Die Verwendung von Produktbilden ist im Online-Handel Standard. Da der Kunde das Produkt zunächst nicht "live" sehen kann, machen Bilder die Kaufentscheidung wesentlich leichter. Aber sind die Bilder genauso bindend wie die Produktbeschreibung? Und was passiert, wenn der tatsächlich verkaufte Gegenstand von dem auf dem Bild abweicht? Diese Frage hat nun der BGH beantwortet.
Lesen Sie mehr über das Urteil, welches jetzt im Volltext vorliegt.
Vor dem Bundesgerichtshof (Urteil v. 12.01.2011, VIII ZR 346/09) klagte eine Restwertaufkäuferin auf Schadensersatz gegen ein Kraftfahrzeug-Sachverständigen-Büro. Dieses bot im Auftrag eines Autohauses einen Unfallwagen an. Das Autohaus war also die eigentliche Verkäuferin.
Auf dem Produktbild war eine Webasto Standheizung zu erkennen, die in der Fahrzeugbeschreibung nicht als Zusatzausstattung erwähnt wurde und nach dem Willen des Autohauses auch nicht verkauft werden sollte.
Die Klägerin gab ein Gebot i.H.v. 5.210 Euro ab, die Verkäuferin nahm das Angebot an.
Bevor die Klägerin das Fahrzeug jedoch abholte, baute die Verkäuferin die Standheizung aus. In dem bei Abholung unterzeichneten Kaufvertrag stand dies auch:
"Standheizung (im Angebot AUTOonline mit Foto festgehalten) wurde vom Autohaus ausgebaut! Dadurch zwei Löcher im Armaturenbrett beschädigt."
Daraufhin kaufte die Klägerin eine gebrauchte Standheizung bei einem Dritten und ließ diese einbauen. Die Kosten für die neue Standheizung und den Einbau i.H.v. 787,10 Euro wollte sie anschließend von dem Sachverständigenbüro ersetzt haben und klagte.
Das LG Halle als Vorinstanz hat der Klägerin keinen Schadensersatz zugesprochen, weil die Klägerin keinen Nacherfüllungsanspruch zunächst geltend gemachte hatte, sondern direkt Schadensersatz forderte.
Außerdem hätte sich die Klägerin unmittelbar an die Verkäuferin, also das Autohaus, wenden müssen, da dies schließlich der Vertragspartner war. Hätte das Autohaus den Gewährleistungsanspruch erfüllt, wäre der Klägerin kein Schaden entstanden.
Dieser Ansicht folgte auch der BGH im Ergebnis.
"Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten für den Erwerb und den Einbau einer Standheizung in das von ihr gekaufte Fahrzeug."
Die Klägerin konnte hier keine Ansprüche aus einem Kaufvertrag geltend machen, weil sie mit dem Sachverständigenbüro gar keinen solchen Vertrag geschlossen hatte. Hierauf hatte die Beklagte ihren Anspruch aber auch nicht gestützt, sondern leitete diesen aus dem sog. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ab.
Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für diese Fälle waren hier aber nicht erfüllt.
Denn aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kann man nur dann einen Schadensersatzanspruch ableiten, wenn man selbst keine eigenen vertraglichen Ansprüche hat. Genau diese hatte aber die Klägerin in Form von Gewährleistungsansprüchen gegen die Verkäuferin selbst.
Die Klägerin hätte nämlich von der Verkäuferin den Wiedereinbau der Standheizung im Rahmen der Gewährleistung verlangen können:
"Wenn der Kaufvertrag mit dem von der Klägerin angenommen Inhalt zustande gekommen ist, hat die Klägerin, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat und auch die Revision nicht in Frage stellt, gegenüber der Verkäuferin einen Erfüllungsanspruch auf Lieferung des Fahrzeugs mit der im Internet abgebildeten Standheizung erworben.
Denn aufgrund der Abbildung des Fahrzeugs im Internet war das von der Verkäuferin angenommene Kaufangebot der Klägerin auf den Erwerb des Fahrzeugs mit der abgebildeten Standheizung gerichtet.
Mit dieser Beschaffenheitsvereinbarung ist der Kaufvertrag zustande gekommen."
Da das Fahrzeug dann aber ohne die Standheizung übergeben wurde, lag ein Sachmangel vor, wodurch die Klägerin einen Gewährleistungsanspruch gegen die Verkäuferin erwarb.
Da der gesetzliche Nacherfüllungsanspruch einen Vorrang vor dem Schadensersatzanspruch hat, konnte die Klägerin einen solchen hier nicht geltend machen, weil sie den Wiedereinbau der Standheizung von der Verkäuferin noch gar nicht verlangt hatte.
"Ein auf Erstattung der Kosten für den Erwerb und den Einbau einer gleichwertigen Standheizung gerichteter Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung stünde der Klägerin aufgrund des Vorrangs der Nacherfüllung dagegen nur unter den Voraussetzungen der §§ 281, 440 BGB zu, also wenn die Klägerin der Verkäuferin erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hätte oder eine solche Fristsetzung gemäß § 281 Abs. 2 BGB oder § 440 BGB entbehrlich gewesen wäre."
Aus diesen Gründen hätte die Klägerin zunächst ihren Gewährleistungsanspruch geltend machen müssen.
Zwar hat hier die Klägerin verloren, allerdings nur, weil sie einen falschen Anspruch geltend gemacht hat. Hätte sie die Verkäuferin auf Wiedereinbau der Standheizung verklagt, hätte sie gewonnen, weil die Verkäuferin die Standheizung mit auf dem Produktbild dargstellt hatte.
Dieses Urteil ist eigentlich keine große Überraschung. Wer Zubehör nicht mit verkaufen will, darf dieses auch nicht mit auf dem Produktfoto platzieren. Ob und wenn ja, in welcher Form, hier aufklärende Hinweise verwendet werden können, z.B. "Standheizung wird nicht mitverkauft" im Rahmen der Produktbeschreibung, hat der BGH vorliegend nicht entschieden, da ein solcher Hinweis auch gar nicht erteilt wurde.
Wer derartige Hinweise verwenden will, sollte diese in unmittelbare Nähe des Produktbildes platzieren und darf diese nicht erst in der Artikelbeschreibung oder in AGB "verstecken". Auf Nummer sicher geht aber immer noch der Händler, der nur das abbildet, was er auch tatsächlich verkaufen will.
Übrigens: Wer nicht das verkauft, was er im Internet anbietet, kann deswegen auch abgemahnt werden, weil es sich um eine Irreführung über die wesentlichen Merkmale der Ware i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG handelt. In dieser Norm wird "Zubehör" explizit als wesentlicher Bestandteil genannt. (mr)