Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte bereits im Januar dieses Jahres das Urteil über die Zulässigkeit des Buchens fremder Marken als Keyword gefällt, seit heute liegen nunmehr die Entscheidungsgründe vor. Die Frage, die nun seit über 6 Jahren offen war, wurde mit einer sehr klaren und überraschend deutlichen Argumentation geklärt.
Lesen Sie mehr in einem Gastbeitrag von RA Claus Volke.
Seit 2006 stritten bundesweit mehrere Unternehmen vor zahlreichen Instanzengerichten über folgende Frage:
Kann ein Unternehmer die Marke eines Dritten, im Regelfall die eines Wettbewerbers, bei Google als Keyword angeben, so dass bei Eingabe dieser Marke als Suchbegriff durch den Internetuser neben den Suchergebnissen (bzw. über diesen) AdWords-Anzeigen erscheinen?
Zu Beginn dieses Jahres hatte der BGH nun nachdem auch dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Entscheidung vorgelegt wurde, das Urteil gefällt, dass eine solche Verwendung zulässig sei. Warum, wurde erst jetzt durch die Veröffentlichung der Urteilsgründe bekannt und überrascht auch uns.
Der BGH führt in den in dieser Woche übermittelten Entscheidungsgründen (Urteil vom 13.Januar 2011, Az.: I ZR 125/07) hierbei ungewöhnlich kurz und klar aus:
„Gibt ein Dritter ein mit einer Marke identisches Zeichen ohne Zustimmung des Markeninhabers einem Suchmaschinenbetreiber gegenüber als Schlüsselwort an, damit bei Eingabe des mit der Marke identischen Zeichens als Suchwort in die Suchmaschine ein absatzfördernder elektronischer Verweis (Link) zur Website des Dritten als Werbung für der Gattung nach identischer Waren oder Dienstleistungen in einem von der Trefferliste räumlich getrennten entsprechenden gekennzeichneten Werbeblog erscheint (AdWords-Werbung), liegt darin keine Benutzung der fremden Marke im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a MarkenRL, § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, wenn die Anzeige selbst weder das Zeichen noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder auf die von diesem angebotenen Produkte enthält, der angegebene Domainname vielmehr auf eine andere betriebliche Herkunft hinweist. (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011-I ZR125/07)
Die Richter machen deutlich, dass zunächst bereits durch die räumliche Trennung der beiden verschiedenen Leistungen, zum einen die Trefferliste zum anderen die daneben oder darüber stehende mit „Anzeige“ deutlich gekennzeichneten AdWords-Werbung, ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal gegeben ist.
Dies überzeugt, da diese Grundsätze dieses Trennungsgebotes zum Beispiel auch in der Print-Werbung seit vielen Jahrzehnten ausdiskutiert ist.
So ist auch hier in der Regel eine Werbung auch im redaktionellen Teil, wenn diese entsprechend deutlich gekennzeichnet ist, zulässig.
Der BGH präzisiert die Anforderungen weiter, indem er auch in diesem Urteil noch einmal deutlich macht, dass es immer dann zulässig ist, eine solche Anzeige zu schalten, - auch unter der Verwendung des Keywords (Marke eines Dritten) - wenn die Anzeige selbst weder das Zeichen noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder auf die von diesem angebotenen Produkte enthält und der angegebene Domainname auf eine andere vertriebliche Herkunft hinweist. So einfach diese Begründung klingt, so konsequent und richtig ist sie.
Das Keyword ist nichts anderes als die unsichtbare Zieladresse für das Erscheinen einer Werbung, und dies ist nicht neu. Nicht nur die Auswahl z.B. einer Publikationen im Print-Bereich, in der eine Werbung erscheinen soll, sondern auch die genaue Zielangabe wo die jeweilige Werbung z.B. in der Zeitschrift am besten erscheinen solle, beinhaltet also auch hier immer auch die - ggf. dann verbal - wiedergegebene Zielangabe. Dies kann und darf völlig richtig auch im digitalen Bereich keine Unterscheidung machen. Wenn Aldi neben dem Inserat von Lidl erscheinen will, wird Aldi auch Lidl nennen/angeben und nicht „umschreiben“. Warum auch?
Die gesamten Werbekonzepte, die hier zur Diskussion standen, basieren darauf, dass um eine kontextsensitive Werbung möglichst ideal einsetzen zu können, eine Zieladresse, also Suchbegriffe die vom User des jeweiligen Suchdienstes eingegeben werden, angegeben werden müssen. Die Marke des Dritten erscheint dabei dann aber in allen hier vorliegenden und durch die Gerichte zu entscheidenden Fällen weder in der Anzeige noch im Text selbst. Im Gegenteil, der Werbende will seine Alternativangebote aufzeigen. Porsche kann BMW als Keyword buchen um den Sportwagen interessierten BMW eingebenden User, der auch weiterhin zudem die Treffer seiner BMW Suchanfrage finden wird, auch seine Angebote anpreisen.
Alles das wurde nun in einer überraschend klaren und sehr präzisen Tenorierung der Richter aus Karlsruhe endgültig klar gestellt.
Wenn und soweit die oben angegebenen kleinen Regelungen eingehalten werden, und dies war in der Praxis in nahezu allen streitigen Fällen ohnehin schon gegeben, ist das Buchen einer Marke eines Dritten als Keyword in entsprechenden Suchdienstangeboten zur Schaltung einer Werbeanzeige nunmehr zulässig.
Wird dies den Online-Werbemarkt in diesem Bereich revolutionieren? Ja, denn zunächst werden die Mitbewerber, die ohnehin eine optimale Platzierung Ihrer AdWords-Anzeigen verfolgen, alle Mitbewerber buchen, worauf dann diese dann entsprechend durch eigene Buchungen reagieren werden.
Des Weiteren können nun auch kleine Anbieter und Branchenneulinge in den jeweiligen Bereichen durch die Buchung der Keywords der bekannten Markeninhaber ihr Produkt einer breiten Masse vorstellen. Ein kleiner Hersteller, der zum Beispiel ökologisch sinnvolle Waschmaschinen in Kleinstserien produziert, kann nun durch das Buchen der Keywords der großen Weißwarenhersteller entsprechend auch auf sich aufmerksam machen. Das war und das ist Werbung. Nicht mehr und nicht weniger.
RA Claus Volke
Claus Volke ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Informationstechnologierecht, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz (Wettbewerbs-, Marken- und Patentrecht) und Lehrbeauftragter für IT-Recht. Er ist Inhaber der Kanzlei volke2.0, die seit über 10 Jahren bundesweit ausschließlich im Bereich Gewerblicher Rechtsschutz in den Informationstechnologien tätig ist.