Ab dem 20.07.2011 müssen die Vorschriften der EU-Spielzeugrichtlinie in den Mitgliedstaaten angewendet werden. Zu diesem Tag wird eine Verordnung, die 2. Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug, welche die Richtlinie umsetzt, in Kraft treten. Damit ist eine umfassende Erweiterung der Pflichten für Händler verbunden.
Lesen Sie mehr über die neuen Pflichten für Händler.
Durch die neue Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG (pdf) will der europäische Gesetzgeber der technischen Entwicklung Rechnung tragen, z.B. was Lärm- und Chemiestoffbelastung betrifft.
Die Informationspflichten der Marktteilnehmer werden im deutschen Recht in der Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug (2. GPSGV) zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) geregelt, die rechtzeitig von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates angepasst wird. Bei der Auslegung der neuen Bestimmungen sind die Leitlinien der Kommission von 16.04.10 besonders zu beachten. Zwar sind diese für die Gerichte nicht bindend, dienen aber der Orientierung.
Nach § 2 Nr. 24a der 2. GPSGV-Entwurf gilt die neue Verordnung für
„Produkte, die ausschließlich oder nicht ausschließlich dazu bestimmt oder gestaltet sind, von Personen unter 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden.“
Umfasst sind somit auch Produkte mit doppelter Funktion wie z.B. weich gefütterte Taschen oder Rucksäcke in Tierform.
Im Anhang I der Richtlinie sowie in § 1 Abs. 3 der 2. GPSGV-E werden allerdings zahlreiche Ausnahmen vom Spielzeugbegriff genannt, wie z.B. Puzzle-Spiele mit mehr als 500 Teilen, Computerspiele oder Schnuller für Säuglinge. Diese Aufzählung in Anhang I ist nicht abschließend.
Die meisten von der Spielzeugrichtlinie vorgesehenen Pflichtinformationen müssen auf dem Spielzeug selbst, auf der Verpackung oder in der Gebrauchsanleitung angegeben werden.
Eine Ausnahme stellen aber die Warnhinweise dar. Die Spielzeugrichtlinie betrachtet bestimmte Warnhinweise als notwendig für die Kaufentscheidung. Dementsprechend müssen sie gem. § 11 Abs. 4 der 2. GPSGV-E rechtzeitig vor dem Kauf angegeben werden:
„Warnhinweise, die für die Entscheidung zum Kauf eines Spielzeugs maßgeblich sind, wie etwa die Angabe des Mindest- und Höchstalters der Benutzer, sowie die sonstigen einschlägigen Warnhinweise gemäß Anhang V der Richtlinie 2009/48/EG sind auf der Verpackung anzugeben oder müssen in anderer Form für den Verbraucher vor dem Kauf klar erkennbar sein.
Dies gilt auch, wenn der Kauf auf elektronischem Weg abgeschlossen wird.“
Dies bedeutet, dass die Warnhinweise vor dem Kauf auf der Website sichtbar sein müssen. Unter Kauf in diesem Sinne sind nach Ansicht der Kommission
„sämtliche Kaufhandlungen zu verstehen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der physisch nicht in der Nähe des gewünschten Produkts befindliche Käufer dieses Produkt bestellt.“
Das Bereithalten der erforderlichen Informationen im Online-Shop ersetzt allerdings nicht deren Angabe auf dem Spielzeug selbst oder auf der Verpackung. Sie müssen also doppelt angegeben werden.
Wann der richtige Zeitpunkt zur Angabe der Warnhinweise im Internet ist, bleibt offen. Nach dem Wortlaut der Richtlinie muss sie „vor dem Kauf“ erfolgen. Dabei ist eine Auslegung in zwei Richtungen möglich: vor Abgabe der Bestellung und vor Einleitung des Bestellprozesses, weil der Hinweis die Kaufentscheidung fördern soll und diese nach Auffassung der deutschen Gerichten in diesem Zeitpunkt getroffen wird.
Der richtige Platz für die Warnhinweise ist also die Produktseite, denn dort rechnet der Kunde auch mit entsprechenden Informationen.
Gemäß § 11 Abs. 1 der 2. GPSGV-E müssen sämtliche – „wenn es für den sicheren Gebrauch des Spielzeugs angemessen ist“ - Spielzeuge mit einem Warnhinweis versehen werden.
Anzugeben ist zumindest
Die Angabe eines Altersbereichs (2+, 6+,…) darf nicht mit einem Warnhinweis verwechselt werden und hat nicht die gleiche rechtliche Bedeutung wie ein Warnhinweis, so die Kommission in ihren Leitlinien zu der Richtlinie.
Für bestimmte Spielzeugkategorien sieht die Spielzeugrichtlinie spezifische Warnhinweise vor. Diese sind in Teil B des fünften Anhangs geregelt, wobei die Liste nicht erschöpfend ist.
§ 11 Abs. 2 der 2. GPSGV-E regelt ein umfassendes Transparenzgebot:
„Der Hersteller hat die Warnhinweise deutlich sichtbar, leicht lesbar, verständlich und in zutreffender Form auf dem Spielzeug, einem fest angebrachten Etikett oder auf der Verpackung anzubringen und, falls erforderlich, in der beigefügten Gebrauchsanweisung. ... “
Darüber hinaus muss der Warnhinweis bzw. die Liste mit den Warnhinweisen zwingend mit dem Wort „Achtung“ beginnen. Die einzelnen, zu erteilenden Warnhinweise finden Sie am Ende dieses Beitrages.
Die neue Spielzeugrichtlinie regelt separat die Pflichten der Hersteller, Einführer und Händler, wobei jeder dieser auch legal definiert wird.
Unter gewissen Umständen (§ 8 der 2. GPSGV-E) sind Einführer und Händler als Hersteller zu behandeln. Außerdem haben sich Händler gemäß § 7 der 2. GPSGV-E zu vergewissern, dass Einführer bzw. Hersteller jeweils ihre Pflichten erfüllt haben.
Die Online-Händler müssen daher sämtliche Informationspflichten und Sicherheitsanforderungen kennen und beim Vertrieb von Spielzeugen berücksichtigen.
Sämtliche Spielzeuge müssen mit einer Typen-, Chargen-, Modell- oder Seriennummer oder einem anderen Kennzeichen zum Zwecke der Identifikation versehen werden (§ 4 Abs. 1 der 2. GPSGV-E).
Das Kennzeichen muss „lesbar und dauerhaft“ sein. Ist das aufgrund der Größe oder Art des Spielzeugs nicht möglich, muss die Nummer auf der Verpackung oder in den beigefügten Unterlagen angegeben werden.
Gleiches gilt für die Identität des Herstellers und des Einführers. Beide sind verpflichtet, Informationen über ihre Identität und die Kontaktmöglichkeiten zu geben:
Die Kontaktanschrift muss nicht notwendigerweise die Anschrift sein, an der der Hersteller oder der Einführer tatsächlich seinen Sitz hat. Unzureichend ist aber der Verweis auf eine Webseite. Die Pflicht zu diesen Angaben ist jedoch nicht neu, sondern besteht schon nach den derzeit geltenden Regeln.
Wie auch § 5 der 2. GPSGV bestimmt, müssen einem Spielzeug i.d.R. eine Gebrauchsanleitung sowie Sicherheitsinformationen beigelegt werden. Wenn das Spielzeug jedoch keine Gebrauchsanleitung erfordert (z.B. bei Stoff-Tieren), darf von einer solchen abgesehen werden. In der Gebrauchsanleitung ist der Verbraucher über die sichere und effiziente Verwendung des Produkts zu informieren.
Darüber hinaus müssen in der Gebrauchsanleitung sämtliche Informationen (Identifikationsnummer, Identität und Anschrift des Herstellers/ des Einführers), die das Spielzeug selbst trägt, wiederholt werden. Bei mehreren Seiten wird eine Nummerierung empfohlen.
Die Informationen müssen in deutscher Sprache gefasst werden.
Auf dem Markt bereitgestellte Spielzeuge müssen die CE-Kennzeichnung tragen (Art. 16 und 17 der Richtlinie). Diese ist deutlich sichtbar, lesbar und dauerhaft auf dem Spielzeug, einem daran befestigten Etikett oder der Verpackung bzw. einem Beipackzettel bei Platzmangel anzubringen. Insofern ergeben sich keine Unterschiede zu § 4 Abs. 1 S. 1 der 2. GPSGV.
Neu ist die Pflicht des Herstellers, eine EG-Konformitätserklärung zu formulieren und für einen Zeitraum von 10 Jahren ab dem Inverkehrbringen des Spielzeugs aufzubewahren. Der Händler muss überprüfen, ob das Spielzeug mit einer solchen versehen ist.
§ 10 der 2. GPSGV- E legt das Grundprinzip der Richtlinie 2009/48/EG fest:
Es darf nur Spielzeug, das die wesentlichen Sicherheitsanforderungen der Richtlinie erfüllt, in Verkehr gebracht werden und die Mitgliedstaaten müssen alle erforderlichen Maßnahmen durchführen, um sicherzustellen, dass Spielzeug, das diese Anforderungen nicht erfüllt, nicht in Verkehr gebracht wird.
Die einzelnen Sicherheitsanforderungen sind in Anhang 2 der Richtlinie enthalten. Anhang 2 ist somit das Herz der neuen Spielzeug-Richtlinie und steigert nicht unerheblich das Sicherheitsniveau im Vergleich zur alten Spielzeugrichtlinie. Die neuen Sicherheitsanforderungen sollen allerdings erst 2013 in Kraft treten.
Art. 51 der Richtlinie bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die Sanktionen gegen Wirtschaftsakteure festlegen.
„Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.“
§ 22 der 2. GPSGV-E sieht einen Verstoß als Ordnungswidrigkeit an und ordnet ein Bußgeld an.
Da die Warnhinweise sowie die anderen Informationspflichten für die Kaufentscheidung des Verbrauchers maßgeblich sind, kommen auch Abmahnungen wegen "aktiver" Irreführung oder Irreführung durch Unterlassen in Betracht.
Eine Bagatelle kann bei einem Verstoß gegen die Pflichten nicht angenommen werden, da das Informationserfordernis seine Grundlage im Europarecht hat.
Die neue 2. GPSGV wird am 20.07.2011 in Kraft treten. § 23 der 2. GPSGV-E bestimmt, dass auf Spielzeug, das vor dem 20. Juli 2011 in den Verkehr gebracht wurde, noch das alte Recht Anwendung finden sollen. Die neuen Sicherheitsanforderungen sollen erst ab 20.07.2013 zur Anwendung kommen. Diesbezüglich sind jetzt schon Änderungen geplant, nicht zuletzt auf Initiative der deutschen Bundesministerin für Verbraucherschutz Ilse Aigner.
Am 25.05.2011 hat die Bundesregierung die Novelle des ProdSG beschlossen. Diese dient ebenso der Umsetzung der Spielzeugrichtlinie. Der Entwurf betrifft die Regelungen zu Konformitätsbewertungsstellen und Notifizierungsverfahren. Die Informationspflichten von Händler, Einführer und Händler sind davon nicht betroffen.
Achten Sie ab 20.07.2011 auf die Erfüllung der neuen Pflichten. Eine Übergangszeit existiert nicht. Eine Verletzung dieser Pflichten kann also sofort abgemahnt werden. (mr)
BESONDERE WARNHINWEISE UND GEBRAUCHSVORSCHRIFTEN FÜR DIE BENUTZUNG BESTIMMTER SPIELZEUGKATEGORIEN
Spielzeug, das für Kinder unter 36 Monaten gefährlich sein könnte, muss einen Warnhinweis tragen, beispielsweise:
"Nicht für Kinder unter 36 Monaten geeignet." oder
"Nicht für Kinder unter drei Jahren geeignet."
oder einen Warnhinweis in Form der folgenden Abbildung:
Diese Warnhinweise müssen durch einen kurzen Hinweis — der auch aus der Gebrauchsanweisung hervorgehen kann — auf die besonderen Gefahren ergänzt werden, die diese Vorsichtsmaßregel erforderlich machen.
Diese Nummer gilt nicht für Spielzeug, das aufgrund seiner Funktion, seiner Abmessungen, seiner Merkmale und Eigenschaften oder aus anderen zwingenden Gründen ganz offensichtlich nicht für Kinder unter 36 Monaten bestimmt sein kann.
Aktivitätsspielzeug muss den folgenden Warnhinweis tragen:
"Nur für den Hausgebrauch."
Aktivitätsspielzeug, das an einem Gerüst montiert ist, sowie anderem Aktivitätsspielzeug muss gegebenenfalls eine Gebrauchsanweisung beiliegen, in der auf die Notwendigkeit einer regelmäßigen Überprüfung und Wartung der wichtigsten Teile hingewiesen wird (Aufhängung, Befestigung, Verankerung am Boden usw.) und darauf, dass bei Unterlassung solcher Kontrollen Kipp- oder Sturzgefahr bestehen kann.
Ebenso müssen Anweisungen für eine sachgerechte Montage gegeben werden sowie Hinweise auf die Teile, die bei falscher Montage zu einer Gefährdung führen können. Es ist anzugeben, wie eine Aufstellungsfläche für das Spielzeug beschaffen sein muss.
Funktionelles Spielzeug muss den folgenden Warnhinweis tragen:
"Benutzung unter unmittelbarer Aufsicht von Erwachsenen."
Ihm muss darüber hinaus eine Gebrauchsanweisung beiliegen, die die Anweisungen für die Verwendung sowie die vom Benutzer einzuhaltenden Vorsichtsmaßregeln enthält mit dem Warnhinweis, dass sich der Benutzer bei ihrer Nichtbeachtung den — näher zu bezeichnenden — Gefahren aussetzt, die normalerweise mit dem Gerät oder Produkt verbunden sind, deren verkleinertes Modell oder Nachbildung das Spielzeug darstellt. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass dieses Spielzeug außer Reichweite von Kindern unter einem bestimmten — vom Hersteller festzulegenden — Alter gehalten werden muss.
Unbeschadet der Anwendung der Bestimmungen, die in den geltenden Gemeinschaftsvorschriften über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung bestimmter Stoffe und Gemische vorgesehen sind, verweist die Gebrauchsanweisung für Spielzeug, das an sich gefährliche Stoffe oder Gemische enthält, auf den gefährlichen Charakter dieser Stoffe oder Gemische sowie auf die von dem Benutzer einzuhaltenden Vorsichtsmaßregeln, damit die mit dem Gebrauch des Spielzeugs verbundenen Gefahren, die je nach dessen Art kurz zu beschreiben sind, ausgeschaltet werden. Es werden auch die bei schweren Unfällen aufgrund der Verwendung dieser Spielzeugart erforderlichen Erste-Hilfe-Maßnahmen angeführt. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das Spielzeug außer Reichweite von Kindern unter einem bestimmten — vom Hersteller festzulegenden — Alter gehalten werden muss.
Neben den in Absatz 1 vorgesehenen Angaben muss chemisches Spielzeug auf der Verpackung den folgenden Warnhinweis tragen:
"Nicht geeignet für Kinder unter … Jahren [*]. Benutzung unter Aufsicht von Erwachsenen."
Als chemisches Spielzeug gelten hauptsächlich: Kästen für chemische Versuche, Kästen für Kunststoff-Vergussarbeiten, Miniaturwerkstätten für Keramik-, Email- und photographische Arbeiten und vergleichbares Spielzeug, das zu einer chemischen Reaktion oder vergleichbaren Stoffänderung während des Gebrauchs führt.
Werden diese Produkte als Spielzeug verkauft, so müssen sie folgenden Warnhinweis tragen:
"Mit Schutzausrüstung zu benutzen. Nicht im Straßenverkehr zu verwenden."
Außerdem ist in der Gebrauchsanweisung darauf hinzuweisen, dass das Spielzeug mit Vorsicht zu verwenden ist, da es große Geschicklichkeit verlangt, damit Unfälle des Benutzers oder Dritter durch Sturz oder Zusammenstoß vermieden werden. Angaben zur geeigneten Schutzausrüstung (Schutzhelme, Handschuhe, Knieschützer, Ellbogenschützer usw.) sind ebenfalls zu machen.
Wasserspielzeug muss folgenden Warnhinweis tragen:
"Nur im flachen Wasser unter Aufsicht von Erwachsenen verwenden."
In Lebensmitteln enthaltenes Spielzeug oder zusammen mit einem Lebensmittel angebotenes Spielzeug muss folgenden Warnhinweis tragen:
"Enthält Spielzeug. Beaufsichtigung durch Erwachsene empfohlen."
Imitationen von Schutzmasken oder -helmen müssen folgenden Warnhinweis tragen:
"Dieses Spielzeug bietet keinen Schutz."
Spielzeug, das dazu bestimmt ist, mittels Schnüren, Bändern, elastischen Bändern oder Gurten an Wiegen, Kinderbetten oder Kinderwagen befestigt zu werden, trägt folgenden Warnhinweis auf der Verpackung, der auch dauerhaft an dem Spielzeug angebracht ist:
"Um mögliche Verletzungen durch Verheddern zu verhindern, ist dieses Spielzeug zu entfernen, wenn das Kind beginnt, auf allen vieren zu krabbeln."
Die Verpackung von Duftstoffen in Brettspielen für den Geruchssinn, Kosmetikkoffern und Spielen für den Geschmacksinn, die die in den Nummern 41 bis 55 der Liste in Anhang II Teil III Nummer 11 Absatz 1 aufgeführten Duftstoffe sowie die in den Nummern 1 bis 11 der Liste in Absatz 3 der genannten Nummer aufgeführten Duftstoffe enthalten, muss folgenden Warnhinweis tragen:
"Enthält Duftstoffe, die Allergien auslösen können".
[*] Das Alter ist vom Hersteller festzulegen.
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