzeigen oder die eigenen Nachrichten nur an diesen Kreis zu schicken. Es ist aber auch möglich, sich an die Öffentlichkeit oder nur an einzelne Personen wenden.
Im Unterschied zu Facebook bietet Google+ bisher keine Seiten für Unternehmen an. Es ist lediglich möglich, ein Profil als Person anzulegen. Das bedeutet, ein Freiberufler oder Händler kann durchaus als Person Werbung für sein Geschäft machen, darf aber kein Profil für sein Unternehmen anlegen.
Als die ersten Unternehmen anfingen, trotzdem die Personenprofile für ihren Google-Plus-Auftritt zu nutzen, fing Google an, diese Profile zu sperren. Das geschah selektiv, so dass zum Beispiel Angebote wie „Mashable“ oder Unternehmen wie „Ford“ davon verschont wurden, während die Profile von „Starbucks“ oder „Chip“ verschwanden. Teilweise sind die Profile wieder aufgetaucht. Dabei scheint es Google weniger um die unternehmerische Nutzung, als um die Nutzung echter Namen zu gehen.
So zog sich Google den Unmut der Nutzer zu, als auch Profile von Nutzern, die Pseudonyme verwendeten, gesperrt wurden. Gegenwärtig hat Google angekündigt, in wenigen Wochen mit einer Testphase für Unternehmensseiten zu beginnen. Die Anmeldeseite für die Testaccounts wurde nach riesiger Nachfrage bereits offline genommen.
Es fällt positiv auf, dass Google bei der Einräumung von Rechten an den Inhalten der Mitglieder einen anderen Weg wählt, als die meisten sozialen Netzwerke. Statt sich die Rechte für alle möglichen Nutzungen zu verschaffen, nimmt sich Google nur die Rechte, die für den Betrieb von Google+ benötigt werden:
„Indem Sie urheberrechtlich oder sonst rechtlich geschützte Inhalte wie beispielsweise Texte, Bilder, Videos, Audiofiles oder Computersoftware in einen bestimmten Dienst einstellen, räumen Sie dadurch Google und den zur Google Gruppe gehörenden Unternehmen sowie den Vertragspartnern von Google die notwendigen, nicht-ausschließlichen und weltweiten, zeitlich unbegrenzten Rechte ein, diese Inhalte ausschließlich zum Zweck der Erbringung des jeweiligen Dienstes und lediglich in dem dafür nötigen Umfang zu nutzen.“
In diesem Umfang entspricht die Einräumung der Rechte lediglich dem, was sich ohnehin aus Gesetz ergäbe und ist mehr als eine Klarstellung zu verstehen. Die Mitglieder brauchen also nicht zu befürchten, dass Ihre Inhalte von Google zu Werbezwecken verwendet oder verkauft werden.
Auch aus der datenschutzrechtlichen Sicht erntet Google mehr Zustimmung als Facebook. Das mag aber auch daran liegen, dass Facebook die Ansprüche an den Datenschutz gesenkt hat. Denn auch Google behält sich das Recht vor, Nutzerprofile für gezielte Werbung zu verwenden (so genanntes Targeting).
Noch ist Google+ frei von Werbung, aber es kann damit gerechnet werden, dass ähnlich wie bei der Google-Suche oder im Google Mail automatisch auf Mitglieder zugeschnittene Werbeanzeigen auftauchen. Auf der anderen Seite eröffnen sich damit für Händler Möglichkeiten, noch effektiver als mit Adwords zu werben.
Google will Facebook nicht die Vormacht im Empfehlungsmarketing überlassen und hat zugleich mit Google+ den „+1“-Button eingeführt. Dieser kann wie Facebooks „like“-Button auf Websites oder in Shops eingebaut werden. Doch genauso wie beim Likebutton teilt Google nicht mit, welche Daten der Button erhebt. Es ist anzunehmen, dass auch die IP-Adresse von Personen die keine Mitglieder von Google sind, erhoben wird.
Das wäre jedoch problematisch, da die IP-Adresse in Deutschland von vielen Juristen und insbesondere auch den staatlichen Datenschutzbeauftragten als ein personenbezogenes Datum eingestuft wird. Damit dürfte eine Datenschutzverletzung vorliegen, da solche Daten nur mit Einwilligung der Nutzer erhoben werden dürfen.
Das Risiko für Händler ist derzeit jedoch gering, da es bisher weder Bußgelder noch Abmahnungen wegen der Nutzung des Buttons gab. Jedoch gab es bereits Abmahnungen wegen des Verstoßes gegen die Informationspflicht über den „like“-Button in der Datenschutzerklärung.
Zwar entschied das KG Berlin (B. v. 29.04.2011, 5 W 88/11), dass dieser Datenschutzverstoß nicht zur Abmahnung berechtigt, aber auch unberechtigte Abmahnungen kosten Zeit und Geld. Daher sollten die Händler ihre Datenschutzerklärung um den Hinweis auf den „+1“-Button ergänzen. Ein kostenloses Muster gibt es auf der Website der Kanzlei Schwenke & Dramburg.
Wer sein Google Profil für kommerzielle Zwecke nutzt, sollte in der Profilbeschreibung (Menüpunkt „Über mich“ bzw. “About“) die notwendigen Anbieterangaben aufführen.
Ausreichend ist auch ein Link zum Impressum auf der eigenen Website. Dagegen ist es nicht ausreichend, wenn der Link zur Startseite der Website führt, weil das Impressum in diesem Fall aus dem Google+ Profil nicht „Unmittelbar erreichbar“ ist.
Es gibt zwar Stimmen, die eine Impressumspflicht für solche Profile verneinen. Doch auch hier gilt, dass es besser ist eine Abmahnung zu vermeiden, als diesen Rechtsstreit vor Gericht klären zu müssen.
Wie bei der Wahl von Domains oder Seitennamen müssen auch bei Google+ fremde Namens- und Markenrechte beachtet werden. Der sicherste Weg ist es, eigene Unternehmens(namen) oder Marken zu nutzen. Wer sich einen Phantasienamen ausdenkt, sollte beim Deutschen Patent und Markenamt, Unternehmensauskunfteien und per Suchmaschine recherchieren, ob dieser Name nicht bereits verwendet wird.
Sobald die eigenen Beiträge den privaten Kreis verlassen und sich an die Öffentlichkeit wenden, müssen Händler an das Urheber- und Wettbewerbsrecht denken. Denn letztendlich ist das Google+ Profil rechtlich gesehen nichts anderes als eine Art Blog. Das heißt, keine Bilder ohne Einwilligung der Urheber und Einverständnis von abgebildeten Personen veröffentlichen.
Kommentare über Wettbewerber sollten besser unterlassen werden, denn schon der Satz „Unser Service ist besser als der von unserem Mitbewerber Mustermann“ würde einen Wettbewerbsverstoß darstellen. Ebenfalls sollte in der Profilbeschreibung deutlich gemacht werden, für welches Unternehmen man arbeitet, falls dessen Angebote angepriesen werden. Ansonsten handelt es sich um verbotene Schleichwerbung.
Eigene Beiträge können durch andere Mitglieder kommentiert werden. Sollten diese rechtswidrigen Inhalts sein und zum Beispiel falsche Tatsachen oder Beleidigungen der Konkurrenten enthalten, kann der Profilinhaber für sie haften.
Jedoch entsteht die Haftung erst ab Kenntnis dieser Aussagen. Die Kenntnis ist vorhanden, wenn der Profilinhaber über die Rechtsverletzung benachrichtigt worden ist oder selbst mit einem Kommentar auf die Aussage reagiert hat. Ab diesem Zeitpunkt haftet er so, als ob er die Aussage selbst verfasst hätte.
In der derzeitigen Phase ist der Aufbau eines Unternehmensprofils bei Google+ noch sehr riskant und sollte nicht zu hohen Investitionen führen. Händler sollten besser abwarten, bis die offiziellen Unternehmensprofile zur Verfügung stehen oder die Kunden mit einem Personenprofil ansprechen. Anders sieht es bei dem „+1“-Button aus, der ohne großes Risiko eingesetzt werden kann.
Rechtsanwalt Thomas Schwenke LL.M. (Auckland), Dipl.FinWirt(FH) ist Partner der Berliner Kanzlei SCHWENKE & DRAMBURG, berät in Bereichen Social Media und Markenrecht, bietet Vorträge sowie Workshops an und bloggt auf http://spreerecht.de. Er ist auf Google+ unter http://gplus.to/schwenke zu finden.
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