Bereits seit 2008 liegt ein Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie über Verbraucherrechte vor. Am 24.03.2011 wurden im EU-Parlament umfangreiche Änderungen beschlossen, deren Sinn zumindest fragwürdig erscheint. So wird festgelegt, dass bestimmte Information künftig auf der Startseite von Online-Shops stehen müssen.
Lesen Sie mehr über eine neue zweifelhafte Pflicht.
Update: Kein Aprilscherz!
Update 23.6.2011: EU-Parlament hat Richtlinie beschlossen
Bereits Anfang März gab es große Aufregung über den Vorschlag des Parlaments, Händler künftig dazu zu verpflichten, auf Verlangen des Verbrauchers die komplette EU beliefern zu müssen.
Das EU-Parlament verlangt aber noch mehr. In Artikel 11 der Richtlinie soll ein Absatz 2a eingefügt werden, in dem es heißen soll:
“Auf Websites für den elektronischen Geschäftsverkehr ist klar und lesbar auf der Startseite anzugeben, ob Beschränkungen – einschließlich der Zahlungsmöglichkeiten – für Lieferungen in bestimmte Mitgliedstaaten bestehen.”
Was bedeutet das?
Zunächst könnte man daran denken, dass es ausreichen würde, z.B. den Hinweis “Keine Lieferung nach Polen” aufzunehmen. Das geht aber nicht, da Art. 22a der geplanten Richtlinie den Händler ja gerade dazu verpflichtet, in alle EU-Mitgliedstaaten auf Verlangen des Verbrauchers zu liefern.
Wenn aber für die Lieferung in das EU-Ausland z.B. keine Expresslieferungen möglich sind, ist dies anzugeben. Kompliziert wird es, wenn Expresslieferungen nur in manche Länder möglich sind.
Dann sähe der Hinweis z.B. so aus:
“Expresslieferungen sind in folgende Länder nicht möglich:
Rumänien
Litauen
Griechenland
SchwedenGrundsätzlich möglich sind Expresslieferungen nach Spanien, hiervon ausgenommen aber Lieferungen auf die kanarischen Inseln und die Balearen.”
Lieferungen nur per Vorkasse?
Gleiches gilt für Beschränkungen der Zahlungsarten. Relativ einfach ist es noch, wenn man ausschließlich per Vorkasse ins Ausland liefert. Aber zu einfach sollte es ja nicht sein, dachten sich die Abgeordneten und hatten folgende Überlegung, die sie in einen neuen Erwägungsgrund 38a aufnahmen:
“Bei vielen Transaktionen haben die Verbraucher nicht genügend Wahlmöglichkeiten in Bezug auf die Zahlungsmethode oder müssen hohe Gebühren entrichten, wenn sie bestimmte Zahlungsmethoden nicht nutzen wollen.
Daher sollte eine Bestimmung aufgenommen werden, mit der sichergestellt wird, dass der Unternehmer dem Verbraucher verschiedene Zahlungsarten anbietet, die bei Fernabsatzverträgen sowohl elektronische als auch nicht elektronische Zahlungsmethoden umfassen sollte. […]”
Zwar wurde eine entsprechende Verpflichtung nicht in die Richtlinie aufgenommen, aber dies kann noch in den weiteren Beratungen im Parlament geschehen.
Das bedeutet also, dass man dann schreiben müsste (Beispiel):
“Lieferungen ins EU-Ausland erfolgen nur per Vorkasse, Nachnahme oder PayPal, wobei eine Lieferung per Nachnahme nach Belgien nicht erfolgt.”
Gesetzliche Lieferbeschränkungen
Über Einschränkungen der Lieferart und der Zahlungsart zu informieren, dürfte dabei aber noch relativ einfach möglich sein, da es keines Recherche-Aufwandes hierfür bedarf. Problematischer wird es aber, wenn bestimmte Verkaufsmodalitäten in verschiedenen Ländern herrschen.
Es sei daran erinnert, dass z.B. bis Mai 2010 eine Vorkasse-Vereinbarung in Belgien verboten war und bis zu einem Urteil des EuGH vom 3. Dezember 2010 in Ungarn keine Kontaktlinsen über das Internet verkauft werden durften. Alkohol darf beispielsweise in Schweden nur an Personen über 20 Jahren verkauft werden. Auch hierauf ist dann hinzuweisen, da dies eine Lieferbeschränkung i.S.d. geplanten Artikel 11 darstellt.
Wo müssen die Informationen platziert werden?
Der Vorschlag in der Richtlinie ist hier eindeutig und lässt keine Interpretationen zu: “klar und lesbar auf der Startseite“. Durch diesen eindeutigen Wortlaut scheidet die Möglichkeit der Informationserteilung über einen sprechenden Link, welcher auf eine Seite verweist, die all diese Informationen enthält, aus.
Was soll eine solche Pflicht auf der Startseite denn bringen? Potentielle Kunden – zumindest neue – kommen nicht über die Startseite in den Shop und werden diese Informationen somit niemals wahrnehmen. Dieser Vorschlag ist also völlig unüberlegt und vor allem unnötig.
Fazit
Die Kommission hatte mit dem Entwurf einer Verbraucherrechte-Richtlinie einen guten Anfang gemacht. Europaweit sollten die Pflichten für Händler vereinheitlicht werden, die nationalen Parlamente hätten davon nicht abweichen dürfen. Bereits im Schwab-Bericht wurde dieses Konzept der Vollharmonisierung leider aufgegeben.
Der jetzt vom EU-Parlament vorgeschlagene Text führt neben dieser unsinnigen Pflicht auf der Startseite zahlreiche weitere neue Regelungen ein, die nichts mehr mit Verbraucherschutz zu tun haben. Man kann hier nur an die Vernunft der Parlamentarier appellieren, die Änderungen zurückzunehmen und den wirklich guten Vorschlag der Kommission anzunehmen.
Noch ist die Richtlinie kein geltendes Recht. Es bleibt zu hoffen, dass die Interessenverbände der Wirtschaft massiven Druck auf die Abgeordneten ausüben werden, um den größten Teil der geplanten Änderungen wieder rückgängig zu machen.
Übrigens plante die EU ursprünglich, die Informationspflichten im Online-Handel zu reduzieren und zu vereinheitlichen. Beide Pläne wurden offensichtlich aufgegeben.
Was soll dem bulgarischen Verbraucher diese Information auf einem deutschen Online-Shop nützen, wenn er kein Wort Deutsch spricht? Fehlt nur noch, dass diese Information in allen 23 Amtssprachen bereitgehalten werden muss.
Wir werden Sie in weiteren Beiträgen über die anderen Änderungsvorschläge unterrichten. (mr)
Update: Kein Aprilscherz
Viele Leser dachten, bei diesem Beitrag handelte es sich um einen Aprilscherz. Leider muss ich Sie enttäuschen. Dieser Unsinn stammt nicht von uns, sondern tatsächlich vom EU-Parlament. Der oben angesprochene geplante Artikel 11 Abs. 2a steht so tatsächlich im derzeit diskutierten Entwurf der Verbraucherrechterichtlinie.
Was diese Pflicht bringen soll, konnte ich bisher noch nicht erkennen. Der Binnenhandel wird dadurch unter Garantie nicht gefördert. Und das ist immerhin das erklärte Ziel der Richtlinie.
Ich möchte es noch einmal betonen:
Es handelt sich bei diesem Beitrag nicht um einen Aprilscherz!
Update: Richtlinie beschlossen
Am 23. Juni 2011 hat das EU-Parlament die Verbraucherrechterichtlinie beschlossen. Vorausgegangen waren Verhandlungen zwischen Rat und Parlament. Zahlreiche Änderungswünsche des Parlamentes konnten sich (zum Glück) nicht durchsetzen. So unter anderem die Verpflichtung über Informationen zu Auslandslieferungen auf der Startseite.
Allerdings muss der Shopbetreiber künftig spätestens zu Beginn des Bestellprozesses (also spätestens im Warenkorb) über bestehende Lieferbeschränkungen sowie die angebotenen Zahlungsarten informieren. Das dürfte aber für viele Shopbetreiber keine große Umstellung bedeuten, da sie diese Informationspflicht bereits jetzt erfüllen.
Wieder einmal nur: Schwachsinn
Das Schlimme daran ist… für diese Ergüsse grenzenloser Inkompetenz und Korruption bekommen diese Damen und Herren Vergütungen die jenseits jeder Vernunft liegen.
Künftig (wie oft auch heute für diverse Länder) wird es nach einem Bestelleingang heissen: Leider ist der Artikel ausverkauft und die voraussichtliche Lieferzeit des Zulaufes beträgt mindestens 8 Wochen.
Noch liegt es in der Entscheidung des Händlers welchen Kaufvertrag er eingeht und welchen nicht.
Wecken Sie bloß keine schlafenden Hunde 😉
Aprilscherz?
Guter Aprilscherz! 😀
April, April ;o)
So viel Inkompetenz und “von der Tapete bis zur Wand” gedacht,habe ich lange nicht mehr gelesen.
Vielleicht sollen die Informationen zukünftig auch in allen Landessprachen veröffentlicht werden?
Ich glaube, ich gehe in die Politik. Leichter kann man mit einer Nullnummer sein Geld wohl nicht verdienen.
Es reicht!
Gruß
Antje
LOL ! Wie wäre es noch mit folgender Erweiterung:
…fehlt nur noch, dass diese Information in allen 23 Amtssprachen AUF DER STARTSEITE bereitgehalten werden muss.
Regeln werden halt meistens von Leuten ausgedacht, die von der Praxis wenig bis keine Ahnung haben. Schade eigentlich.
Das Ziel ist doch ganz klar: Türen zu für all die kleinen Shops (<50 Mill. Umsatz) und die Tore auf für Amazon, Weltbild, Otto und Co.! George Orwell lässt grüßen…
Hier wird jetzt wieder eine Welle gemacht…
Erstmal ist das ja immer noch im Entwurfsstadium, also Abwarten und Teetrinken.
Dann steht dann ja im Entwurf, dass “ob Beschränkungen – einschließlich der Zahlungsmöglichkeiten – für Lieferungen in bestimmte Mitgliedstaaten bestehen.”
Wenn keine Beschränkungen bestehen, dann muss ich ja auch wohl keinen Hinweis auf die Startseite bringen. Muss ich also in Praxis abwägen, ob ich für bestimmte EU-Staaten irgendwelche Beschränkungen definiere oder ob ich den kostbaren Startseitenplatz nicht besser anders nutze.
Alles andere in dem Beitrag ist dann schon wieder arg konstruiert. Warum bringt man das Beispiel Belgien, wenn es schon längst nicht mehr zutrifft.
Für alle Juristen und sonstige Theoretiker hier dann der Tipp, wie ein Online-Händler so etwa in der Praxis löst:
Natürlich habe ich innerhalb der EU keine Beschränkungen bei Liefer- und Versandarten. Ich liefer auch auf die kanarischen Inseln und Malta per Express – der entsprechend in der Konfiguration für diese Fälle hinterlegte Expressaufschlag liegt halt bei 2000 €. Und da ich überhaupt kein Interesse habe nach Spanien (egal ob Festland oder Malle) habe, ist der Expresszuschlag für Spanien immer 2000 €.
Natürlich biete ich für Belgien die Zahlart Nachname an. Aufschlag ist halt dann 100 €.
@Shopper
1. Wenn man bei unsinnigen Gesetzentwürfen nur Tee trinkt, statt Kritik zu äußern (an verschiedenen Stellen, nicht nur hier), wird es höchstwahrscheinlich noch öfter zu unsinnigen Gesetzen kommen. Mit unseren “theoretischen” Beiträgen konnten wir zB immerhin verhindern, dass in Deutschland der Ingebrauchnahme-Wertersatz ganz gestrichen wird, bei der Button-Lösung sieht es auch ganz gut aus.
2. Ich weiß nicht, wen Sie meinen, aber wir sind jedenfalls keine Theoretiker, sondern prägen seit Jahren die (Rechts-) Praxis des Onlinehandels mit. Deswegen wird zB auch unser “Praxishandbuch” von so vielen Anwälten gekauft und werden unsere Muster von Anwälten und IHKs deren Kunden empfohlen.
3. Es ist naiv anzunehmen, dass man mit astronomischen Versandkosten das von der EU angestrebte Diskriminierungsverbot umgehen kann, denn der Gesetzgeber wird für solche Fälle natürlich Umgehungsverbote schaffen.
Aber wie Sie richtig sagen handelt es sich bislang ja um ungelegte Eier und bei dem aktuellen Widerstand habe ich Zweifel, ob die VRRL überhaupt noch kommt. Nur werden wir auch künftig nicht abwarten und schweigen, sondern uns in die Diskussion einmischen und so Schaffung besserer Gesetze beitragen, wie schon in der Vergangenheit.
Guten Abend,
ich sehe das genau so! Mit astronomischen Lieferkosten wird es nicht funktionieren. So “schlau” ist man in Brüssel auch schon.
Ich sehe das Problem auch darin, dass der Durchschnittsunternehmer, der nicht gerade “Otto” mit Nachnamen heißt, es immer schwerer haben wird. Das kann nicht das Ziel der Marktwirtschaft sein.
Gruß
Antje
Whow, das wusste ich nicht, das die Politiker zur Meinungsbildung hier, die Diskussionen im Shopbetreiber-Blog verfolgen. Dann sollen doch bitte weiterhin alle anderen Diskutanten hier ihre wertvollen und i.d.R. hoch sachlichen Beiträger hier ablegen.
Natürlich sind die Expresskosten astronomisch. Aber ein Expresspaket mit 10 kg Inhalt nach Spanien zu senden kostet bei der DHL immerhin rund 230 €. Da ist es also sicherlich nicht diskriminierend, dass man für Spanien einen Expresszuschlag von 300 € nimmt. Der ist allemal abschreckend genug.
Wenn ich den Forderung richtig lese muß ich nur den Hinweis auf die Startseite bringen, wenn ich fürs EU-Ausland abweichende Zahlweisen oder Versandarten vorsehe. Und wenn ich für Deutschland Expresslieferung haben will, dann biete ich die halt auch mit Aufschlag für das EU-Ausland an. Und das kann ich auch so machen, das jurstische Theoretiker hier auch keine Diskriminierung sehen.
Traurig, traurig, wenn das wirklich kein Aprilscherz sein sollte. Wie soll man das alles auf der Startseite unterbringen. Mit guter Usability wird es künftig nix mehr.
Dazu fällt mir gerade etwas ein. Wenn der EU-Wahnsinn durchkommt stellt sich mir die Frage wie es mit einigen Inseln zu regeln ist. Ich denke da an Lanzarote (Spanien), französich Guayana, St. Martin im karibischen Meer (Holland) oder sogar an die Falkland-Inseln (England).
Bei einem Warenwert von 41 Eur und einem Widerruf ist es dann besser, dem Kunden die Ware gerade zu schenken.
Wenn sich z.B. in Polen die WRB ändert, wie bekommen wir das schnellstens mit ? Hier sind den Abmahnungen wieder Tür und Tor geöffnet.
Noch einen Nachtrag. Das schreibt Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Mitgliedstaaten_der_Europ%C3%A4ischen_Union
Die assoziierten Gebiete haben nur einzelne EU-Rechte. Aber für uns ist wichtig ob wir auch dann dorthin liefern “MÜSSEN”. Wie stellt sich das die EU-Kommission vor ?
Hatte es schon mal in der anderen Diskussion geschrieben – gerne aber hier noch einmal:
Wer nicht möchte das er ins EU-Ausland (incl. Lanzarote, Guayna, St. Martin oder die Falkland-Inseln) liefern soll, der hat dafür (EU hin oder her) folgende Stellschrauben:
– Artikelbeschreibung und Co. alles in Deutsch, dann wird man dort auch nicht bei Google gefunden.
– Hohe Versandkosten (die sich aber schon automatisch ergeben)
– Beschränkung auf ein paar exotische Zahlarten.
Schwubdiwub, liegt der Anteil der Bestellungen aus dem EU-Ausland in einem klitzekleinem Promille-Bereich. Der Anteil davon aus den Assoziierten Gebieten liegt dann schon bei einem nicht mehr zu erfassbaren 0,0000000001 % Bereich. Das dann aus diesen Promille-Bestellungen oder 0,0000000001%-Bestellungen dann auch noch ein Widerruf kommt – dafür fehlen mir dann einfach die Relationen in denen ich das darstellen kann.
Also alle mal wieder runterkommen! Selbst wenn es so kommt – es wird keine Auswirkungen in der Praxis haben. Die wirklichen Probleme im Online-Handel sind andere…
@Shopper:
Ich gebe Ihnen Recht, dass derartige Bestellungen tatsächlich sicher nicht eingehen werden. Aber Sie vergessen bei Ihrer Berechnung die wesentlich größere Gefahr: Abmahner. Gerade weil kein Mensch auf die Idee kommt, aus Südspanien (die assoziierten Gebiete gehören de facto nicht zum Gebiet der EU) in einem deutschen Online-Shop einzukaufen, ist die geplante Verpflichtung ja so sinnfrei. Aber die bekannten Abmahnunternehmer werden irgendwann diese Pflicht im Gesetz entdecken und dann ihre Serienbriefe auf den Weg bringen.
Und dann kann man sich nicht mehr mit Ihrer Berechnung aus der Affäre ziehen. Die Annahme eines Bagatellverstoßes ist aufgrund § 5a Abs. 4 UWG nämlich ausgeschlossen.
Und wenn Sie Ihre Lieferkosten ins Ausland auf 1000 Euro anheben wollen, kommt man mit sehr guten Argumenten dazu, dass dies eine Lieferbeschränkung darstellt, und diese Information über völlig überhöhte Versandkosten daher ebenfalls auf die Startseite muss.
Diese Infopflicht ist – wie Ihre eigene Berechnung zeigt – absoluter Quatsch, dafür aber Wasser auf die Mühlen der Abmahnkanzleien.
Eine Frage an Herrn Rätze.
Wenn man den ganzen EU-Wahnsinn umgehen möchte stellt sich doch die Frage ob man nicht seinen Shop in einem Nicht-EU-Land hosten soll. Klar würde ich für den deutschen Markt alles nötige wie AGB, WRB usw. auf der Seite bereitstellen. Würde auch den Shop wieder TS zertifizieren lassen. Aber gerade den EU-Schwachsinn würde ich dann nicht befolgen.
Wäre das irgendwie machbar oder gibt es da auch einen Pferdefuss ?
Das ist eine interessante Überlegung. Aber ohne, dass ich hier eine abschließende Beantwortung der Frage vornehmen möchte, muss man dabei Folgendes bedenken:
Das reine Hosting außerhalb der EU dürfte nicht reichen. Dann muss man schon seinen Unternehmenssitz verlagern. Denn bei den Verpflichtungen wird ja nicht auf “den Shop” abgestellt, sondern auf den Unternehmer. Sitzt dieser in einem EU-Mitgliedstaat, muss er die Pflichten einhalten. Vielleicht ist es nicht so schwer, eine Limited mit Sitz im außereuropäischen Ausland zu gründen. Da stellen sich aber viele Folgefragen: Vertrauen die Verbraucher einem solchen Unternehmen? Kennen Sie sich mit dem Steuerrecht in diesem Land aus? Sprechen Sie die Sprache dieses Landes, um mit den Behörden zu kommunizieren? Der Aufwand dürfte ähnlich hoch, wenn nicht sogar noch höher sein, wie die Einhaltung der (geplanten) EU-Pflichten.
Vielen Dank für die Antwort. An eine aussereuropäische ltd. habe ich auch schon gedacht.
Die Einhaltung der geplanten EU-Pflichten wären dann für uns kleinere Shopbetreiber nicht mehr einzuhalten. Von den Abmahnungen ganz zu schweigen. Es wird dann sog. Profi-EU-Abmahner geben. Nocheinmal, wie bekommen wir mit, wenn sich in Litauen die WRB geändert hat ? Jeder Shopbetreiber kann sich dann schoneinmal um mehrere Dolmetscher kümmern.
@ Hr. Dr. Föhlisch, @ Hr. Rätze
DANKE für die Kommentare. Manche potentiell Betroffenen scheinen den angedachten Wahnsinn leider nicht wahrhaben oder verstehen zu wollen. Umso erfreulicher ist es, dass Sie sich der Folgen bewusst sind. Wenn vermutlich über 90% der kleinen Händler dicht machen müssten, weil eine Umsetzung schlichtweg unmöglich wäre, würde das wohl auch das Aus von TS und vielen anderen von den Händlern abhängigen Betrieben bedeuten.
Noch besteht vielleicht eine Chance diesen Wahnsinn zu stoppen, aber eben nicht indem man die Fakten ignoriert oder schönredet…
Wo ist denn das Problem? Bei nahezu allen Shops schliesst der Kunde KEINEN Kaufvertrag ab sondern sendet ein Angebot an den Händler.
Niemand ist verpflichtet ein Angebot anzunehmen. Verpflichtungen entstehen erst wenn der Händler dem Angebot zustimmt.
Aus der Erfahrung herraus erkennen wir sehr viele der betrügerischen oder missbräuchlichen Bestellungen und lehnen das Angebot entsprechend ab. Manchen Leuten merkt man es an, dass die den Shop nur aus Leihgeschäft nutzen wollen und bei anderen erkennt man bereits wenn ein Betrug vorliegt.
@Björn
wie Sie schon geschrieben haben, werden vielleicht 90% der kleinen Händler dicht machen müssen. Aber es gibt noch Alternativen um den Ganzen zu entkommen. Einfach mal in Google “offshore firmen” eingeben. Dort tauchen sehr interessante Sachen auf. Wäre dann im Fall X eine Überlegung wert. Die Kosten halten sich in Grenzen. Es ist jedenfalls billiger als den EU-Wahnsinn mitzumachen.
Nur dazu mal eine Frage wieder an Herrn Rätze. Der Firmensitz wäre dann im Ausland. Die Lieferung erfolgt aber dann aus Deutschland. Haben wir da wieder einen Pferdefuss ?
Was wäre denn so schlimm, wenn ein Großteil der kleinen Online-Shops dicht machen würde? Das wird so oder so der Trend der nächsten Jahre sein. Online-Shops mit weniger als 300.000 € Umsatz, werden auf der Strecke bleiben und zwar sicherlich nicht wegen diesem “EU-Wahnsinn”, sondern weil sie an anderen Dingen scheitern werden.
Wenn ich das hier lese mit “Offshore-Firmen”… Weg mit solchen Krauter-Läden. Wer allein schon darüber nachdenkt, anstelle offensiv sich Gedanken zu machen, wie er ins EU-Ausland expandieren kann, der hat auch keinerlei Existenzberechtigung.
@Michael,
Sie haben gepostet:
“Bei nahezu allen Shops schliesst der Kunde KEINEN Kaufvertrag ab sondern sendet ein Angebot an den Händler.”
Ok, da wird den EU-Kommissaren dazu etwas einfallen. Siehe Ausführungen von Herrn Rätze hinsichtlich der hohen Versandkosten. Es wird dann sicher so sein, dass ich meine angebotene Ware liefern muss, dass dann das Thema Angebot und Annahme einen neuen Stellenwert bekommen wird. Stellt sich heraus dass ich ein Produkt innerhalb Deutschlands liefere aber dieses gleiche Produkt nicht nach Litauen sende, werden wir Händler sicher eines Tages ein Problem bekommen.
Zu dem Thema Vertragsschluss:
Das “Angebot” in Online-Shops in Deutschland mag eine sog. invitatio ad offerendum sein, d.h. der bestellende Kunde gibt erst das Angebot im rechtlichen Sinne ab. Diese Konstruktion existiert allerdings z.B. in Frankreich nicht. Dort ist das Angebot im Online-Shop auch das Angebot im rechtlichen Sinne und der Verbraucher nimmt dieses Angebot durch seine Bestellung an. Und dann hat man keine Möglichkeit mehr, sich vom Vertrag zu lösen.
@Axel Beyer
Man kann sich sicher sein, dass die “Experten” der EU sich immer wieder neuen Unsinn einfallen lassen werden, aber einem Händler vorschreiben was er wem verkauft wird mit unserem Rechtssystem nicht vereinbar sein. Hohe Versandkosten stellen Wucher dar der rechtlich nicht zulässig ist. Wenn ich als Händler aber ein Angebot nicht annehmen so handle ich im Rahmen meiner zugesicherten Rechte.
Um das zu kontrollieren müssten Kontrolleure ja Einblick in die Logistik erhalten und das Widerspricht jedem Datenschutz.
Man lässt die unbeliebten Aufträge einfach länger liegen und bearbeitet die erst nach einer Woche, da ist der Warenbestand gerade leer… Schicksale passieren. 😉
Nein ernsthaft, ein Angebot von einem Kunden ist von ihm verbindlich aber für mich nicht verpflichtend.
@Michael
BITTE mal den EU-Entwurf, bzw. die Blog-Beiträge zu diesem Thema und Kommentare hier RICHTIG gründlich LESEN. Es geht nicht um das was ist, sondern um das was geplant ist!!!
Wo ist also das Problem… Hier: AUCH, wenn man heute, wie korrekt beschrieben, ein Kaufangebot ablehnen kann, müssen die AGB etc. dem deutschen Recht entsprechen, ansonsten kann abgemahnt werden.
In dem Moment , wo die Vertragsfreiheit innerhalb der EU kippt, kann man zwar auch dann Kaufangebote ablehnen. Aber auch dies ändert NICHTS an der Tatsache, dass die AGB etc. für ALLE EU-Staaten individuell angepasst werden müssen. Diese Idee löst also genauso wie wie die hohen Versandkosten NICHT das Problem, dass die EU hier eine Richtlinie auf dem Weg hat, die den Abmahnanwälten ein (vorübergehendes) “Schlaraffenland” liefern würde!
@Shopper,
das hat mit Krauter-Läden nichts zu tun, sondern im Fall X eine echte Alternative wäre. Der Standort in der EU -wie wie jetzt sehen- wird immer komplizierter. Es kommt auch auf den Shop selbst darauf an, was vertrieben wird. Mit meinem Erotikshop habe ich keine Angst den auf den Seychellen zu führen. Verkaufe ich z.B. dagegen Dienstleistungen ist ohne Frage der deutsche Standort sehr wichtig.
Wie ich aus Ihren posts so entnehmen konnte sind Sie sich nicht der Tragweite bewusst. Einfach Versandkosten von 2000 Eur zu veranschlagen verschlägt jedem Kaufmann die Sprache……
Das zum Thema Existenzberechtigung. Ich würde solche Versandkosten fein ausgedrückt mehr als “übertrieben” ansehen.
@Shopper
Warum sollte ein kleiner Händler, der mit seinem kleinen Umsatz zufrieden ist, keine Existenzberichtigung haben??? Wer sind Sie, bzw. ist die EU, darüber zu urteilen, wer wie zu leben, zu arbeiten oder zu existieren hat. Angeblich leben wir eine freien Demokratie, aber anscheinend ist der Weg in die Diktatur und Planwirtschaft sogar von manchen gewüsnscht???
“…der hat auch keinerlei Existenzberechtigung.”: [von der Red. gekürzt]
Wenn der freie Markt einen kleinen Shop beseitigt ist das eine Sache, wenn die Beseitigung aber aufgrund von realitätsfremden Vorschriften zwangsweise erfolgt eine ganz andere…
@beyer
Wenn Sie noch mal richtig lesen, habe ich das mit den 2000 € Versandkosten (richtig wäre übrigens 2000 € Expresszuschlag nach Spanien) mittlerweile korrigiert. Sie können ja selber mal nachgucken: Eine Express-Lieferung 10 kg nach Spanien kostet bei DHL rd. 230 €. Ergo muss und kann ich auch einen entsprechenden Versandkostenzuschlag für Spanien anbieten. Wie kalkulieren Sie als Kaufmann denn sonst einen Expresskostenzuschlag? Versteh gar nicht wo Ihr Problem ist? Glauben Sie ernsthaft, dass Sie aus Spanien noch Expressbestellungen haben, wenn dort ein Expresszuschlag von 230 € berechnet wird (werden muss)? Ergo hat dies in Praxis keinerlei Relevanz.
@Björn
Ich bin in der Tat davon überzeugt, dass kleiner Shops mit weniger als 300000 Jahresumsatz mittelfristig nicht überleben werden. Und dies liegt weniger daran, dass hier vermeintlich komplizierte gesetzliche Regelungen erlassen werden. Dies wird in der Tat der freie Markt regeln. Aber das ist eine andere Diskussion.
@shopper,
Sie haben gepostet:
“Und dies liegt weniger daran, dass hier vermeintlich komplizierte gesetzliche Regelungen erlassen werden.”
Sorry, so einfach ist das nicht abgetan. Es fallen zuerst schoneinmal einige Tausend Eur für die Umstellung an.
1. Man braucht Dolmetscher. Wir sind 28 Mitgliedsstaaten. Wenn jeder Dolmetscher nur perfekt in 4 Sprachen ist, brauchen wir schoneinmal 7 Übersetzer. Oder habe ich jetzt was falsch gerechnet ?
2. Wir brauchen die Gesetzestexte. Müssten u.U. gekauft werden, wenn diese nicht von TS im Rahmen der Mitgliedschaft kostenlos angeboten werden.
3. Die AGB müssten abgeändert werden und Neue müssten erstellt werden.
4. Programmtechnische Änderungen werden dann sicher auch fällig.
Jetzt kommen wir zu den Zahlungsarten. Die EU will ja, dass verschiedene Zahlungsarten angeboten werden sollen. Also bleibt dann noch übrig (ist auch sinnvoll) dass jeder Shop Kreditkarten akzeptiert. Natürlich wollen dafür die Acquirer auch Geld haben.
Wie sieht es jetzt z.B. mit paymorrow oder anderen Anbietern aus ? Ich glaube nicht, dass wir dann in unseren Shops schreiben können “Zahlung nur innerhalb der BRD auf Rechnung möglich”. Das will die EU sicher auch harmonisiert haben. Ziehen dann diese Anbieter mit ? Wer kennt nicht die Zahlungsmoral von diversen EU-Staaten ? Also im schlimmsten Fall und zum Leid der deutschen Kunden diese Zahlungsart weglassen.
Also bravo liebe EU-Kommissare. Ihr seid auf dem richtigen Weg….;) weniger Steuereinnahmen zu generieren, weil dann EU-Weit viele Shops dicht machen.
Ich sage jetzt mal lapidar, dass fast jeder Shop in der ersten Zeit mit einer Abmahnung rechnen muss.
Nur mal so am Rande: 300.000 Eur Jahresumsatz sagen nicht viel aus, wenn die Marge nur 5% beträgt….lach
Gerade die kleinen Shops mit Ihren Nischenlösungen generieren vielleicht mehr Gewinn als ein grösserer Preisdumper.
Sag ich doch: Wenn Sie 5 % Umsatzrendite bei 300.000 € Umsatz haben, dann ist das 15.000 € Unternehmergewinn. D. h. da kann kein Shopbetreiber von leben. Selbst wenn ein Nischen-Shop die doppelte Umsatzrendite hat, dann sind das “nur” 30.000 €. Und die paar Nischen-Shops die deutlich höhere Margen als 10 % erzielen dürften spärlich gesäht sein. Also zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Das meine ich halt damit, dass die kleinen Shops mittelfristig betriebswirtschaftlich scheitern werden. Aber das ist hier ja garnicht das Thema.
Ich habe ja noch nicht einmal deutsche Gesetzestexte, warum sollte ich mir die ausländischen kaufen?
Zu 1: Ich brauche überhaupt keinen Dolmetscher in meinem Unternehmen. Ich spreche gerade mal englisch, biete aber in polnischer, dänischer, englischer, holländischer, französischer, niederländischer und italienischer Sprache an. Null problemo, das ist alles in der Praxis leistbar.
Zu 2:Und natürlich fallen, bei der Umstellung auf einen Internationalen Shop (ich habe von der Sorte 12 Stück) Kosten im 4stelligen Bereich an. Aber ich habe auch jährlich 6stellige Umsätze im EU-Ausland, somit rechnen sich die Investitionen.
Zu 3: Ist auch kein Problem. Ich habe sehr kurze AGB, die Übersetzung durch ein Online-Übersetzung-Büro kostet mir rd. 120 € pro Sprache. Und meine AGB sind seit 5 Jahren gleich geblieben. Das angebliche Abmahnunwesen gibt es ja bekanntlich im Ausland ja auch gar nicht, also deshalb auch kein Problem.
Zu 4: Vielleicht muss ich auch noch etwas umprogrammieren, aber die Kosten dafür stehen in keinem Verhältnis zum möglichen Umsatz.
Wo steht denn, dass ich Zahlungsarten nicht auf Länder beschränken darf? Hier wird wieder mehr in diesem Entwurf reininterpretiert, als dieser wirklich hergibt. Da geht jetzt wieder die Phantasie mit einigen durch. Ich mache die 12 internationalen Shops jetzt seit über 5 Jahren und bin noch nicht einmal abgemahnt worden.
Wenn man sich so manche posts hier durchliest wie lapidar das Rechtliche gehandhabt wird, bekommt man einen Schüttelfrost. Aussagen wie
“Ich habe ja noch nicht einmal deutsche Gesetzestexte, warum sollte ich mir die ausländischen kaufen?”
geben zum Nachdenken Anlass. Vielleicht sollten einmal die Shop-Zertifizierer (vor Allem Trusted Shops) eine Eingabe in Brüssel vornehmen, das nur noch zertifizierte Shops in der EU zugelassen werden. An dieser Stelle einmal ein grosses Lob an Herrn Dr. Föhlisch mit seinem Team das uns immer mit dem Rechtlichen auf dem Laufenden hält.
Mal einen Hinweis an noch nicht zertifizierte Shops. Das TS Gütesiegel bekommt man nicht automatisch indem man seine monatlichen Gebühren bezahlt. Man muss es mit Hilfe des sehr guten Praxishandbuches erarbeiten. Man lernt viel daraus und erkennt die Rechtlichen Tücken. Gerade jetzt mit der geplanten EU-Novelle ist so ein Schritt unbedingt empfehlenswert.
In diesem Sinne “happy selling”.
Der Titel klingt so, als wäre es bereits geltendes Recht. Ich finde es verwirrend geplante Regelungen so zu betiteln.
Da kommt man nur zu folgendem Schluss:
So schnell wie möglich aus der EU austreten !!!
Meine Empfehlung NACH Berlin.